Der schwarz-rote Kürzungs-Hochschulpakt ist eine Katastrophe für den Hochschulstandort Hessen: Nach den Kürzungen von SPD und CDU in den Jahren 2024 und 2025 folgen mit dem neuen Hochschulpakt ab dem kommenden Jahr noch mehr schmerzhafte Einschnitte. Die Aussage von Minister Gremmels, dass in 2026 ‚nur‘ 30 Millionen Euro gekürzt werden, bildet die Realität nämlich nicht wirklich ab: Wenn wir uns anschauen, was für das Jahr 2025 von der schwarz-grünen Vorgängerregierung mal an Hochschulfinanzierung geplant war und es mit dem vergleicht, was jetzt noch für 2026 geplant ist, ist das ein dreistelliger Millionenbetrag weniger. Und auch die kleinen Mittelsteigerungen ab 2027 werden nach den Berechnungen der Hochschulleitungen nicht ansatzweise ausreichen, um die erwarteten Inflations- und Tarifsteigerungen auszugleichen. Damit wird sich die Abwärtsspirale aus eingestellten Studienangeboten und Stellensperren an Hessens Hochschulen fortsetzen.
Bis Jahresende erarbeiten die Hochschulen jetzt ihre Einsparkonzepte. Erste Pläne sind inzwischen bekannt. An der TU Darmstadt wird gerade geprüft, wie man unter anderem mit der Schließung von Fachbereichen in den Natur- und Ingenieurswissenschaften die nötigen 10 Prozent bis Ende nächsten Jahres einsparen kann. Das wird Fachbereiche treffen, die eng verbunden mit der südhessischen Industrie sind. Der Hochschulpakt legt somit nicht nur die Axt an den Hochschulstandort, sondern auch an den Wirtschafts- und Industriestandort Hessen.
Die Goethe Universität Frankfurt wird für das nächste Jahr eine Stellensperre verhängen – die Frankfurt University of Applied Sciences gar für die gesamte Laufzeit des neuen Hochschulpakts, also bis 2031. Mit ihrem abrupten Spardiktat zerstört die Landesregierung Karriereperspektiven für die talentiertesten und klügsten Köpfe in unserem Land. An von Stellensperren betroffenen Hochschulen gibt es keine Möglichkeit, eine Promotion zu beginnen oder eine Professur anzutreten. Wer in dieser Zeit seinen Masterabschluss macht oder die maximale Zeit seiner Post-Doc-Phase erreicht, fliegt im Zweifel aus dem Wissenschaftssystem.
Die Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Promovierende, Post-Docs und administrativ-technische Beschäftigte war ein großes Ziel des GRÜN-geführten Wissenschaftsministerium in der letzten Wahlperiode. Der SPD ging das damals alles noch nicht weit genug. Sie wollte den ‚Kodex für gute Arbeit‘ gesetzlich verankern. Jetzt hat sich der SPD-Wissenschaftsminister von der Einhaltung des Kodex de facto verabschiedet. Der Kodex sei nur noch ein „grundsätzlicher Leitgedanke“, an dem man sich orientieren wolle. Weniger ist nichts. Dabei steht die Landesregierung durch den Tarifabschluss in einer schuldrechtlichen Vereinbarung, die Zahl der unbefristeten Stellen an Hessens Hochschulen auf 1.850 zu steigern. Auf Nachfrage, warum das im Hochschulpakt nicht umgesetzt wird, hat der Staatssekretär im Ausschuss sinngemäß gesagt, dass man dafür auf bessere Zeiten warte.
Neben den Beschäftigten werden die zweiten Leidtragenden dieses Hochschulpakts die Studierenden sein – nicht nur wegen schlechter Betreuung und überfüllter Seminare. Eine zukunftsfähige Ausgestaltung von Studium und Lehre soll laut Pakt nur noch „soweit möglich“ erhalten werden. Denn Programme für flexible Studienangebote, die Durchlässigkeit zwischen akademischer und beruflicher Bildung oder eine barrierearme Lehre sind in das Grundbudget der Hochschulen überführt worden. Das heißt de facto, die Hochschulen können das Geld einsetzen, wie sie wollen. Mit ausreichender Finanzierung wäre das im Sinne von Hochschulautonomie und Bürokratieabbau auch sinnvoll gewesen – doch wenn die Hochschulen nun hohe Summen einsparen müssen, werden genau diese Angebote als Erstes wegfallen. Gespart werden wird also genau dort, wo es um Unterstützung und Teilhabe für Studierende geht. Die Folge: mehr Studienabbrüche, gerade bei denen, die ohnehin unter Druck stehen, weil sie neben dem Studium arbeiten müssen oder zuhause keinen ruhigen Lernplatz haben. Dabei sind es gerade diese Angebote, die Chancen eröffnen und unsere Demokratie und unser Gemeinwesen zusammenhalten.
Kurz: Dieser Pakt bedroht nicht nur den Hochschulstandort und den Wirtschaftsstandort Hessen, er legt vor allem auch die Axt an Bildungschancen und an ein Aufstiegsversprechen, das essenziell für unsere freiheitliche Gesellschaft ist.
Wir GRÜNEN ignorieren nicht die schwierige Haushaltssituation des Landes. Doch die Landesregierung hätte dennoch die Möglichkeit, die Hochschulen besser finanziell auszustatten. Wir GRÜNEN haben schon vor der Unterzeichnung des Pakts einen Vorschlag für ein Sonderprogramm Hochschule in Höhe von 100 Millionen Euro für das aktuelle Jahr 2025 präsentiert. Mit diesem Betrag würden den Hochschulen zumindest die diesjährigen Tarif- und Besoldungserhöhungen ausgeglichen. Denn bisher sind die Hochschulen der einzige Bereich der Landesverwaltung, der diese Personalkostensteigerungen aus eigenen Mitteln stemmen soll. Möglich wäre das durch die neuen finanziellen Spielräume des Landes nach der Grundgesetzänderung zur Schuldenbremse im Bund. Konkret bedeutet das für Hessen einen zusätzlichen Verschuldungsspielraum von rund 1 Milliarde Euro jährlich – beginnend bereits in diesem Jahr. Doch die hessische Landesregierung nutzt diese bislang nicht. Und das ist ihre politische Entscheidung. Andere Bundesländer machen das. Wir GRÜNEN fordern die Landesregierung deswegen weiterhin auf, den neuen Verschuldungsspielraum zu nutzen, um Hessens Hochschulen noch in diesem Jahr mit zusätzlichen Mitteln zum Ausgleich der Tarifkostensteigerungen zu unterstützen und auch in den Folgejahren besser zu finanzieren.