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13.08.2013

Wirtschaftliche Entwicklung seit 2000: Hessen bleibt weit unter Potenzial – GRÜNE: Hessens Wirtschaft braucht Neustart

Aktualisierte Daten der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung, die von der Landtagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ausgewertet wurden, zeigen, dass die wirtschaftliche Entwicklung Hessens in den Jahren 2000 bis 2012 weit unter ihren Potenzialen blieb. So sei Hessens Bruttoinlandsprodukt in dieser Zeit gerade einmal um 7,9 Prozent gewachsen, hier habe nur Sachsen-Anhalt noch schlechter abgeschnitten (s. Grafik 1). Die schwache wirtschaftliche Dynamik bestätige sich auch im Hinblick auf die Entwicklung der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Im westdeutschen Vergleich belege Hessen beim Wachstum dieser Jobs nur den drittletzten Platz (s. Grafiken 3 und 4). (Anlage Grafiken)

„Die Zahlen zeigen: Hessen hat die Wirtschafts- und Finanzkrise deutlich schlechter bewältigt als Bayern, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz (s. Grafik 2). Anders als Deutschland insgesamt hat Hessen nach dem Tiefpunkt 2009 das Vorkrisenniveau von 2008 noch nicht wieder erreicht. Selbst in ihrer vermeintlichen Königsdisziplin, der Wirtschaftspolitik, hat Schwarz-Gelb versagt. Im industriellen Bereich ist Hessen zurückgefallen, dies konnte auch vom traditionell starken Dienstleistungssektor nicht ausgeglichen werden“, stellt der Fraktionsvorsitzende der GRÜNEN, Tarek Al-Wazir, fest. DIE GRÜNEN werfen Schwarz-Gelb vor, in der Wirtschaftspolitik falsche Prioritäten gesetzt zu haben. Zukunftsfähige Impulse wie sie z.B. Baden-Württem-berg und Rheinland-Pfalz gesetzt hätten, seien ausgeblieben.

Für ihre Analyse haben DIE GRÜNEN Daten ausgewertet, die nach einer umfassenden Revision der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung vorgelegt wurden: Die Statistischen Landesämter haben die Erfassungsmethoden verbessert und neue Datenquellen genutzt. Auch die Wirtschaftsbereiche wurden teilweise neu zugeschnitten. „Die Revision hat unter anderem auch zur Neuberechnung der Wirtschaftsdaten für die Krisenjahre 2009 und 2010 geführt, in denen Hessen besonders schlecht abgeschnitten hat“, erläutert der wirtschaftspolitische Sprecher der GRÜNEN, Kai Klose.

Produzierendes Gewerbe besonders zurückgefallen

Schaue man sich die Daten im Detail an, erkenne man, dass das produzierende Gewerbe (u. a. Bergbau, Industrie, Energie- und Wasserversorgung, Bau) in Hessen besonders zurückgefallen sei. Auch hier sei der Rückstand insbesondere in den Jahren seit 2005 entstanden (s. Grafik 5). Als Folge dieser Entwicklung ging Hessens Anteil an der Wertschöpfung des produzierenden Gewerbes in Deutschland insgesamt von 7,7 Prozent im Jahr 2000 auf nur noch 6,9 Prozent im Jahr 2012 zurück (Zum Vergleich: Bevölkerungsanteil Hessens: 7,5 Prozent).

Auch Dienstleistungssektor rückläufig

Für den Dienstleistungssektor sank der „Marktanteil“ Hessens im gleichen Zeitraum von 9,9 Prozent auf 9,5 Prozent. Für die einzelnen Bereiche des neu geordneten Dienstleistungssektors liegen spezifische Daten nur von 2008 bis 2011 vor: Der Wertschöpfungsanteil der hessischen Unternehmen am deutschen Informations- und Kommunikationssektor hat sich in diesem Zeitraum von 10,3 auf 9,2 Prozent verringert. Bei den Finanz- und Versicherungsdienstleistern ging Hessens Anteil von 18,2 auf 15,8 Prozent zurück. Ähnlich sieht das Bild im Bereich der Unternehmensdienstleister mit einem Rückgang von 13,1 auf 12,2 Prozent aus.

