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25.11.2015
Portraitfoto von Angela Dorn vor grauem Hintergrund.

Angela Dorn: Einzelplan 01

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Wenn ich schon gleich Zwischenrufe erhalte, bevor ich ans Rednerpult trete, dann nehme ich gerne dazu Stellung. Herr Kollege Gremmels, was ist denn für die Barrierefreiheit hier im Landtag wirklich wichtig? Wie schaffen wir denn wirklich einen Zugang für Gehörlose hier im Landtag, damit die sich wirklich einmal mit uns allen hier auseinandersetzen können?
(Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD))
– Nein, ich will niemanden ausspielen. Aufgrund unserer Debatten war ich mit dem Gehörlosenverband im Gespräch. Wir haben uns überlegt, was eigentlich wirklich das Problem für viele gehörlose Menschen ist. Was ist wirklich deren Problem?
Eines der Probleme besteht darin, dass diese Menschen bis jetzt in den Besuchergruppen gar keine Chance haben. Ich kann keine Gebärdensprache, während ich hier stehe und eine Rede halte.
Was hat der Präsident mir zugebilligt und was geschieht jetzt? Es wird jetzt einen Gebärdensprachdolmetscher geben, wenn sich hier Gruppen mit Gehörlosen anmelden. Die können herkommen und erhalten einen Gebärdensprachdolmetscher, und dann kann man sich auch mit Besuchergruppen aus Gehörlosen unterhalten. Das zählt – nicht die Scheindebatten, die hier gerade wieder hochgezogen werden.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)
Sie ziehen hier wiederholt eine reine Nabelschaudebatte hoch. Die geht an den Menschen draußen völlig vorbei. Wer hat denn überhaupt Notiz davon genommen, dass der Livestream zum Youtube-Kanal gewechselt wurde? Wie viele Zuschriften haben Sie dazu bekommen? Ich habe fast keine erhalten. Und soll ich einmal aus dem Nähkästchen plaudern, von wem ich Zuschriften bekommen habe?
(Zuruf des Abg. Christoph Degen (SPD))
Ich hatte Zuschriften von den M-Büros unserer Ministerien bekommen, weil die es als einen besonders netten Service empfunden haben, dass sie, während hier der Landtag tagt, ihre Ministerin nebenbei auf der Liveschaltung sehen können. Das ist schön, aber das war nicht der Sinn des Livestreams.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zurufe des Abg. Timon Gremmels (SPD))
15.000 Euro kostet die Sitzung barrierefrei als Livestream. Über die Qualität hätte man reden müssen, die war nicht gut. Man hätte das noch besser darstellen müssen.
(Zuruf des Abg. Stephan Grüger (SPD))
Im Schnitt waren auf diesem barrierefreien Livestream 140 Menschen.
Jetzt hätte man noch sagen können, gut, das wäre zu überlegen. Aber wissen Sie, wie lange die zugeschaut haben? – Im Durchschnitt 2,5 Minuten. Sie haben keine einzige Rede eines Abgeordneten angeschaut.
Damit haben wir keinen Zugang erreicht. Die Leute haben einfach ermüdet ausgeschaltet.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zuruf des Abg. Norbert Kartmann (CDU))
Wir hatten eine Testphase. Nun kann man sagen: Es ist alles egal, Hauptsache, wir haben eine Symbolik, Hauptsache, wir können so tun, als ob wir modern wären.
(Unruhe – Glockenzeichen der Präsidentin)
Wir in der Koalition haben es uns nicht so leicht gemacht. Wir haben uns ganz genau angeschaut, was denn geschehen ist.
(Zurufe von der SPD)
Wir kamen zu folgenden Schlussfolgerungen – Herr Rudolph, eigentlich haben Sie sich für diese Debatte nicht interessiert, aber jetzt rufen Sie dazwischen.
(Zuruf des Abg. Norbert Kartmann (CDU) – Unruhe – Glockenzeichen der Präsidentin)
