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08.11.2011

Haushalt 2012: Einsparungen realisieren, Effizienz steigern, Einnahmen erhöhen - GRÜNE: Schwerpunkte bei Umwelt, Bildung und Soziales

Neuverschuldung reduzieren, Zukunftschancen Hessens in den Bereichen Bildung, Umwelt und Soziales wahren sowie staatliche Aufgaben effizienter gestalten – das sind die Schwerpunkte der Vorschläge der Landtagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Sanierung des Landeshaushaltes. DIE GRÜNEN kritisieren die schwarz-gelbe Landesregierung dafür, dass der hessische Schuldenberg trotz großer Ankündigungen von Konsolidierung und Sparsamkeit sowie steigender Steuereinnahmen im Jahr 2012 um 1,5 Milliarden Euro erhöht wird.

„Auch mit diesem Haushalt bleibt die Landesregierung ihr Konzept zur Umsetzung der Schuldenbremse schuldig“, stellt der Fraktionsvorsitzende der GRÜNEN, Tarek Al-Wazir, fest. „Finanzminister Schäfer handelt unverantwortlich, wenn er sich allein auf die heute noch gute konjunkturelle Lage verlässt. Da wir bis zum Inkrafttreten der Schuldenbremse im Jahr 2020 noch mehrere konjunkturelle Schwankungen erleben werden, müsste die  Landesregierung kontinuierlich am Abbau des strukturellen Defizits von rund zwei Milliarden Euro arbeiten. Tatsächlich geschieht das Gegenteil. Mit dem im Haushaltsentwurf veranschlagten Plus von 1,5 Milliarden Euro an Steuereinnahmen soll die Verschuldung nur um gut 0,7 Milliarden Euro reduziert werden. So handelt derjenige, der die ungelösten finanzpolitischen Probleme Hessens schlicht auf seine Nachfolger vererben will.“

Rücklage als heimliche Kasse für Wahlgeschenke

DIE GRÜNEN kritisieren scharf, dass der Finanzminister statt eines konsequenten Schuldenabbaus die Steuermehreinnahmen zum Teil in einer „Allgemeinen Rücklage“ parke. Diese lag zu Beginn des Jahres 2011 bereits bei 520 Millionen Euro und werde vermutlich durch weitere Steuermehreinnahmen im laufenden Jahr nochmals kräftig anwachsen. Nach ersten Informationen aus der aktuellen Steuerschätzung rechnen die GRÜNEN damit, dass das Land 2011 700 Millionen Euro zusätzlich einnehmen könne. „Mit dieser Rücklage plant die schwarz-gelbe Landesregierung schon jetzt, die Wahlgeschenke vor der nächsten Landtagswahl zu finanzieren. Außerdem kann der Finanzminister in den kommenden Jahren durch Entnahme von Geld aus dieser Rücklage einen kontinuierlichen Abbau der Neuverschuldung vorspiegeln. Genau solche Spielchen zu Lasten künftiger Generationen sollte die Schuldenbremse verhindern. Diese politisch motivierte Rücklagenpolitik machen wir nicht mit“, teilt Tarek Al-Wazir mit und kündigt an, schon für den Haushalt 2012 die Entnahme von 250 Millionen aus der Rücklage zu beantragen, um damit die Neuverschuldung deutlicher zu senken.

„Weiter wollen wir einen Teil der Steuermehreinnahmen des Landes einsetzen, um  die Kürzung des Kommunalen Finanzausgleichs (KFA) zur Hälfte zurückzunehmen. Dies bedeutet 184 Millionen Euro zusätzlich für die hessischen Kommunen.“ Um weitere zwanzig Millionen Euro kann der KFA wachsen, wenn die Grunderwerbsteuer um einen Prozentpunkt angehoben wird.

Neuverschuldung 2012 um 540 Millionen Euro reduzieren

Die GRÜNEN schlagen Einsparungen von ca. 312 Millionen Euro, Rücklagenauflösungen von 250 Millionen Euro und Mehreinnahmen von 210 Millionen Euro vor. Nach Abzug der vorgeschlagenen Mehrausgaben von ca. 232 Millionen Euro ergäbe sich eine um 540 Millionen Euro reduzierte  Neuverschuldung im Jahr 2012. Nach Berechnungen der GRÜNEN würde damit auch die aktuell noch gültige Verfassungsgrenze eingehalten und die Neuverschuldung würde erstmals seit Jahren unter 1 Milliarde Euro sinken. „Damit zeigen wir in der Summe unserer Haushaltsanträge einen Weg auf, wie für 2012 ein verfassungsgemäßer Haushalt aufgestellt werden kann. Wird unser Konzept ‚Hessen tritt auf die Schuldenbremse‘ danach weiter konsequent umgesetzt, ist bis 2020 das strukturelle Defizit Hessens in Höhe von rund zwei Milliarden Euro vollständig abgebaut“, so Tarek Al-Wazir.

