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30.04.2015
Portraitfoto von Angela Dorn vor grauem Hintergrund.

Angela Dorn: Geschäftsordnung des Hessischen Landtags

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Es ist ein falscher Eindruck entstanden: Es ist klar, dass wir heute auch eine Debatte über den Livestream und das Videoarchiv führen. Aber das, was wir hier beschließen, könnten wir auch beschließen, wenn wir sagen würden, wir wollten ein Videoarchiv plus einen Livestream. Wir haben uns extra bemüht, den Antrag so zu formulieren, dass er das gar nicht beinhaltet.

Ich lese ihn Ihnen noch einmal vor; denn ich finde es wichtig, dass man Geschäftsordnungsänderungen mit Mehrheit beschließt. Es geht darum, dass man ein barrierefreies Videoarchiv schafft. Eigentlich ist das ein Ziel, über das wir alle uns einig sein müssten.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

– Frau Wissler, vielleicht darf ich Ihnen einfach die zwei Sätze vorlesen; denn ich verstehe wirklich nicht, warum man an dem Punkt nicht zustimmen kann. Dass man eine Debatte darüber führt, ist klar. Der erste Satz lautet:
Zu der Sicherstellung eines barrierefreien Zugangs für gehörlose und hörgeschädigte Menschen zu den Plenardebatten darf der Vorläufige Stenografische Bericht dem Landesverband der Gehörlosen Hessen e. V. zur Verfügung gestellt werden.

Haben Sie etwas dagegen, dass unsere vorläufigen Protokolle dem Gehörlosenverband zur Verfügung gestellt werden?

(Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))

– Entschuldigung, das steht doch da. Das beschließen wir gerade. Sie müssen sich doch dazu verhalten. Dass Sie eine weitere Debatte darüber führen, ist Ihnen unbenommen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zurufe von der SPD und der FDP)

Der zweite Satz ist:

Der Vorläufige Stenografische Bericht darf zur Erstellung der Untertitel in einem Videoarchiv der Plenardebatten genutzt werden.

Wenn Sie also sagen, Sie wollten einen Livestream plus ein Videoarchiv, könnten Sie diesem Satz zustimmen. Er ersetzt nichts. Hier steht nirgendwo, dass der Livestream abgeschafft wird.

Insofern bitte ich Sie noch einmal: Wenn Sie es nicht über sich bringen, dem zuzustimmen, weil Sie der Meinung sind, der Livestream wird dadurch ausgeschlossen, enthalten Sie sich doch. Aber warum man zu einer Geschäftsordnungsänderung Nein sagt, bei der es darum geht, eine Untertitelung für Gehörlose zu schaffen, kann ich nicht verstehen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Ich glaube, es lohnt sich wirklich, folgende Frage zu stellen: Wie schaffen wir es, dass unser Angebot attraktiver wird? Wir haben uns über die Frage „Livestream oder Videoarchiv“ ausführlich unterhalten. Ich glaube, die Argumente sind ausgetauscht. Aber wie schaffen wir es, dass sich die Leute mehr für uns interessieren?

Ich habe beim hr nach der Zahl der Zugriffe auf die Videos gefragt, die von den Setzpunkten der Aktuellen Stunden gemacht werden. Ich muss sagen, ich war erschüttert. Ich dachte eigentlich, die Zugriffszahlen seien höher. Sie haben die Zahlen für den Livestream mitbekommen: 120 Besucher pro Plenarsitzung, wobei die Aufenthaltsdauer ein bis zwei Minuten beträgt.

Ich habe gedacht, bei unserem Videoarchiv bekämen wir ein paar mehr Besucher. Es sind mehr, aber es sind immer noch viel weniger, als wir uns eigentlich wünschen würden. Zum Beispiel eine Energiewendedebatte – mein großes Thema –: Das reicht von sieben Klicks pro Redner bis 50 Klicks pro Redner. Das war eine Debatte im März. Eine NSU-Debatte – man sollte denken, das ist ein wahnsinnig wichtiges Thema, das ganze viele Menschen bewegt –: Bei einem Redner haben wir 20 Klicks; die Höchstzahl liegt bei 100.

Ich finde, wir sollten uns jetzt einmal ehrlich fragen: Wie schaffen wir es, dass all unsere Debatten die Menschen auch packen? Darüber müssten wir nachdenken. Das andere sind Schaufensterdebatten. Aber wir müssen einmal über den Kern sprechen; das ist das Wesentliche.

Was die Barrierefreiheit und die Gebärdensprache angeht: Vielleicht wäre es sinnvoll, darüber nachzudenken, ob es nicht wichtig ist, für die Besuchergruppen einen Gebärdendolmetscher zur Verfügung zu stellen. Ich glaube nämlich, das ist das Allernächste, eine Möglichkeit, um mit Politikern wirklich einmal ins Gespräch zu kommen und viel mehr mitzukriegen. Das ist eine niedrigschwellige Ebene. Ich wäre dafür, dass wir endlich einmal eine Debatte darüber führen, wie man Partizipation herstellen und die Menschen wirklich begeistern kann. Aber wenn es darum geht, uns in eine bestimmte Ecke zu schieben, nach dem Motto „Die sind von vorgestern“: Das kann man zwar machen, aber es wird dem Thema nicht gerecht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Präsident Norbert Kartmann:

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir haben vereinbart, dass dieser Antrag auf Änderung der Geschäftsordnung an den Ältestenrat überwiesen wird. – Dagegen gibt es keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Nun unterziehen wir uns dem Versuch, die noch nicht geklärten Punkte an die Ausschüsse zu überweisen oder ins nächste Plenum zu schieben. Da ich keine Mitteilungen habe, gehe ich sie Punkt für Punkt durch.

(Günter Rudolph (SPD): Nein, alles ins nächste Plenum!)

– Kollege Rudolph schlägt vor, alles ins nächste Plenum zu schieben. – Frau Dorn.

Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Wir bitten, über den Antrag zur Geschäftsordnung jetzt noch abzustimmen. Das war auch der Grund, warum im Plenum darüber debattiert werden sollte.

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