Aber jetzt sollten Sie nicht dazwischenrufen, sondern Ihren Kollegen zuhören.
(Günter Rudolph (SPD): Oberlehrer! – Weitere Zurufe)
Wir haben gesagt, das Angebot muss allen zugänglich und barrierefrei sein. Das ist bei uns ein ganz klares Prinzip. Als Koalition haben wir gesagt, es muss attraktiv sein und den Sinn haben, dass unsere Debatten wirklich weiter verbreitet werden.
(Zuruf des Abg. Holger Bellino (CDU))
Dann haben wir den Youtube-Kanal des Landtags ins Leben gerufen. Übrigens sind wir damit bundesweit einmalig, und das ist wirklich ein modernes Medium. Wir haben Barrierefreiheit. Ich weiß nicht, ob Sie es sich überhaupt schon einmal angeschaut haben – es ist sehr attraktiv gemacht. Wenn man auf diesen Youtube-Kanal geht, kann man die Untertitelung einfach anschalten. Man sieht auch den Namen des Redners eingeblendet. – Auch das war beim Livestream ein Riesenproblem: Man wusste gar nicht, wer da redet. Und ich glaube, der Kollege Rudolph hat schon ein Interesse daran, dass er als Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD und nicht der CDU wahrgenommen wird. Das ist für die Menschen auch sehr wichtig: dass sie die Debatten einigermaßen einordnen können.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU –Zurufe der Abg. Norbert Kartmann (CDU) – Timon Gremmels (SPD) – Gegenruf des Abg. Horst Klee (CDU))
Wir haben ein Angebot gemacht, das immer mehr Menschen überzeugt. Wir haben es noch gar nicht lange. Wir hatten einige Probephasen, und erstmals in der letzten Plenarrunde haben wir das ganz offiziell gestartet – übrigens mit kaum Werbung.
(Zuruf des Abg. Norbert Kartmann (CDU))
Schon jetzt haben wir 3.300 Aufrufe. Ich bin mir sicher, dass einige von Ihren Kolleginnen und Kollegen nach dieser Debatte jetzt schauen, was wir da eigentlich haben.
(Zuruf des Abg. Norbert Kartmann (CDU))
Einige haben das noch gar nicht angeschaut.
Wir haben damit eine attraktive Möglichkeit, ganze Debatten in den sozialen Netzwerken zu verbreiten. Damit schafft man wirklich eine Möglichkeit, dass sich die Leute die Debatten anschauen. Schauen Sie sich einmal die Zugriffszahlen auf die Debatte über die Jagdverordnung an. Das ist nämlich ein Thema, das die Leute – Jagdgegner und Jagdbefürworter – interessiert.
(Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD))
Diese Debatte haben ganz viele Leute angeschaut. Das wäre bei einem Livestream nicht möglich gewesen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)
Zum Schluss noch einmal etwas ganz Grundsätzliches. Eines müsste uns allen doch klar sein: Weder ein Livestream noch der Youtube-Kanal sind wirklich entscheidend dafür, ob sich die Menschen für unsere Debatten interessieren.
(Zuruf des Abg. Horst Klee (CDU))
Wenn sich die Leute für unsere Debatten interessieren sollen, dann ist dafür entscheidend, wie wir die Debatten führen und über welche Themen wir reden. Ganz ehrlich gesagt: Diese Debatte ist sicherlich keine, bei der die Leute nach Hause gehen und sagen: „Der Landtag redet über substanzielle Themen.“
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)
 
Vizepräsidentin Heike Habermann:
Kollegin Dorn, die vereinbarte Redezeit ist abgelaufen.
 
Angela Dorn:
Ich hoffe sehr, dass die nächsten Einzelplanberatungen ein bisschen substanzieller sein werden, dass wir uns wirklich mit den Themen, die für dieses Land wichtig sind, auseinandersetzen, statt eine Nabelschaudebatte zu führen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zurufe von der SPD)
 
Vizepräsidentin Heike Habermann:
Vielen Dank.

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