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28.05.2015

Aktuelle Stunde: Mürvet Öztürk – Kommunen in Not – Land Hessen muss zusätzliche Mittel des Bundes für die Flüchtlingsunterbringung eins zu eins an die Hessischen Kommunen weitergeben

Sehr verehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist gut, dass wir in der Aktuellen Stunde über das Thema Flüchtlinge sprechen. Aber dass wir heute über die Verteilung der Bundesmittel sprechen, ist verfrüht, da das Finanzausgleichsgesetz noch nicht verabschiedet, das Gesetzgebungsverfahren auf der Bundesebene also noch nicht beendet worden ist.
(Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))
Liebe SPD, von daher sage ich Ihnen: Zwei oder drei Sitzungen später hätten Sie mit dieser Aktuellen Stunde einen Punkt gemacht. Heute geht das leider entschieden am Thema vorbei.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)
Es ist Ihre Aufgabe als Opposition, die Regierung zu treiben oder auch die Regierungsfraktionen an ihre Arbeit oder ihre Vorhaben zu erinnern – die man übrigens selbst hatte, als man noch Opposition war.
Das ist alles okay, das ist alles d’accord, das ist in Ordnung. Aber schauen wir uns jetzt an, welches Bild wieder gezeichnet wird. Dem muss man natürlich widersprechen. Sie versuchen hier das Bild zu zeichnen, dass die Landesregierung klebrige Finger hätte und das Geld nicht weitergeben wolle.
(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der FDP)
Obwohl Sie in den Ausschusssitzungen oder auch bei der Asylkonferenz von Minister Grüttner mehrmals bestätigt bekommen haben, dass dieses Geld im Interesse der Kommunen weitergeleitet werden wird, möchten Sie das ignorieren.
Vor allen Dingen machen wir das nicht so wie manche anderen Länder, beispielsweise Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz oder auch Niedersachsen, die schon jetzt klargemacht haben, dass sie nur einen Teil des Geldes für landeseigene Aufgaben wie die Finanzierung der Erstaufnahmeeinrichtungen zur Verfügung stellen werden.
Wir in Hessen haben ganz klar gesagt, unsere Erstaufnahme, die wir erweitern werden, wird über den Haushalt finanziert. Wir haben dafür auch Mittel zur Verfügung gestellt, und wir haben an keiner Stelle einen falschen Eindruck erweckt. Die 37 Millionen Euro, die noch verrechnet werden müssen, sind noch gar nicht verfügbar, sind auf keinem Konto vorhanden und werden mit der Umsatzsteuer verrechnet. Dieses Geld liegt nirgends bereit und kann deswegen auch noch nicht ausgezahlt werden. Dass wir aber schon jetzt klargemacht haben, die Erstaufnahmeeinrichtung, die Hessen – –
(Zuruf des Abg. Gerhard Merz (SPD) – Weitere Zurufe von der SPD und von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Glockenzeichen des Präsidenten)
Wenn Sie mir einmal zuhören würden, könnte ich Ihnen das erklären. Wenn Sie sich streiten wollen, dann können Sie hinausgehen. Dafür ist die Aktuelle Stunde aber nicht da.
Vizepräsident Frank Lortz:
Meine Damen und Herren, darf ich Sie um Aufmerksamkeit bitten, um Ruhe bitten, um Frieden bitten? Frau Kollegin Öztürk hat das Wort.
