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30.04.2015
Portraitfoto von Angela Dorn vor grauem Hintergrund.

Aktuelle Stunde – Angela Dorn: Hessen braucht dezentrale Energiewende – SuedLink stoppen

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Frau Schott, Sie müssen sich schon einmal die Frage gefallen lassen: Wollen Sie beim Netzausbau wirklich auf der Seite der FDP stehen, auf der Seite von Herrn Seehofer, auf der Seite der Populisten? Das sollten Sie sich wirklich einmal fragen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Schott, haben Sie sich einmal mit der Materie befasst? Haben Sie sich einmal gefragt, warum sich in der Vergangenheit gerade die vier großen Energieversorger – ich glaube, das ist nicht gerade Ihr Klientel – immer gegen den Netzausbau ausgesprochen haben? Haben Sie sich damit einmal befasst? Glauben Sie wirklich, dass es ein Zufall ist, dass der Netzentwicklungsplan, unter anderem Grundlage von SuedLink, an den Abschaltterminen der Atomkraftwerke ausgerichtet ist? Glauben Sie, dass das Zufall ist? Frau Schott, ich glaube Ihnen, dass Sie die Energiewende wollen. Ich glaube dies auch der ganzen Linksfraktion. Aber bei diesem Thema müssen Sie wirklich aufpassen, dass Sie nicht gerade die falsche Seite unterstützen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Energiewende hat viele Sonnenseiten. Wir können damit den Klimawandel verhindern. Wir haben eine immense wirtschaftliche Chance für unsere Exportnation. Wir können es schaffen, dass der Profit endlich verteilt wird, dass nicht mehr wenige große Akteure auf dem Markt sind, sondern viele kleine. Das Handwerk, die Unternehmen, Genossenschaften und die Kommunen können von der Energiewende profitieren. Es gibt eine Menge Sonnenseiten. Was aber nicht geht, ist, die Sonnenseiten zu genießen, wenn aber die Schattenseiten kommen, sich ganz heimlich aus dem Staub zu machen.

(Zuruf der Abg. Marjana Schott (DIE LINKE))

Was dieses Generationenprojekt der Energiewende braucht, Frau Schott, ist Ehrlichkeit.

(Zuruf der Abg. Marjana Schott (DIE LINKE))

Und zur Ehrlichkeit gehört schlicht dazu: Die Energiewende wird sichtbar sein. Es gibt keine unsichtbare Energiewende. So viel Ehrlichkeit verlange ich auch von Ihnen.

Frau Schott, ehrlich ist auch, sich einzugestehen, dass die Energiewende zu komplex ist, um sagen zu können: Dezentral ist gut und zentral ist schlecht. Wir machen nur das, was dezentral ist. – Wir GRÜNEN sind auch Anhänger der dezentralen Energieversorgung. Wir haben in der Koalition eine Menge auf den Weg gebracht, gerade um die dezentrale Energieversorgung zu stützen. Ich bin ein großer Fan von Haushalten, die sich mit Solaranlagen und kleinen Speichern selbst versorgen. Ich kämpfe um fast jedes Windrad, das vor Ort entstehen soll.

Selbstverständlich wollen wir die dezentrale Energiewende. Wir haben aber ein ganzes Industrieland zu versorgen. Jetzt sagen Sie mir bitte einmal, wie das ohne Netzausbau funktionieren soll. Haben Sie sich einmal mit der Frage befasst, dass wir einen ganz großen Überschuss im Norden haben, aufgrund der erneuerbaren Energien, und wir im Süden unglaublich hohen Importbedarf haben? – Wir haben ein riesiges Gefälle. Haben Sie sich das einmal angeschaut? – In Hessen fehlen uns 58 % an Eigenversorgung, weil wir glücklicherweise Biblis abgeschaltet Staudinger nicht mehr in der Kapazität haben. Frau Schott, das müssen wir doch versorgen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Dann reden Sie über Verteilnetze. Ja, Verteilnetze müssen gestärkt werden. Deswegen führen wir auch eine Verteilnetzstudie zur dezentralen Energiewende durch. Sie können doch den überschüssigen Strom nicht über die Verteilnetze leiten. Haben Sie sich einmal mit den Verlusten, die das mit sich bringen würde, auseinandergesetzt? – Ich glaube nicht.

Ganz speziell zu SuedLink. Haben Sie sich jemals den Netzentwicklungsplan angeschaut? Da gibt es ein Szenario zentrale Energiewende, ein Szenario in der Mitte und ein Szenario dezentrale Energiewende. Ich würde das dezentrale Szenario befürworten. Überall ist SuedLink beinhaltet. Frau Schott, glauben Sie, dass die Experten völlig Unrecht haben? – Das kann doch nicht sein.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))
Frau Wissler, wer sich mit diesen Fragen nicht weiter befasst, bleibt populistisch. Populismus ist Gift für die Energiewende. Wir brauchen kluge Lösungen, wir brauchen machbare Lösungen, die jetzt und hier auch greifen können.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Frau Wissler, wir wollen erneuerbare Energien, Sie auch. Windkraft und Solar sind wetterabhängig, deswegen brauchen wir ein System. Das System besteht zum einen aus Netzabbau. Das ist das, was wir prioritär brauchen. Wir brauchen dazu flexible Kraftwerke, sukzessive brauchen wir Speichertechnologien, Lastmanagement und intelligente Vernetzung. Es ist ein Systemwechsel, der sehr klug austariert sein muss. Da muss man zentral und dezentral kombinieren.

Jetzt sagen Sie: Was haben wir denn jetzt von SuedLink für uns, für Hessen, für die dezentrale Energiewende? – Mal ganz ehrlich: Hätte man diese Frage bei einer ICE-Trasse gestellt, dann wäre diese ICE-Trasse nie gebaut worden. Bei einem Bahnhof steigen die Leute ein und bei dem anderen steigen sie aus. Zwischendrin können sie auch nicht ein- oder aussteigen. Trotzdem brauchen wir die Infrastruktur.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD))

Trotzdem verstehe ich die Frage und sie ist für viele verständlich. Man fragt sich, ob es ein Widerspruch zur dezentralen Energiewende in Hessen ist. Da sage ich ganz klar: Nein, ist es nicht. Wir können mit SuedLink unsere Verteilnetze entlasten, damit können wir unseren immer mehr dezentral erzeugten Strom auch entsprechend weiter verteilen. Insofern gibt es nicht diesen klaren Konflikt zwischen dezentraler und zentraler Energiewende, wie Sie ihn hier immer wieder beschreiben wollen.

Vizepräsident Frank Lortz:

Frau Kollegin Dorn, Sie müssen zum Schluss kommen.

Angela Dorn:

Ich komme zum Schluss. – Man reibt sich bei diesem Thema SuedLink immer mehr die Augen. Die FDP und Herr Seehofer vergraulen gerade die Unternehmen, die Versorgungssicherheit und Netzausbau brauchen. Warum gehen uns alle aufgrund von Protesten vor Ort sukzessive von der Stange? – Das ist keine Zuverlässigkeit. DIE LINKE steht jetzt Seit an Seit mit der FDP gegen SuedLink. Populismus hat dem Thema Energiewende schon immer geschadet. Die Energiewende braucht einen langen Atem, und den haben wir in Hessen. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Vizepräsident Frank Lortz:

Vielen Dank, Frau Kollegin Dorn.

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