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28.05.2015
Portraitfoto von Tarek Al-Wazir vor grauem Hintergrund

Aktuelle Stunde: Tarek Al-Wazir, Minister für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung – 20 Jahre Verkehrsverbünde in Hessen – die Regionalisierung des öffentlichen Nahverkehrs ist eine Erfolgsgeschichte

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Alle fünf Aktuellen Stunden des heutigen Vormittags sind wichtig, aber das Thema der jetzigen Aktuellen Stunde betrifft sicherlich die meisten Menschen. Wenn man sich einmal überlegt, dass allein im RMV-Gebiet pro Tag 2,5 Millionen Menschen mit dem RMV unterwegs sind, wird einem vielleicht klar, was dort jeden Tag geleistet wird, und zwar von allen, die dort in diesen Verbünden für die Menschen arbeiten, meine sehr verehrten Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))
Heute auf den Tag genau vor 20 Jahren ist der RMV gegründet worden. Ich kann mich an diesen Tag sehr gut erinnern. Wir haben damals erlebt, dass einer der größten Verkehrsverbünde Deutschlands gegründet wurde, und das ist er auch heute noch. Ich kann mich aber deshalb gut an diesen Tag erinnern, weil ich vorher einer dieser Nutzer der Straßenbahnlinie 16 war, die Kollegin Wissler angesprochen hat. Mit diesem Tag der RMV-Gründung ist auch die S-Bahn zwischen Offenbach und Frankfurt eröffnet worden. Vorher musste man wirklich an der Stadtgrenze aussteigen und einen neuen Fahrschein lösen. Allein dass die beiden sich liebenden Schwesterstädte Frankfurt und Offenbach
(Heiterkeit der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))
mit einer S-Bahn verbunden wurden und es mit einem Ticket nutzbar wurde, das hat gezeigt, was an diesem Tag wirklich geschehen ist.
(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))
Ein Tarif, ein Fahrschein, alle Angebote, und das in einem Gebiet von Osthessen bis Westhessen, von Mittelhessen bis Südhessen, also ein riesiges Gebiet – das ist eine Leistung, die damals wegweisend war.
Ich finde ausdrücklich – es ist schon angesprochen worden –, dass wir die beiden anderen Verbünde nicht vergessen sollten. Der VRN wird gerne einmal vergessen. Den gab es schon früher. Er erbringt im Landkreis Bergstraße die Leistungen. Ab dem 1. Mai 1995 arbeitete der NVV. Seitdem ticken auch in Nordhessen die Uhren in der Nahverkehrswelt sehr viel schneller. Der NVV hat vieles vorgemacht, von dem sich andere viel abschneiden können.
(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das Ganze wäre nicht möglich gewesen ohne das Regionalisierungsgesetz von 1993 und ohne die Bahnreform von 1994. Seitdem wird der Nahverkehr dort organisiert, wo er hingehört: in der Region und mit der Region. Die Menschen der Region stehen im Mittelpunkt des Handelns der drei Verkehrsverbünde. Niederflurige Busse, klimatisierte Züge, sanierte Bahnhöfe – wir haben da noch einiges zu tun. Aber wenn man sich heute vergegenwärtigt, wie die Situation vor 20 Jahren war, sieht man, dass politische Veränderungen, politische Handlungen wirkliche Ergebnisse hervorbringen können.
(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Die Leistung im Schienenpersonenverkehr hat sich um 34 Prozent erhöht, und wir haben beispielhafte Maßnahmen auf den Weg gebracht.
Ich will mit einem nordhessischen Beispiel anfangen. Die Regiotram im Gebiet des NVV ist eine wirkliche Innovation gewesen: das Nutzen von Eisenbahnschienen und Stadtbahnschienen mit ein und demselben Fahrzeug. Das ist etwas, wovon jetzt auch die Rhein-Main-Region lernt, weil die Regionaltangente West nach genau diesem Prinzip funktionieren soll.