Mürvet Öztürk:
Wir haben in Hessen mehrmals – auch in Ausschusssitzungen – klargemacht, dass wir das Geld im Interesse der Kommunen weiterleiten werden. Ich möchte nur daran erinnern: Am 11. Dezember 2014 ist eine Vereinbarung im Bundesrat getroffen worden, dass mehr Geld zur Verfügung gestellt werden soll, damit die Gesundheitsversorgung und Unterbringung der minderjährigen Flüchtlinge und auch der erwachsenen Flüchtlinge gewährleistet werden kann. Dieses Geld ist noch nicht da. Erst am 21. Mai ist dazu ein Gesetz im Bundestag verabschiedet worden, und das Finanzausgleichsgesetz ist noch nicht verabschiedet worden. Daher müssen wir jetzt zuerst einmal abwarten, was von der Bundesebene überhaupt an Vorgaben gemacht wird.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)
Was die Aufgabe der Landesregierung betrifft, der aktuellen Situation der Kommunen Abhilfe zu schaffen, möchte ich noch einmal daran erinnern, dass wir die Pauschalen erhöht haben. Ich nenne Ihnen jetzt auch noch einmal die Zahlen: Im November 2013 betrugen beispielsweise die Pauschalen für Kassel und Gießen je 407 Euro. Jetzt sind wir mit der Erhöhung bei je 601 Euro. Für Darmstadt und die Stadt Kassel lagen sie im November 2013 bei je 448 Euro. Jetzt haben wir mit der Erhöhung je 652 Euro.
(Zuruf des Abg. Dieter Franz (SPD))
In den Städten Darmstadt, Offenbach, Frankfurt am Main und Wiesbaden, waren wir im November 2013 bei je 515 €. Jetzt sind wir bei je 725 Euro. Das heißt, die Pro-Kopf-Pauschalen sind jeweils schon um rund 200 Euro erhöht worden, mit denen man die Kommunen bei dieser Aufgabe einigermaßen unterstützt. Das möchte ich hier anerkennen.
(Zurufe von der SPD)
Ich möchte Ihnen auch kurz sagen, was in anderen Ländern gemacht wird: Nordrhein-Westfalen hat schon jetzt gesagt, dass die Landesregierung von den 108 Millionen Euro an Zuweisungen, die das Land erhalten wird, 54 Millionen Euro behalten und für die eigenen Erstaufnahmeeinrichtungen zur Verfügung stellen will. Die Landesregierung dort gibt nur die Hälfte weiter.
(Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)
Das ist meiner Meinung nach mit einem SPD-Innenminister in Nordrhein-Westfalen nicht vertretbar. Das können Sie gern kritisieren.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Anhaltende Zurufe von der SPD – Gegenruf der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
In Rheinland-Pfalz wird ebenfalls nicht die komplette Summe weitergegeben, und in Niedersachsen werden von den 40 Millionen Euro 5 Millionen Euro im Landeshaushalt zurückbehalten.
(Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)
Das heißt, den Vorwurf der klebrigen Finger können Sie gern SPD-Innenministern machen – aber nicht der Landesregierung in Hessen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)
Ich wünsche mir eine endlich ehrliche Debatte. Ich bedauere, dass die Bundesregierung mit dem Gesetzesentwurf, den sie am 21. Mai verabschiedet hat, gesagt hat, dass diese Summen abschließend zur Verfügung gestellt werden – obwohl alle Länder sagen: Die Herausforderungen steigen, der Bund muss mehr Verantwortung übernehmen und kann nicht so tun, als ob die Kommunen und die Länder die Aufgabe alleine zu tragen haben.
(Anhaltende Unruhe)
Vizepräsident Frank Lortz:
Meine Damen und Herren! Moment bitte. Seien Sie doch bitte etwas aufmerksamer. Man kann überhaupt nichts verstehen bei der Kreischerei. Ich darf Sie bitten, in der Aussprache etwas friedlicher zu werden. Es war doch ganz friedlich bisher. – Bitte sehr.
Mürvet Öztürk:
Aufregen kann auch ich mich in dieser Debatte. Das hilft aber keinem Flüchtling vor Ort, und auch den Kommunen nicht. Der Eindruck, den Sie hier erwecken wollen, hilft sowieso niemandem. In dem Sinne: Thema verfehlt. – Herzlichen Dank.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)
Vizepräsident Frank Lortz:
Vielen Dank, Frau Kollegin Öztürk.