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25.03.2015
Portraitfoto von Jürgen Frömmrich vor grauem Hintergrund.

Jürgen Frömmrich: Gesetz zur Modernisierung des Dienstrechts der kommunalen Wahlbeamten

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann dem Kollegen Schaus nur empfehlen, seine Rede auf Konsistenz zu überprüfen, denn wenn man hier in der ersten Rederunde eine Philippika darauf hält, dass der Gesetzentwurf nur weitere Amtszeiten alter Leute bei der CDU eröffnen solle, bei den Jüngeren, den 50- und 55-Jährigen, aber kritisiert, dass man zu junge Leute in den Ruhestand schicke, dann sollte man einmal überlegen, ob das zum eigenen Konzept passt. Herr Kollege Schaus, diese Rede passt jedenfalls nicht zu dem, was Sie wollen.

(Zuruf des Abg. Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hermann Schaus (DIE LINKE))

Zweite Anmerkung. Beim Thema Altersdiskriminierung haben Sie zum falschen Urteil gegriffen, Herr Kollege Schaus. Vielleicht sollten Sie sich einmal mit der Debatte befassen. Wir alle wissen, dass es in Hessen bereits ein Verwaltungsgerichtsurteil zu der Frage der Altersdiskriminierung gibt. Wir kennen zwar das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, wir wissen aber auch, dass sich der Europäische Gerichtshof mit diesem Thema beschäftigen wird.

(Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

– Ich weiß, dass Ihnen das heute Nachmittag ein bisschen schwerfällt.

(Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Wenn Sie sich die Regelungen anschauen, die der Europäische Gerichtshof in solchen Fällen bisher getroffen hat, dann können Sie davon ausgehen, dass das Problem der Altersdiskriminierung auch dort aufschlagen wird.

Ich glaube, dass die vorgeschlagene Regelung die richtige ist, denn es gibt keinen, der besser entscheiden kann, wann ein Wahlbeamter in den Ruhestand gehen sollte oder nicht, als die Wählerinnen und Wähler. Denen wollen wir das überlassen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Ich möchte mit etwas aufräumen, was im Zusammenhang mit der Einbringung dieses Gesetzentwurfs hier immer wieder vorgetragen wird. Ein Blick in die Hessische Verfassung zeigt: Gesetzgeber ist der Hessische Landtag. Der Hessische Landtag, das sind die Abgeordneten dieses Hauses.

Ich weiß gar nicht, was es daran zu kritisieren gibt, dass sich Fraktionen zu einer Regierungskoalition zusammenschließen und dann in diesem Haus gemeinsam einen Gesetzentwurf einbringen. Es gibt keine Regel, dass Gesetzentwürfe nur von der Landesregierung eingebracht werden. Es ist ein komisches Demokratieverständnis, dass Sie hier schon seit ewig an den Tag legen. – Das nur als Vorrede.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Die Kollegen haben es schon gesagt: Wir reden über die Modernisierung des Dienstrechts. Dazu haben wir eine umfangreiche Anhörung durchgeführt. Viele haben hier ihre Einwendungen vorgetragen, es sind aber auch Vorschläge gemacht worden.

Wir haben im Prinzip drei Regelungskomplexe, mit denen wir uns beschäftigen. Bei dem ersten Regelungskomplex geht es um die Altersgrenzen: Mindestalter und Höchstalter.

Bei dem zweiten Komplex, mit dem wir uns beschäftigen, geht es um die beamtenrechtliche Versorgung. Wir wollen sie auf eine moderate Art und Weise verändern, und wir wollen die betreffenden Regelungen der Rechtslage anderer Bundesländer sowie den Regelungen für die Abgeordneten des Hessischen Landtags angleichen. Außerdem harmonisieren wir die Wahlrechte – das Kommunalwahlrecht und das Landtagswahlrecht – mit denen auf europäischer und auf Bundesebene.

Es gab sehr unterschiedliche Stellungnahmen zu den Vorschlägen, die wir hier machen, und zu dem Gesetzentwurf. Die geschätzte Opposition hat zwar nach der Anhörung davon gesprochen, dass der Gesetzentwurf in aller Deutlichkeit durchgefallen sei; ich glaube aber, man sollte da etwas genauer hinschauen und differenzieren. Dann wird man sehen, dass auch bei der Anhörung differenziert worden ist.

