Ministerpräsident Boris Rhein hat in einem Gastbeitrag in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung einen Sieben-Punkte-Plan der Landesregierung zum Frankfurter Bahnhofsviertel vorgestellt. Damit reagiert er unter anderem darauf, dass sich die gesundheitliche Versorgungssituation von Menschen mit Drogenabhängigkeit im Nachgang der COVID-19-Pandemie und durch die steigende Verbreitung von Crack und synthetischen Opioiden zugespitzt hat.
In seinem Sieben-Punkte-Plan führt der Ministerpräsident zurecht aus, dass die Stadt Frankfurt die Drogenproblematik weder alleine lösen noch bewältigen kann. Er kündigt an, dass das Land die Stadt stärker unterstützen wird und fordert „neue Ansätze und ein konsequentes Vorgehen mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln“. Dabei stehen verschiedene, recht konkrete innen- und sicherheitspolitische Maßnahmen wie eine Intensivierung von Kontrollen, härtere Strafen und mehr Videoüberwachung im Vordergrund. Hinsichtlich mindestens ebenso wichtiger sozial-, integrations- und gesundheitspolitischer Vorschläge zur Verbesserung der Versorgung von Hilfsbedürftigen zeugt der Vorstoß des Ministerpräsidenten hingegen von mangelnder Kenntnis und fehlender Präzision.
Zwar sagt Boris Rhein der Stadt Frankfurt eine Stärkung der „sozialen und integrationspolitischen Quartiersarbeit“ zu – im Frankfurter Bahnhofsviertel gibt es jedoch aktuell kein Projekt zur Gemeinwesenarbeit, schon gar kein vom Land gefördertes. Stattdessen kürzt Sozialministerin Hofmann in Millionenhöhe bei der Gemeinwesenarbeit und verhindert damit, dass weitere Projekte hinzukommen können. Auch die Aussagen des Ministerpräsidenten, mehr Hilfsangebote für Suchtkranke zu schaffen, sind mit keinerlei zusätzlichen Haushaltsmitteln hinterlegt. Sie stehen im Widerspruch zur Haltung der Gesundheitsministerin Stolz, die auf Nachfrage noch im November und Januar weitere Hilfen für den Ausbau der Sucht- und Drogenhilfe abgelehnt hat. Der im Plenum am 26. März verabschiedete Landeshaushalt 2025 enthält keinen einzigen Cent mehr für das Frankfurter Bahnhofsviertel!
Wir GRÜNE hatten am 27. März im Plenum das Frankfurter Bahnhofsviertel als aktuelle Stunde auf die Tagesordnung gesetzt. Wir kritisierten diese Doppelzüngigkeit und haben in unserem Antrag gefordert, dass das Land Hessen die Stadt Frankfurt am Main nicht nur mit Worten, sondern auch mit Taten unterstützt. Dazu gehört mehr als Härte gegen Drogendealer und Straftäter, die seit jeher eine Säule des „Frankfurter Weges“ ist. Es braucht unbedingt eine Stärkung der Hilfen für Menschen mit Drogenabhängigkeit. Anders als die CDU halten wir GRÜNE einen Ansatz, der auf Verdrängung und Zwangseinweisung suchtkranker Menschen setzt, für falsch. Zumal letztere aufgrund fehlender Kapazitäten in psychiatrischen Kliniken auch überhaupt nicht umsetzbar wäre.
Um die Situation im Frankfurter Bahnhofsviertel nachhaltig zu verbessern, ist es zwingend erforderlich, dass sich das Land mit weiteren Mitteln für die Drogenhilfe in Frankfurt engagiert. Mit diesen Mitteln könnten u. a. die aufsuchende Sozialarbeit im Bahnhofsviertel gestärkt, Öffnungszeiten und Angebote der Schutzräume erweitert sowie wertvolle Hilfe beim Aufbau des geplanten Suchthilfezentrums im Bahnhofsviertel geleistet werden. Darüber hinaus braucht es in Hessen ein flächendeckendes kommunales Netz an Unterstützung durch Sucht- und Drogenhilfe. Dass dieses derzeit nicht existiert, machen die Zahlen aus Frankfurt überdeutlich: Mehr als 50 Prozent der Nutzerinnen und Nutzer der niedrigschwelligen Einrichtungen der Frankfurter Drogenhilfe kommen aus dem Umland. Wir GRÜNE fordern in unserem Antrag außerdem zusätzliches Geld für die Stadt Frankfurt, um das Quartier– zum Beispiel durch ein Projekt „Quartiersmanagement Frankfurter Bahnhofsviertel“ – zu stärken.
Die Landesregierung sieht diesbezüglich offenbar keinen Handlungsbedarf und hat unseren Antrag im März-Plenum abgelehnt.