(Beifall bei der CDU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich nenne auch die Tatsache, dass die RMV-Flotte im S-Bahn-Netz inzwischen nicht mehr die älteste, sondern die modernste der Republik ist, weil seit letztem Jahr nur noch moderne Triebwagen unterwegs sind. Das heißt, wir diskutieren auch darüber, wie wir den ÖPNV attraktiver machen können. Das hat auch etwas mit dem Material zu tun, mit den Bussen, mit den Bahnen, aber eben auch mit den Bahnhöfen.
(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie werden sich ab morgen beim Hessentag auch einen Bahnhof in Hofgeismar anschauen können, der saniert und modernisiert worden ist. Das heißt, auch an diesem Punkt geht es voran.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich will aber ausdrücklich sagen, wir haben noch viel zu tun. Wir müssen die Infrastruktur auf der Schiene weiter ausbauen. Ich bin froh, dass seit letztem Dezember alle drei Abschnitte der Nordmainischen S-Bahn in der Planfeststellung sind, damit wir auch an diesem Punkt endlich vorankommen und diese Lücke schließen können.
Ich will außerdem sagen: Wir als Land Hessen gehen momentan ins Risiko mit der Vorfinanzierung von bestimmten Punkten, weil immer noch nicht klar ist, ob es ein Nachfolgegesetz für das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz und die Mittel aus dem Entflechtungsgesetz geben wird. Wir brauchen ganz schnell Klarheit, wenn wir mit dem dringend nötigen Ausbau der Schieneninfrastruktur weitermachen wollen.
(Beifall bei der CDU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Der Ausbau der S 6 nach Bad Vilbel ist auf dem Weg. Die Elektrifizierung der Taunusbahn, eine Verlängerung der S-Bahn nach Usingen, ist auf dem Weg.
(Zuruf des Abg. Holger Bellino (CDU))
Meine sehr verehrten Damen und Herren, als Land Hessen sind wir der Planungsgesellschaft für die Regionaltangente West beigetreten, und wir müssen das machen, damit Mobilität im Rhein-Main-Gebiet in Zukunft überhaupt noch stattfinden kann. Denn hier muss man der GDL wirklich dankbar sein: Wir haben während der Streiktage gesehen, dass die Mobilität im Rhein-Main-Gebiet auch auf der Straße zusammenbricht, wenn die Schiene nicht funktioniert. Auch der eingefleischteste Autofahrer muss ein Freund des ÖPNV sein; denn sonst kann er nicht mehr Auto fahren.
(Beifall bei der CDU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, deswegen brauchen wir – letzter Punkt, Herr Präsident – eine Sicherheit auch bei den Regionalisierungsmitteln. Wir brauchen auch eine Erhöhung der Regionalisierungsmittel.
Herr Lenders, dass einmal der Bundesrat mit 16 : 0 den Vermittlungsausschuss in Sachen Regionalisierungsmittel anruft, zeigt, dass wir da dran sind. Das ist nicht selbstverständlich. Es war der einzige Punkt in dieser Legislaturperiode des Deutschen Bundestags, zu dem der Vermittlungsausschuss angerufen wurde.
(Zuruf des Abg. René Rock (FDP))
Wir sind sehr zuversichtlich, dass wir den entsprechenden Druck auf die Bundestagsfraktionen erzeugen können – dazu gehören Sie nicht mehr –, damit wir bei den Regionalisierungsmitteln endlich Klarheit und mehr Geld für den ÖPNV bekommen.
(Beifall bei der CDU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Vieles, was heute selbstverständlich ist – ein verbundweites Jobticket, beispielsweise das Semesterticket –, wäre ohne Verbünde nicht möglich gewesen.
(Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))
Auch das brauchen wir. Wir brauchen auch neue Nutzergruppen, die wir an den ÖPNV heranführen wollen. Wir wollen Ausweitung haben, keinen Rückschritt. Wir müssen natürlich auch die Tarife weiterentwickeln, weg von den Waben hin zu den Entfernungen. Es gibt noch viel zu tun. Am Ende werden die Verkehrsverbünde Mobilitätsverbünde sein. Ich hoffe, dass Sie alle daran mitarbeiten. – Vielen Dank.
(Lebhafter Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Beifall bei der SPD)
Vizepräsident Frank Lortz:
Herr Minister, herzlichen Dank.

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