Weniger Ausgaben – mehr Effizienz

Da der Abbau staatlicher Ausgaben aus Sicht der GRÜNEN bei den Subventionen beginnen muss, schlagen sie vor, zahlreiche Finanzhilfen bis 2020 um durchschnittlich 30 Prozent zu vermindern. Zuschussprogramme sollen durch Förderkredite ersetzt werden. Konkret werden zunächst Finanzhilfen in der Wirtschaftsförderung, bei der Altlastensanierung, der Tierkörperbeseitigung sowie der Dorferneuerung umgestellt und damit bereits 2012 acht Millionen Euro gespart. Bis 2020 soll sich dieser Posten auf 55 Millionen Euro beziffern.

Weiterhin schlagen DIE GRÜNEN vor, Regierungspräsidien und Landkreise zu einer Verwaltungsebene, den Regionalkreisen, zusammenzufassen. Landesbehörden wie z. B. das Statistische Landesamt oder der Verfassungsschutz sollen mit den Nachbarländern gemeinsam betrieben werden. Diese Vorschläge wirken erst auf mittlere Sicht und können dem Land 2020 knapp 65 Millionen Euro sparen.

Die von den GRÜNEN bis 2020 durch Ausnutzung der natürlichen Fluktuation vorgeschlagene Stellenreduktion bei Ministerien und obersten Landesbehörden um zehn Prozent soll schrittweise erfolgen und führt auch 2012 bereits zu Haushaltsanträgen. „Wir rechnen schon für nächstes Jahr mit Einsparungen von acht Millionen Euro. Durch die Angleichung der Beihilfesätze auf Bundesniveau sollen weitere 32 Millionen Millionen Euro eingespart werden. Das bedeutet, dass es keine Erstattung der Chefarztkosten und der eines Einzelzimmers mehr geben soll. Im Gegenzug wird die Wochenarbeitszeit der Beamten schrittweise auf 40 Stunden reduziert“, erläutert Tarek Al-Wazir. Parallel zur Reduzierung der Personalausgaben sollen durch nachhaltiges Wirtschaften auch die Sachausgaben um 27 Millionen Euro reduziert werden.

Weitere Minderausgaben lassen sich quer durch die Ressorts erzielen, unter anderem bei kostenbewussterem EDV-Einsatz, der Reduzierung der Straßenbaumittel auf das notwendige Maß und der Streichung des überflüssigen und gänzlich unwirtschaftlichen Flughafens Kassel-Calden.

Zukunftschancen wahren: Bildung, Umwelt, Sozialbudget

„Wie in den Vorjahren wollen wir im Kultus- und Wissenschaftsetat zusätzliches Geld bereitstellen, um für ausreichende Zukunftsinvestitionen zu sorgen. In einem ersten Schritt sollen 2012 ca. 123 Millionen Euro zusätzlich bereitgestellt werden. Unter anderem wollen wir die Kürzung der 1000 Stellen für Lehramtsreferendare vollständig zurücknehmen und allein dafür 18 Millionen Euro einsetzen. Die von Schwarz-Gelb zusätzlich bereitgestellte Summe reicht nie und nimmer, um 1000 Referendare zu bezahlen“, stellt Tarek Al-Wazir fest. „Der Klimawandel und der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen sind weiterhin drängende Probleme. Um den Umbau der Energieversorgung zu beschleunigen, wollen wir zusätzlich 36 Millionen Euro im Landeshaushalt bereitstellen. Insgesamt soll das Budget für Umwelt, Verkehr und Nachhaltigkeit um über 100 Millionen Euro wachsen.“ Aus dem Sozialbudget der GRÜNEN, das einen Umfang von insgesamt 31 Millionen Euro hat, soll der Löwenanteil in Höhe von 24,5 Millionen Euro in den weiteren Ausbau der Kinderbetreuung fließen. Die sogenannte „Mindestverordnung“ solle umgesetzt werden und der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kleinkinder gilt ab 2013. Das Tempo des Ausbaus von Betreuungsplätzen müsse dringend steigen.

Einnahmen verbessern

Nach Überzeugung der GRÜNEN können Einsparungen und Effizienzsteigerungen nur gemeinsam mit Einnahmeverbesserungen zu einem ausgeglichenen Haushalt 2020 führen. Das Land kann eigenverantwortlich die Grunderwerbsteuer von 3,5 Prozent auf 4,5 Prozent anheben, einen Wassercent einführen sowie Betriebsprüfungen und Steuerfahndung intensivieren. Zusammengenommen sind damit bereits im Jahr 2012 Mehreinnahmen von 210 Millionen Euro zu erzielen. Darüber hinaus schlagen DIE GRÜNEN umfassende weitere Maßnahmen vor, unter anderem bei Umsatz-, Einkommen- und Erbschaftsteuer. „Würden mit deren Umsetzung auf Bundesebene 2012 begonnen, könnten zusätzlich rund 340 Millionen Euro Mehreinnahmen in die Landeskasse fließen.“

Finanztableau 2012


Pressestelle der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Hessischen Landtag
Pressesprecherin: Elke Cezanne

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