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20.03.2013
Portraitfoto von Daniel May vor grauem Hintergrund.

Daniel May: Keine Genehmigung der Lieferung von Kriegswaffen nach Saudi-Arabien

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Die Frage nach Rüstungsexporten ist in der Tat eine ernstzunehmende. Sie erfordert aber auch eine differenzierte Betrachtung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Die Frage, ob insbesondere Kriegswaffenexporte nach Saudi-Arabien zugelassen werden sollten, hat die deutsche Öffentlichkeit in den letzten zwei Jahren öfter beschäftigt. Alle Oppositionsfraktionen im Bundestag haben zu Recht die Zulassung von Kriegswaffenexporten durch den Bundessicherheitsrat kritisiert.

Es macht aber – da muss ich Herrn van Ooyen widersprechen – eben doch einen Unterschied, wer auf Bundesebene regiert. Denn ein Argumentationsbestandteil, den auch DIE LINKE in ihren Pressemitteilungen und ihrer Kritik im Bundestag immer wieder anspricht, ist, inwieweit Rüstungsexporte, die jetzt zugelassen werden, überhaupt den Richtlinien genügen, die wir auf Bundesebene haben. Das wird von Ihnen thematisiert. Aber wer ist denn für diese Richtlinien verantwortlich? Das war eben gerade ein Erfolg der rot-grünen Bundesregierung, die diese Richtlinien verschärft hat.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Ich will damit nicht sagen, dass zu rot-grünen Zeiten alles in Ordnung und ideal gewesen sei. Manche Entscheidung muss man sicherlich auch einmal kritisch hinterfragen. Aber die Aufnahme der Bestimmung, dass die Menschenrechtssituation ein entscheidendes Kriterium bei der Genehmigung von Waffenexporten sein sollte, war doch ein ganz wichtiger Schritt, den diese Regierung erreicht hat.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Ich denke, die Statistiken zeigen, dass sich nach der Regierungszeit von Rot-Grün die Situation nicht zum Besseren gewandelt hat, sondern eher zum Schlechteren. Unter der schwarz-gelben Bundesregierung wird die Rüstungskontrolle wohl eher lax gehandhabt.

Daher ist es richtig, dass insbesondere die wiederholten Exporte nach Saudi-Arabien infrage gestellt werden. Denn die Erfahrung, die wir in Bahrain gemacht haben, wo saudische Panzer – die wohlgemerkt nicht in Saudi-Arabien produziert worden sind – gegen die Zivilbevölkerung eingesetzt wurden, zeigt, wieso Kriegswaffenlieferungen strengstens reglementiert werden müssen.

Das Beispiel Saudi-Arabien zeigt auch, dass wir während der Regierungszeit Merkel ein Ausufern der Rüstungsexporte haben. Das ist unverantwortlich und steht zu Recht in der Kritik.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bei dem Thema Menschrechte muss man auch sagen: Gerade im Fall von Saudi-Arabien ist ganz klar, dass Menschenrechte in diesem Land nicht zählen. Gerade an den wiederholten umstrittenen Waffenexporten nach Saudi-Arabien zeigt sich, dass Union und FDP bei dem Thema Waffenexporte jegliches Maß verloren haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU – Zuruf des Abg. Alexander Noll (FDP))

Dabei zeigen die eben gerade schon von mir angesprochenen Politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern sowie der Gemeinsame Standpunkt der EU betreffend gemeinsame Regeln für die Kontrolle der Ausfuhr von Militärtechnologie und Militärgütern ganz klar: Die Einhaltung der Menschenrechte im Empfängerland ist ein zentrales Kriterium für die Exportentscheidung.

In der Realität tauchen Waffen aus Deutschland aber immer wieder in solchen Ländern auf, die die Menschenrechte systematisch verletzen.

Deshalb sagen wir: Deutschland darf keine Waffen oder Rüstungsgüter in Länder exportieren, in denen in der Vergangenheit ähnliche Waffen eingesetzt wurden, um Zivilistinnen und Zivilisten zu unterdrücken oder um Protestbewegungen niederzuschlagen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Saudi-Arabien ist hierfür ein drastisches Beispiel. Hier trifft die Bundesregierung immer wieder die falschen Entscheidungen.

Die Rüstungsexportrichtlinie sagt weiterhin ganz klar, dass Rüstungsexporte an Nicht-EU- oder Nicht-NATO-Partner nur dann genehmigt werden dürfen, wenn es ein klares Sicherheitsinteresse Deutschlands gibt. Auch dieses Kriterium ist hier nicht erfüllt. Auch hier übergeht Schwarz-Gelb die Richtlinien.

