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08.12.2009

Frank Kaufmann zum Gesetzentwurf der Landesregierung für ein Hessisches Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments

Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Zu relativ später Stunde wird die Verwirrung immer größer.

Gerade hat sich der Kollege Lenders relativ lautstark empört und der SPD Lobbyismus vorgeworfen. Herr Kollege, ich glaube, diese Empörung bei Ihnen kommt daher, dass es normalerweise Ihre Rolle ist, Lobbyismus zu betreiben; Sie fürchten jetzt, das abgenommen zu bekommen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Meine Damen und Herren, die Umsetzung dieser EU-Dienstleistungsrichtlinie ist ein Gesetzgebungsverfahren nach Echternacher Art: zwei Schritt vor, einen wieder zurück – man springt durch die Gegend, und am Ende weiß keiner mehr so recht, was er eigentlich beabsichtigt.

Besonders prickelnd wird es durch das Problem, das der Kollege Lenders eben zum Schluss seines Vortrages angesprochen hat, nämlich das Problem, wie man eine bestimmte Art und Weise der Bauvorlagenberechtigung bei formal nicht qualifizierten Ausländern – die aber in ihrem Heimatland, insbesondere in der EU, aber als qualifiziert gelten – durchführt.

Darüber haben wir im Ausschuss eine mehr als einstündige Debatte geführt. Am Ende konnten die Kammern eigentlich nicht mehr deutlich machen, warum das unbedingt sie entscheiden sollen – insbesondere unter dem Aspekt, dass es um eine einheitliche Ansprechstelle geht und man insoweit auch ein in bestimmten Fristen laufendes Verfahren gewährleisten muss.

Herr Kollege Lenders, Sie haben so nett genickt – aber ein bisschen unwohl war Ihnen erkennbar doch; denn – Stichwort Lobbyismus und Klientel – klassischerweise finden Architekten und Ingenieure ihre politische Heimat nicht selten bei der FDP. Also wollte man sie nicht zu sehr vergrätzen,

(Zuruf des Abg. Jürgen Lenders (FDP))

hat das im Ausschuss schon verbal angekündigt und schiebt heute einen Dringlichen Antrag nach, nach dem Motto: Das Gesetz machen wir zwar so, dass das Regierungspräsidium zuständig ist – aber per Antrag wollen wir erreichen, dass die Anderen einbezogen werden.

Du liebe Zeit, kann ich da nur sagen, ein bisschen mehr Klarheit auf Ihrer Seite wäre da nicht falsch.

Meine Damen und Herren, in der Ausschusssitzung hatten wir das Ansinnen der SPD, die Zuständigkeit bei den Kammern festzulegen. Dem haben wir nicht entsprochen, weil in der Tat der Aspekt den Vorrang hat, dass eine einheitliche Ansprechstelle da sein muss – im Hinblick auf die Regelung, die die EU dort sicherstellen will.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, daher ist es mir schier ein Rätsel, wie das funktionieren soll, was Sie hier vorschlagen: Ihr heute eingereichter Änderungsantrag will eine Einheitlichkeit des Ansprechverfahrens bei 26 unterschiedlichen Gebietskörperschaften – nämlich den Kreisen und den kreisfreien Städten und den Sonderstatusstädten – unterstellen.

Insoweit würde ich sagen, dass das nicht funktionieren kann; und insoweit wäre dann die Vorgabe der EU-Richtlinie allemal nicht erfüllt. Deswegen wäre ich schon daran interessiert – wir werden es nachher im Ausschuss noch einmal diskutieren –, zu erfahren, wie Sie auf die Idee kommen, dass man nicht das Regierungspräsidium als einheitliche Stellen darstellt, das konkret in der Hand einer Landesregierung ist. Auch da könnte es im Einzelfall Abstimmungsbedarf geben.

Wir sollten nicht außer acht lassen – weil der Ton ein bisschen unterschwellig lautet: Na ja, wir müssen da etwas machen –, dass ich hier stehe und Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, glatt sage: Wir wollen da etwas machen, weil wir nämlich die Freiheit der Dienstleistungen innerhalb der EU tatsächlich sicherstellen wollen – nicht mit Tricks, denn auch mancher Berufsverband und möglicherweise auch die eine oder andere Kammer könnten sich Gedanken machen und fragen, wie man elegante Methoden finden könnte, um sich den einen oder anderen Konkurrenten vom Hals zu halten. Wir als GRÜNE sagen ganz deutlich: Wir wollen, dass die Freizügigkeit des Dienstleistungsverkehrs in Europa tatsächlich stattfindet. Wir wollen nicht, dass irgendwelche Tricks angewendet werden.

Herr Staatsminister, GRÜNE haben normalerweise an erster Stelle nicht so recht ein Vertrauen in staatliche Institutionen. Aber in diesem Falle, was die Zuständigkeit für das Verfahren der Anerkennung angeht, gehen wir davon aus, dass die Federführung beim Regierungspräsidium richtig angesiedelt ist.

Meine Damen und Herren, es ist nett, dass die Regierungskoalition jetzt versucht, ausgerechnet das unter FDP-Führung stehende Ministerium zumindest dem Anschein nach zu bremsen, um die eigene Klientel nicht zu verärgern.

Der langen Rede kurzer Sinn. Wir haben bei den einheitlichen Ansprechstellen und insbesondere bei der Aufbewahrungsfrist noch ein anderes Problem: den Datenschutz. Dazu hat der Datenschutzbeauftragte einen Vorschlag gemacht. Man hat dann versucht, sich auf eine andere Frist zu einigen. Das ist aus unserer Sicht nicht ganz unproblematisch. Deswegen haben wir uns vorgenommen, bei dem Verfahren mit einer Enthaltung deutlich zu machen, dass die verschiedenen Irritationen, die jetzt aufgetreten sind, nicht zum Ergebnis führen sollten, dass man das Gesetz nicht macht, sondern dass man die Dienstleistungsrichtlinie umsetzt. Dies ist aber ein typisches Beispiel dafür: Wenn man dies etwas früher begonnen und etwas sorgfältiger bearbeitet hätte, dann hätte dies im Zweifelsfall weniger Ärger erregt und bessere Ergebnisse gebracht. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Präsident Norbert Kartmann:

Danke schön