Zum Beispiel gab es insgesamt Zustimmung, was die Angleichung des Kommunalwahlrechts angeht. Dazu will ich Herrn Gieseler vom Hessischen Städtetag zitieren. Er sagte:

Man muss sehen, dass in diesem Gesetzesvorhaben viele Punkte zu dem Thema Wahlrecht stecken, die langjährige Forderungen der Kommunen waren und die im Zuge der bevorstehenden Kommunalwahlen in einer bestimmten Frist zu erledigen sind.

Da ist also nichts durchgefallen, sondern es gab ausdrücklich Zustimmung zu diesem Regelungskomplex.

Der zweite Punkt, bei dem es durchaus Zustimmung gab – der Kollege Hahn hat es gerade angesprochen –, war die Frage der Altersgrenzen. Es hat eine grundsätzliche Zustimmung zu der vorgesehenen Regelung gegeben, dass das Höchstwahlalter wegfällt. Ich habe es gerade gesagt, und ich sage es noch einmal: Wir halten es für die richtige Regelung, dass die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land entscheiden, wann jemand als hauptamtlicher Wahlbeamter geeignet ist. Ich glaube, sie können das am allerbesten. Auch dieser Punkt ist nicht krachend durchgefallen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU9

Ein Punkt, an dem es durchaus Anmerkungen gab, war die Regelung zum Mindestwahlalter. Dazu ist sehr drastisch und zum Teil auch sehr ironisch vorgetragen worden. Aber ich will etwas näher auf den Punkt eingehen.

Wir haben schon vor der Einbringung des Gesetzentwurfs darauf hingewiesen, dass die Beantwortung der Frage, wie alt jemand sein muss, um sich zu bewerben, am besten bei den Wählerinnen und Wählern aufgehoben ist: dass die Wählerinnen und Wähler mit ihrem Wahlzettel zu entscheiden haben, wen sie wählen und wie alt er zu sein hat.

(Zuruf der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Frau Kollegin Faeser, es gibt eigentlich nur drei Ausnahmen – darüber haben wir gerade bilateral gesprochen –, bei denen von der Volljährigkeitsgrenze ausdrücklich abgewichen wird. Der erste Fall ist die Wahl zum Bundespräsidenten. Da ist ein Mindestalter von 40 Jahren festgeschrieben.

Der zweite Fall ist die Wahl der höchsten Richter unserer Bundesgerichte. Es gibt ein Mindestalter, das erreicht sein muss, um zum Bundesrichter gewählt zu werden.

Bei dem dritten Fall, in dem das geregelt ist, geht es um die Abgeordneten des Hessischen Landtags. Sie müssen mindestens 21 Jahre alt sein. Da wird von der Volljährigkeitsgrenze deutlich abgewichen.

Meine Damen und Herren, ansonsten gilt für alle Ämter in der Bundesrepublik Deutschland: Wer volljährig ist, darf sich für diese Ämter bewerben. Das wollen auch wir.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Es ist doch nicht nachzuvollziehen, dass man mit 18 Jahren Bundeskanzlerin oder Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland werden kann, aber nicht für das Amt des Beigeordneten, des Bürgermeisters oder des Landrats kandidieren kann. Das ergibt keinen Sinn. Deswegen ist es richtig, dass wir diesen Punkt abschaffen.

Einer der strittigsten Punkte, die wir hatten – ich glaube, das liegt in der Natur der Sache –, war die Versorgung. Ich glaube, dass wir da einen guten Diskussionsprozess hatten. Wir haben Vorschläge der Kommunalen Spitzenverbände aufgenommen und uns auch nachher noch einmal mit ihren Vertretern zusammengesetzt. Das, was wir jetzt hier vorlegen, nimmt deren Vorschläge durchaus auf.

