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25.03.2015

Eva Goldbach: Kommunalfinanzen im Aufwärtstrend – bedarfsorientierter Finanzausgleich schafft verlässliche Finanzbasis

Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen, liebe Frauen! Die SPD missbraucht den KFA für ihren Wahlkampf, und sie missbrauch die hessischen Kommunen für ihren Wahlkampf.

(Zurufe von der SPD)

Ich habe noch immer kein inhaltliches Konzept von Ihnen gesehen,

(Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD))

– endlich kommt einmal Stimmung in den Saal –; ich habe von Ihnen keine Ideen gehört und keine Anregungen gefunden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Ich habe den Eindruck, Sie haben für den Kommunalwahlkampf 2016 gar keine Ideen und keine Konzepte.

(Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD))

Glauben Sie wirklich, Sie werden ihn gewinnen,

(Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

indem Sie nichts anderes tun, als die Hessische Landesregierung und die Regierungskoalition zu kritisieren? – Wir werden sehen. Ihre Aktionen wirken einfach nur albern und kleinlich.

Gestern haben Sie Ihre SPDler in den Kommunen aufgefordert, sie sollten diese Absperrbänder um kommunale Einrichtungen wickeln,

(Die Rednerin hält ein Absperrband hoch. – Demonstrativer Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD))

die geschlossen werden sollten. Das haben Sie offensichtlich auch in meiner Heimatgemeinde Lauterbach im Vogelsbergkreis gemacht.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Die SPD ist dort verzweifelt herumgezogen und hat versucht, irgendeine Einrichtung zu finden, die geschlossen wird. Es ist aber dumm gelaufen, weil sowohl die Stadtbücherei, das Wellenhallenbad, die Eisbahn, das Freibad als auch die Musikschule bleiben. Ich lade Sie übrigens ein; kommen Sie doch am Sonntag einmal zum Frühlingsmarkt nach Lauterbach. Dort können Sie sehen, welch eine tolle und lebendige Kommune wir sind. Ich werde dort von 11 bis 13 Uhr am Stand des Fördervereins der Stadtbücherei Bücher verkaufen; kommen Sie vorbei. Wir haben dort eine tolle Kommune.

(Zuruf von der SPD)

Weil nun in Lauterbach gar nichts zu schließen ist, haben die SPD-Kollegen dort nichts Besseres zu tun gewusst, als dieses Absperrband vor mein Büro zu kleben. Meine Mitarbeiterin hat sich gefreut, konnte sie einmal mit großer Geste zur Öffnung ein Band durchschneiden. Sie haben ihr damit eine große Freude gemacht. Dafür wollte ich Ihnen ganz herzlich danken.

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Liebe Freunde, wenn der KFA zum Kommunalwahlkampf das einzige Thema ist, dann werden Sie damit kläglich scheitern, denn die Bürgerinnen und Bürger in den Kommunen erwarten von den Parteien Vorschläge. Sie erwarten Ideen, wie die Zukunft gestaltet werden soll. Wir haben große Herausforderungen, die zu meistern sind. Das sind der demografische Wandel, die Entvölkerung auf dem Land, der Zuzug in die Städte, die Digitalisierung der Arbeitswelt, die Ökologisierung der Landwirtschaft und vieles mehr. Die Bürger haben viele Fragen, und auf diese erwarten sie Antworten, nämlich: Was wollen wir essen? Woher kommen unsere Lebensmittel? Wie wollen wir arbeiten? Wo wollen wir arbeiten? Wie kommen wir zur Arbeit? Wie bleibt Wohnraum bezahlbar? Wie können wir die freiwilligen Feuerwehren auf dem Land unterstützen und erhalten? Welche Angebote machen die Kommunen und die Gemeinden zur Freizeitgestaltung? Wie wollen wir die Kinder betreuen? – Für all diese Fragen werden wir Kommunalpolitiker auf kommunaler Ebene Antworten finden.

(Zuruf von der SPD)

Aber die Antwort lautet bestimmt nicht: Der KFA ist schlecht. – So lautet sie ganz gewiss nicht.

