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30.03.2023

Hessisches Versammlungsfreiheitsgesetz im Landtag beschlossen

Mit dem Hessischen Versammlungsfreiheitsgesetz (HVersFG) stärken wir die Rechte von Demonstrierenden und haben ein weiteres Versprechen aus unserem Koalitionsvertrag umgesetzt.

Weshalb war dieses Gesetz nötig? Bis zur Föderalismusreform 2006 hatte der Bund die Gesetzgebungskompetenz und damit ein eigenes Versammlungsgesetz (VersG) erlassen. Für diejenigen Länder, die seitdem noch nicht von ihrer Gesetzgebungskompetenz Gebrauch gemacht haben, gilt das VersG des Bundes fort. Dieses VersG ist allerdings ziemlich in die Jahre gekommen. Das sieht man alleine schon daran, dass die Geldstrafen darin noch in D-Mark geregelt sind. Problematischer jedoch ist, dass das VersG nicht die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der letzten Jahrzehnte berücksichtigt, nicht an die sich verändernde Versammlungskultur angepasst ist und auch nicht als besonders liberal gilt. Wenn man eine Versammlung veranstalten wollte, musste man bisher noch das VersG kennen, dazu die ständige Rechtsprechung sowie das Hessische Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG), welches Rechte und Pflichten der Polizei regelt. Gerade für Laien war das kaum überschaubar.

Mit dem HVersFG verfolgen wir den Anspruch, dass der Blick in dieses einzige Gesetz ausreicht, um die eigenen Rechte und alle relevanten Bestimmungen zu kennen. Das alleine schon macht es auch unerfahrenen Veranstalter*innen erheblich einfacher.

Darüber hinaus verbessern wir den Schutz von Veranstalter*innen und Teilnehmenden:

  • Das Kooperationsgebot wird gefördert. Die Behörden haben eine Bringschuld gegenüber den Veranstalter*innen. Sie müssen über mögliche Gefahren im Vorfeld informieren und die Veranstalter*innen bei einer friedlichen Durchführung ihrer Versammlung unterstützen.
  • Verstöße gegen das Uniform- und Vermummungsverbot werden künftig nur noch als Ordnungswidrigkeit geahndet, wonach eine Geldstrafe drohen kann. Das VersG regelte diese als Straftat, weshalb auch Freiheitsstrafen möglich waren.
  • Die versammlungstypischen Verbote wie Uniform- und Vermummungsverbot haben wir uns auch im Detail vorgenommen: Wir wollen nicht, dass Nazis oder andere Verfassungsfeinde in Uniformen aufmarschieren oder Fackelzüge veranstalten, aber diese Verbote dürfen nicht die Gestaltungsfreiheit von friedlichen Demonstrierenden einschränken, indem zum Beispiel eine satirische Maske unter das Verbot fallen könnte. Deshalb haben wir diese Verbote nicht nur enger gefasst, zusätzlich müssen die Behörden diese Verbote durch eine Anordnung konkretisieren, in der die verbotenen Gegenstände und Verhaltensweisen bezeichnet sind. Dies schafft Klarheit im Einzelfall und ermöglicht effektiven Rechtsschutz.
  • Für Videoaufnahmen legen wir einen deutlich strengeren Datenschutz an. Die Polizei darf nur dann Aufzeichnungen anfertigen, wenn sich tatsächliche Anhaltspunkte für eine erhebliche Gefahr ergeben. Darf eine Aufzeichnung zum Beispiel für ein Strafverfahren weiterverwendet werden, müssen alle darauf abgebildeten Personen, gegen die kein konkreter Verdacht vorliegt, unkenntlich gemacht werden. Somit ist ausgeschlossen, dass unbeteiligte Personen identifiziert werden können. Grundsätzlich sind Aufzeichnungen schnellstmöglich zu löschen.
  • Das Anwesenheitsrecht der Presse wird auch gestärkt. Die freie Berichterstattung ist vor Störungen aus der Versammlung zu schützen.

Das Hessische Versammlungsfreiheitsgesetz ist in jeder Hinsicht liberaler als das bislang fortgeltende Bundesgesetz. Nachdem es letzte Woche vom Hessischen Landtag beschlossen worden ist, darf es sich nun in der Praxis beweisen.


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