Die Grundüberlegung bleibt aber: Einen Versorgungsanspruch gibt es erst nach acht Jahren Amtszeit, und der Eintritt in die Versorgungsphase wird an ein bestimmtes Alter gekoppelt. Es ist doch keinem Menschen, der ein normales Erwerbsleben hat, klarzumachen, dass man in Hessen zurzeit nach sechs Jahren als hauptamtlicher Wahlbeamter aus diesem Amt ausscheiden kann und dabei die Mindestversorgung von 35 Prozent der Bezüge bekommt – nicht mit 60 oder mit 65 Jahren, sondern an dem Tag, an dem man ausscheidet. Das ist eine Regelung, die nicht mehr in die Welt passt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir versuchen gerade, das neu zu regeln. Wir wollen, dass es zukünftig eine Altersgrenze gibt. Wir haben jetzt, nachdem wir mit den Vertretern der Kommunalen Spitzenverbände geredet haben, die Altersgrenze bei 55 Jahren festgesetzt. Wir sagen aber auch, dass man mit Abschlägen schon mit 50 Jahren gehen kann.

Da sind wir durchaus den Argumenten der Spitzenverbände gefolgt. Deren Vertreter haben nämlich vorgetragen – das kann man nicht von der Hand weisen –, dass es ab einem gewissen Alter für einen ausscheidenden kommunalen Wahlbeamten sehr schwierig ist, in der freien Wirtschaft wieder Fuß zu fassen. Uns ist gesagt worden, die Grenze liege ungefähr bei 50 Jahren. Da sind wir auf sie zugekommen.

Was das Recht zur Rückkehr in den öffentlichen Dienst angeht, haben wir die Vorschläge aufgenommen.

Wir haben auch Vorschläge aufgenommen, die diejenigen betreffen, die in den Ruhestand gehen und dann keinen Beihilfeanspruch mehr haben. Für diese haben wir einen Zuschuss zur Kranken- und zur Pflegeversicherung geschaffen.

Im Grunde haben wir viele Anregungen aufgenommen, die in der Anhörung vorgetragen worden sind. Deswegen war das Verfahren auch richtig und wichtig.

Wir wissen natürlich, was die Oppositionsfraktionen vortragen, wenn man keine Änderungen vornimmt. Dann wird gesagt: Die Regierungsfraktionen sind beratungsresistent; sie lassen sich nicht beraten. – Wenn man aber eine Anhörung auswertet und Vorschläge der Anzuhörenden annimmt, wird gesagt, man habe einen schlechten Gesetzentwurf vorgelegt, man würde Hopplahopp-Gesetze machen. Sie müssen sich irgendwann einmal entscheiden, welches Mantra Sie in diesem Haus vortragen. Es wäre gut, wenn Sie sich für eine der beiden Varianten entscheiden würden. Sie können das nicht immer nach Gusto machen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Bei einem weiteren Punkt, den wir aufgenommen haben, geht es um die beihilferechtlichen Regelungen. Der Innenminister hat gebeten, dass wir noch einen Punkt aufnehmen, um das Beihilferecht zu regeln. Sie wissen, dass wir uns in der Koalitionsvereinbarung darauf verständigt haben, bei den Wahlleistungen – das sind die Punkte Chefarztbehandlung und Zweibettzimmer, was den Krankenhausaufenthalt betrifft – Einsparungen vornehmen.

Es ist aber auch in den Gesprächen mit den Vertretern der Verbände darauf hingewiesen worden, dass das gerade für ältere Beamte ein Problem wird, weil die Nachversicherung schwierig ist. Für diejenigen, die im Ruhestand sind, ist es noch schwieriger, diesen Zusatzbeitrag zu erbringen.

Deswegen schaffen wir jetzt eine Regelung, wie sie es schon in Rheinland-Pfalz gibt: Wir eröffnen die Möglichkeit, dass man sich über einen Selbstbehalt das Recht erwirbt, dass dieser Punkt wieder in der Beihilfe versichert wird. Damit kommen wir auch denjenigen entgegen, die dort Kritik vorgetragen haben. Ich glaube, es ist eine sehr gute Regelung, die wir hier getroffen haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie sehen also, wir haben die Grundanliegen in unserem Gesetzentwurf umgesetzt. Wir sind auf die Anregungen der verschiedenen Verbände eingegangen, und wir haben praktikable Lösungen gefunden. Unter dem Strich haben wir einen guten Gesetzentwurf vorgelegt. Wir bitten Sie, ihm zuzustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

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