Daher ist es wichtig, dass wir hier über die Zulassung von Kriegswaffenexporten debattieren. Wir haben in Deutschland eine starke Zivilgesellschaft, und die Öffentlichkeit sieht genau hin, wenn Kriegswaffenexporte genehmigt werden. Deshalb sprechen wir uns dafür aus, dass Entscheidungen des Bundessicherheitsrats schneller und besser transparent gemacht werden.

Derzeit haben wir die Situation, dass die Entscheidungen im geheim tagenden Bundessicherheitsrat gefällt werden. Das Parlament erfährt teilweise erst aus der Presse von Exportgenehmigungen. Parlamentarische Anfragen der Abgeordneten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN blieben unbeantwortet, weshalb Abgeordnete meiner Bundestagsfraktion vor das Bundesverfassungsgericht gezogen sind, um ihr Auskunftsrecht einzuklagen.

Das alles zeigt ganz deutlich: Auf Bundesebene haben CDU und FDP kein Interesse an einer wirksamen Kontrolle von Rüstungsexporten. Wir hingegen wollen ein Höchstmaß an Transparenz und Kontrolle.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In der Öffentlichkeit besteht ein legitimes Interesse an diesem Thema. Daher ist es auch richtig, dass die Fraktion DIE LINKE dieses Thema setzt. Allerdings finden wir Ihren Antrag wieder einmal nicht zustimmungsfähig, weil Sie ihn so gestaltet haben, dass er zu grundsätzlich ist und Dinge miteinander vermischt, die nicht vermischt werden sollten. Er verallgemeinert und ist in sich auch nicht logisch.

Sie zeigen ein richtiges Thema auf. Von daher ist in Ihrem Antrag die Überschrift richtig. Der obere Punkt drei ist richtig. Aber ansonsten sind viele Ungereimtheiten enthalten. Der Punkt drei ist natürlich richtig – er ist ein Zitat aus der Hessischen Verfassung. Das ist natürlich zustimmungsfähig.

(Heiterkeit bei der SPD und der LINKEN)

Aber der Rest ist doch stilistisch etwas unsicher und in sich auch nicht besonders logisch.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das fängt damit an, dass Sie im Vortext davon sprechen: Hessen ist an der Lieferung von Panzern beteiligt. – Das ist vielleicht etwas zu allgemein gesprochen oder zumindest ein stilistisches Unglück. Es geht noch weiter. Wenn Sie in der oberen Ziffer fordern: „Rüstungsexporte sind aus politischen wie ethischen Gründen abzulehnen“, ist das eine Verallgemeinerung, die wir nicht mittragen können und die daher nicht zustimmungsfähig ist.

Nach unserer Auffassung muss es grundsätzlich möglich sein, dass Deutschland seinen Verbündeten Rüstungsgüter liefert. Es müssen auch dann, wenn ein berechtigtes Sicherheitsinteresse besteht, Rüstungslieferungen möglich sein.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Ein weiterer Punkt, der in der Rede von Herrn van Ooyen auch genannt wurde, ist die Frage „grundsätzlich keine Lieferung in den Nahen Osten“. Auch dazu haben wir, ob man Israel beliefern darf oder nicht, eine grundsätzlich andere Haltung als Sie.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte Sie noch auf folgende Unlogik hinweisen. Sie schreiben oben, es sei grundsätzlich nicht möglich, Waffenexporte zuzulassen, wollen aber unten neue Richtlinien erlassen, die Rüstungsexporte nur dann ermöglichen, wenn eine effektive Endverbleibskontrolle und Ähnliches gewährleistet ist. Das ist in sich unlogisch, denn Sie können nicht einerseits „grundsätzlich nein“ sagen und dann unten „unter bestimmten Bedingungen doch“ sagen.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Das ist unlogisch, und von daher ist der ganze Antrag in sich nicht schlüssig. Er ist außerdem wieder einmal ideologisch überladen.

Von daher haben wir etwas gemacht, was Ihnen bei der Formulierung der Überschrift auch gut angestanden hätte, nämlich sich tatsächlich mit dem Thema Saudi-Arabien und der Genehmigung der Waffenlieferung zu beschäftigen. Wir haben das auf die drei entscheidenden Punkte reduziert, den ideologischen Ballast weggelassen und hoffen, dass damit ein über die Parteigrenzen hinweg zustimmungsfähiges Papier entstanden ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich fasse zusammen, was die drei wichtigen Punkte sind. Wir wollen ein Höchstmaß an Transparenz und Kontrolle bei Rüstungsexporten. Wir wollen, dass die menschenrechtlichen Gesichtspunkte harte Bedingungen sind, dass das, was zurzeit als Richtlinie formuliert ist, als Gesetz verabschiedet wird. Und wir wollen vor allen Dingen, dass keine weiteren Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien zugelassen werden. Ich denke, das ist vollkommen klar, dass diese Entscheidung falsch ist. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Heinrich Heidel:

Schönen Dank, Herr Kollege May.

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