Ich zitiere einmal, was am Montag von der SPD-Führung, von Thorsten Schäfer-Gümbel, in der Zeitung stand.

(Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD))

[Wir werden] den Kommunalen Finanzausgleich und damit auch die Leistungsfähigkeit der Kommunalen Selbstverwaltung in den Fokus des Kommunalwahlkampfes stellen.

Welches Bild zeichnen Sie hierbei von unseren hessischen Kommunen? – Ein paar mehr Zitate:

… bis auf die Knochen abgemagerte Städte und Gemeinden.

Thorsten Schäfer-Gümbel, am Montag in den Medien.

(Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Die SPD bezeichnet unsere hessischen Kommunen wahlweise als „Verlierer“, als „ausgeblutet“ oder gar als „verwahrlost“. Sigmar Gabriel gar hat auf dem Parteitag in Hofheim im November 2014 wörtlich gesagt:

Eine zu geringe Finanzausstattung führt zu verwahrlosten Städten und Gemeinden und erzeugt auch „verwahrloste Köpfe und Seelen“.

Können Sie sich vorstellen, was das bei den Menschen in den Kommunen erzeugt?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der SPD)

DIE LINKE versteigt sich gar zu einem Vergleich zwischen der Sonnenfinsternis und der Lage der Kommunen. Sie erinnern sich bestimmt an das Lied von Bonnie Tyler „Total Eclipse of the Heart“. Hier haben wir es mit einer ganz anderen Art der Finsternis zu tun: Der Schatten der düsteren Prophezeiung von SPD und Linken verdunkelt die Sicht auf die Kommunen.

Vizepräsident Frank Lortz:

Frau Kollegin Goldbach, der Kollege Kummer wollte Ihnen eine Zwischenfrage stellen. Möchten Sie sie zulassen, oder was machen wir?

Eva Goldbach:

Danke, aber Danke nein!

Vizepräsident Frank Lortz:

Nun gut, danke, nein. – Bitte sehr.

Eva Goldbach:

Zum Glück wird dieser Schatten nicht lange darauf liegen. Wir wissen alle, eine Sonnenfinsternis dauert nur wenige Minuten. So lange ist auch die Aufmerksamkeitsspanne der Presse für ihre erneuten KFA-Aktionen. Ihre Art, die Kommunen zum Opfer zu stilisieren, ist zynisch und herablassend gegenüber den Kommunen. Das Jammern und Klagen hilft den Kommunen überhaupt nicht. Sie machen damit eine echte konstruktive Auseinandersetzung völlig unmöglich.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zuruf des Abg. Tobias Eckert (SPD))

Sie zeichnen ein Bild von unseren Kommunen als seien sie gelähmt und handlungsunfähig.

(Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD))

Das mag für Sie zutreffen, aber ganz sicher nicht für unsere hessischen Kommunen. Sie versuchen sogar noch, den engagierten Kommunalpolitikerinnen und -politikern einzureden, sie hätten keine Handlungsoptionen mehr.

(Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD))

Es ist aber ganz anders. Unsere hessischen Kommunen und die Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker entwickeln Ideen. Sie verwalten nicht bloß einen Mangel, so wie Sie es gern hätten oder sagen, sondern sie arbeiten sehr intensiv, beispielsweise am Schuldenabbau und an der Haushaltskonsolidierung.

Ich möchte Ihnen ein sehr gutes Beispiel nennen. Die Stadt Hochheim am Main hat zur Überwindung ihrer defizitären Haushaltslage eine echte Aufgabenkritik vorgenommen. Das hat sie sehr gut gemacht. Es ist nicht nur linear gekürzt worden oder in der Verwaltung nachgefragt worden, wo man kürzen kann, sondern es wurde untersucht, wie die Gemeinde aussehen soll, wo man hin will, welche Angebote die Gemeinde für Bürgerinnen und Bürger vorhalten soll und wie der strategische Ansatz aussehen soll. Das wurde gemeinsam entwickelt und am Ende – das finde ich sehr gut – mit allen Fraktionen ein Plan zur Haushaltskonsolidierung verabschiedet.