Was jetzt zu tun ist

„Wenn man im Wettbewerb hinten liegt, muss man schauen, was die Konkurrenz besser macht. Hessen muss sich auch in der Wirtschaftspolitik wieder breiter aufstellen. So unverzichtbar der Finanzplatz Frankfurt als Dienstleister für die europäische und internationale Wirtschaft ist, so wichtig ist es auch, die ganze Vielfalt der Realwirtschaft in den Blick zu nehmen, um die Abhängigkeit vom Finanzplatz auszugleichen“, stellt Tarek Al-Wazir fest. Auch der Transfer zwischen Wissenschaft und Wirtschaft müsse ausgebaut und für Innovationen und Unternehmensgründungen genutzt werden. „Die zahlreichen Universitäten und Fachhochschulen in Hessen bilden ein großes Potenzial auch für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes. Wir müssen die Barrieren weiter abbauen, die gerade kleine und mittlere Unternehmen immer noch daran hindern, mit Forschungseinrichtungen in Kontakt zu kommen.“

Wie die Wirtschaftskompetenz von Schwarz-Gelb und insbesondere die des stellvertretenden Ministerpräsidenten Hahn (FDP) aussehe, habe dieser erst am Sonntag im HR-Sommerinterview gezeigt. Wörtlich sagte er: „Es kann nicht sein, dass wir dort eine Investition mit Steuergeldern (…) hingesetzt haben, und diese jetzt nicht floriert (…) So geht es nicht weiter, dass man jedes Flugzeug per Hand begrüßt und dann auch noch tätscheln kann.“  Weiter fordere Hahn im Interview die nordhessische Wirtschaft auf, ein ‚Konzept‘ für den Flughafen zu entwickeln und ihn stärker zu nutzen. „Zuerst verantwortet Hahn eine staatliche Fehlinvestition in Höhe von 271 Millionen Euro, vor der viele gewarnt hatten und jetzt sollen andere ein Konzept vorlegen. Das hat mit wirtschaftlicher Vernunft nun wirklich nichts zu tun“, so Tarek Al-Wazir.

Traditionell starke Branchen wie der Finanzsektor oder die Chemie- und Pharmaindustrie wollen DIE GRÜNEN bei der notwendigen Umstrukturierung unterstützt, um ihre Wettbewerbsfähigkeit  zu sichern. Zudem sollen endlich auch Zukunftsbranchen wie die Gesundheits- und Kreativwirtschaft sowie die Informationstechnologie angemessen gefördert werden.             ..3

Beispiel Baden-Württemberg

In Baden-Württemberg sorgte die Breitbandinitiative der Landesregierung dafür, dass Ende 2012 bereits 30 Prozent der ländlichen Haushalte Zugang zum schnellen Internet mit über 50 Mbit/s hatten, das sind rund doppelt so viele wie die 15,8 Prozent in Hessen. „Baden-Württemberg zeigt, dass die Politik aktiv dafür sorgen kann, dass der digitale Graben zwischen Stadt und Land nicht immer tiefer wird. Anstatt Wirtschaftspolitik mit dem Betonmischer zu betreiben und in Großprojekten zu denken, wollen wir in Hessen die regionale Wirtschaft stärken“, kündigt Tarek Al-Wazir an.

Beispiel Rheinland-Pfalz

Mit dem breit angelegten Dialog Industrieentwicklung Rheinland-Pfalz entwickelt das Nachbarland Hessens im Gespräch mit Unternehmen und Experten Strategien und konkrete Schritte für die Weiterentwicklung des dortigen Industriestandorts. „Wir müssen auch in Hessen optimale Rahmenbedingungen für Unternehmen schaffen, die in ihrer Produktion und ihren Produkten Ressourceneffizienz und Leistungsfähigkeit verbinden, und damit für qualitatives Wachstum sorgen. Die Energiewende ist eine Riesenchance für Handwerk und Industrie und muss endlich auf das richtige Gleis gesetzt werden.“

Beim Tourismus war Rheinland-Pfalz mit Thementourismus und Marken wie RadWanderland, WanderWunder oder IchZeit für Wellness- und Gesundheitsurlaub erfolgreich. „In Hessen hingegen verharrt die schwarz-gelbe Tourismuspolitik im Kirchturmdenken der vielen kleinteiligen hessischen Regionen. Zudem muss die Tourismusförderung endlich wieder aus ihrem Schattendasein in der HessenAgentur herausgelöst und in Kooperation mit Tourismuswirtschaft und regionaler Tourismusförderung neu aufgestellt werden“, unterstreicht Kai Klose.

„Hessen hat große Potenziale, sie werden von Schwarz-Gelb nicht einmal ansatzweise ausgeschöpft. Mit starken GRÜNEN an der Regierung würden wir hier den Hebel umlegen“, unterstreicht Tarek Al-Wazir.

DIE GRÜNEN verweisen auf ihr Wirtschaftskonzept Äppler, Apps und grüner Aufbruch (http://gruenlink.de/il3).

Die statistische Analyse entstand unter der Mitarbeit von Peter Hohlfeld, Referatsleiter für Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung beim Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans Böckler Stiftung.

Grafiken


Pressestelle der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Hessischen Landtag
Pressesprecherin: Elke Cezanne

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