Inhalt

28.01.2010

Frank Kaufmann zur Einsetzung des Untersuchungsausschusses

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin der festen Überzeugung, dass das richtig abgelaufen ist und einmal ein Ende sein muss. – Mit diesen Worten lehnte der Finanzminister Weimar in der öffentlichen Sitzung des Haushaltsausschusses am 17. Dezember den von uns GRÜNEN schriftlich gemachten Vorschlag auf Einsetzung einer unabhängigen Untersuchungskommission zur Klärung der Vorgänge um die zwangsweise Ruhestandsversetzung der vier ehemaligen Steuerfahnder ab. Staatssekretär Dr. Schäfer erklärte obendrein in der Fernsehsendung Stadtgespräch am Mittwoch vergangener Woche den gesamten Vorgang für intensiv geprüft und fehlerfrei.

Meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass wir Ihnen weiterhin massiv widersprechen und – im Gegensatz zu Ihnen – den Dreischritt weimarscher Dialektik unter keinen Umständen akzeptieren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Die weimarsche Dialektik geht wie folgt: Die These lautet: Ich selbst, Karlheinz Weimar, und die gesamte Finanzverwaltung sind prima. Wir arbeiten fehlerfrei und sind über jede Kritik erhaben. Die dazu gehörende Antithese lautet demzufolge: Wer dennoch etwas kritisiert oder sich als Bediensteter gar beschwert, muss deshalb verrückt sein. Diese beiden Dinge führt dann die Synthese zusammen: Solche Mitarbeiter schicken wir zum Psychiater, lassen eine irreversible paranoid querulatorische Entwicklung feststellen und sprechen dann auch noch gegen deren Willen die Versetzung in den Ruhestand aus. Wenn dies alles geschehen ist, fühlen wir uns als prima Minister auch noch bestätigt, weil die Betroffenen uns ja nicht verklagt haben, was sie jederzeit hätten tun können.

Dazu sage ich: Pfui Teufel.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Eine solche Haltung lässt jeden, aber wirklich jeden Anstand vermissen. Der Landesregierung und den Koalitionspartnern mag es genügen, für ihre Vorgehensweise nicht verklagt zu werden. Ob die Entscheidung allerdings anständig, ethisch vertretbar, fair und fürsorglich war, interessiert die Regierung und die sie tragenden Fraktionen offensichtlich nicht.

Uns GRÜNE interessiert das sehr wohl. Denn eine gute Personalführung umfasst deutlich mehr als gerade einmal so an der Grenze zur Rechtswidrigkeit entlangzuschlittern. Eine gute Personalführung erfordert vor allem Sensibilität und die Bereitschaft zum Hören der Meinungen und gegebenenfalls auch der Beschwerden.

Meine Damen und Herren, zwischenzeitlich haben wir schon sehr viel Abenteuerliches gehört, warum der Finanzminister mit diesen Vorgängen nichts zu tun haben will. Stets heißt es, es seien andere zuständig – und dabei immer wieder: die OFD. Herr Weimar, indes entkommen Sie uns nicht aus Ihrer Verantwortung, dafür gerade zu stehen, was unter Ihrer Ressortleitung vollzogen wurde.

Auch in Richtung des Kollegen Beuth gesagt: Es ist schon ziemlich unwahrscheinlich, dass alle diejenigen, die in dieser Affäre weder alles aufgeklärt sehen noch erst recht nicht alles für in Ordnung befunden haben – angefangen bei der parlamentarischen Opposition, über das Berufsgericht bis hin zu vielen anderen und zur Jury des Whistleblower-Preises –, ebenfalls allesamt „paranoide Querulanten“ sein könnten.

Da diese Vorgänge bislang keineswegs aufgearbeitet worden sind und die volle Wahrheit längst noch nicht ans Licht gebracht wurde, und weil Sie, Herr Weimar, Ihre Mitwirkung bei der Aufklärung verweigern, muss das Parlament jetzt die Dinge selbst in die Hand nehmen. Deshalb richten wir diesen Untersuchungsausschuss ein.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Wir werden uns an die Aufklärung machen. Dabei erwarten wir – und das klingt bereits bei der Regierungsmehrheit an – im Untersuchungsausschuss wie gewohnt Verzögerungstaktik, Obstruktion und Filibustern.

(Lachen des Abg. Wolfgang Greilich (FDP))

Herr Kollege Beuth, das kalkulieren wir ein, das kann uns nicht schrecken.

Insoweit verzichte ich auch auf einen Kommentar zu Ihrem Erweiterungsantrag. Immerhin wollen Sie den Auftrag eines nach Ihren Worten unnötigen Untersuchungsausschusses erweitern.

Noch als Anmerkung gesagt: Dem Antrag der LINKEN, Drucks. 18/1826, treten wir nicht bei, denn er führt eher ins Abseits. Verehrter Kollege van Ooyen, er ist wohl eher der Unerfahrenheit der LINKEN in Untersuchungsausschussangelegenheiten geschuldet.

Wir GRÜNE wollen mit diesem Untersuchungsausschuss das ans Licht bringen, was die Wahrheit ist. Und die ist – Herr Kollege Beuth, merken Sie sich das – bekanntlich nicht unbedingt dasselbe, wie das, was die Mehrheit meint.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Vizepräsidentin Sarah Sorge:

Vielen Dank, Herr Kollege Kaufmann.