Während dieses gesamten Prozesses wurde sehr eng mit der Stadtverwaltung zusammengearbeitet und die Bürgerinnen und Bürger permanent einbezogen und befragt. Diese Stadt hat es geschafft, mit ihrem Haushaltssicherungskonzept nicht nur ihre Haushaltslage zu verbessern, sondern sogar die Weichen für die Zukunft richtig zu stellen, indem sie sich mit der strategischen Ausrichtung beschäftigt hat. Daran sieht man: Haushaltskonsolidierung kann auch eine Chance sein. – So viel zur Selbstverwaltung der Kommunen.

(Beifall bei dem B BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Schauen wir uns noch einmal die äußeren Rahmenbedingungen an. Erstens. Die Steuereinnahmen. Die hessischen Kommunen haben noch nie so viel Steuern eingenommen wie jetzt.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Die Einnahmen legten allein bei der Gewerbesteuer im Jahr 2014 um 7,5 Prozent zu und haben den Spitzenwert von 4,4 Milliarden Euro erreicht.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Die Einnahmesituation ist in den einzelnen Kommunen zwar unterschiedlich. Das ist ein Problem in Hessen. Genau deshalb wird im neuen KFA die Solidaritätsumlage eingeführt.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

– Herr Schmitt ist aufgewacht und möchte reden. Vielleicht haben Sie noch ein paar Minuten übrig, dann können Sie es noch tun.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Anhaltende Zurufe des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Weil die Situation in den hessischen Kommunen so unterschiedlich ist, ist die Solidaritätsumlage eingeführt worden. Das steht auch ausdrücklich in dem Urteil des Staatsgerichtshofs. Wir haben zum ersten Mal eine interkommunale Solidarität im KFA verwirklicht. Das ist eine gute Sache.

Zweitens. Der KFA. Die Zuweisungen sind mit über 4 Milliarden € so hoch wie noch nie zuvor in Hessen. Sie sind innerhalb von fünf Jahren um 1 Milliarde Euro gestiegen. Wer will da noch das Lied schreien: Es ist so wenig Geld da und es wird zu wenig gezahlt?

Drittens. Die Verschuldung der hessischen Kommunen. Finanzminister Schäfer hat diese Woche die Ergebnisse dazu veröffentlicht. Sie sind erstaunlich positiv. Die Verschuldung wurde in weit größerem Maß abgebaut, als ursprünglich geplant.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Die Kommunen werden in der Gesamtheit vermutlich sogar in diesem Jahr eine schwarze Null erreichen. Wir wissen, dass es nicht leicht ist, Einsparungen durchzusetzen.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Das muss sehr anstrengend sein, ohne Mikrofon so laut zu schreien, ich hoffe, Sie bekommen keine Halsentzündung.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ihr Problem ist, dass sie eine Frau ist! – Gegenruf Timon Gremmels (SPD): Das ist unglaublich!)

Vizepräsident Frank Lortz:

Frau Kollegin, Sie müssen so langsam zum Schluss kommen.

(Zurufe von der SPD – Glockenzeichen des Präsidenten)

Eva Goldbach:

Ich erlaube mir noch eine Minute zu reden, denn durch die vielen Unterbrechungen komme ich kaum zu Wort.

Vizepräsident Frank Lortz:

Frau Kollegin Goldbach, wenn, dann würde ich das erlauben. Ich würde Sie bitten, so langsam und locker zum Schluss zu kommen.

Eva Goldbach:

Danke Ihnen. – Letzter Punkt. Die 317 Millionen Euro, die vom Bund nach Hessen fließen werden für Investitionen, sind eine erfreuliche Sache. All das zusammen ergibt eine gute Gesamtlage für unsere hessischen Kommunen. Wir, die Regierungsfraktionen, freuen uns darüber mit den Städten, Kreisen und Gemeinden. Es scheint aber so zu sein, dass gute Nachrichten für die Kommunen schlechte Nachrichten für die SPD sind. Das tut mir sehr leid. – Horrido.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Vizepräsident Frank Lortz:

Vielen Dank, Frau Kollegin Goldbach.