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09.12.2009

Ursula Hammann zur Änderung des Hessischen Nachbarrechtsgesetzes und der Hessischen Bauordnung

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine Damen und Herren der Regierungskoalition, es ist uns GRÜNEN vollkommen unverständlich, warum Sie bei der Änderung des Nachbarrechtsgesetzes nicht alle sinnvollen Möglichkeiten für einen besseren Klimaschutz ausgeschöpft haben. Sie agieren sehr halbherzig. Wir hatten eine Anhörung dazu. Wir haben sehr viele gute Vorschläge erhalten. Leider finden wir von diesen Vorschlägen, die dort gemacht wurden, in dem Entwurf des Gesetzestextes nicht wieder. Sie haben auch keinen Änderungsantrag zu dem Gesetzentwurf der Landesregierung vorgelegt.

Zurzeit findet in Kopenhagen die Weltklimakonferenz statt. Ist Ihnen vielleicht bekannt, dass gestern noch einmal ganz deutlich darauf hingewiesen wurde, dass wir, global betrachtet, mit dem Jahrzehnt 2000/2009 das wärmste haben, seitdem es Aufzeichnungen gibt. Das heißt, es ist für uns alle dringend Handlungsbedarf gegeben. Das heißt, wir dürfen den Weg nicht halbherzig beschreiten, wenn wir wissen, dass es mehr Möglichkeiten gibt, um den Klimaschutz entschieden fördern zu können.

Sie haben in Ihrem Gesetzentwurf einen Punkt herausgehoben, der für uns ebenfalls sehr wichtig ist. Das betrifft die Wärmedämmung auf der Außenseite eines Hauses bei einer Grenzbebauung. Natürlich können wir damit vielen Hausbesitzern weiterhelfen. Aber Sie helfen damit nicht denjenigen weiter, die eine beidseitige Grenzbebauung haben. Ich will Ihnen noch einmal das Foto dazu zeigen,

(Die Rednerin hält ein Foto hoch.)

damit Sie wissen, was das für diese Menschen bedeutet. Denn im Ausschuss wurde immer wieder dazu gesagt, das betreffe nur einen kleinen Teil der Bevölkerung.

Meine Damen und Herren, nein, das betrifft Tausende Häuser, die wir auch in Hessen haben, gerade auch in den alten Ortskernen. Diese Menschen bleiben ohne eine Regelung im Nachbarrechtsgesetz.

Auf dem Bild kann man die rot schraffierte Seite sehr schön erkennen. Das zeigt, dass da keine Dämmung machbar ist.

Das bedeutet, dass dieses Potenzial nicht genutzt werden kann. Wer Eigentümer eines solchen Hauses ist, wird in Zukunft unter einem Wertverlust leiden müssen. Denn diese Häuser werden schwerer verkäuflich sein. Denn sie haben einen höheren Energiebedarf. Das verschärft natürlich das Problem des Erhalts des Eigentums.

Das wird aber auch die Mieterinnen und Mieter besonders treffen. Denn Sie wissen das doch ganz genau: Die steigenden Heizkosten werden über die Nebenkosten auf die Mieterinnen und Mieter umgelegt. Wer in einem solch schlecht gedämmten Haus wohnt, wird zukünftig leider nichts zu Lachen haben.

(Beifall der Abg. Kordula Schulz-Asche und Daniel May (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNE sowie bei Abgeordneten der SPD)

Da hilft es Ihnen auch überhaupt nichts, dass Sie sagen, da könnte von innen gedämmt werden. Auch Ihnen ist bekannt, dass die Innendämmung weniger effizient ist und dass sie auch zu weiteren Problemen, gerade im anstoßenden Nachbarhaus, führen kann.

Da ist etwas, was wir aus der Anhörung mitnehmen konnten. Sie alle haben die E-Mail eines Sachverständigen aus diesem Bereich erhalten, der auch noch einmal auf die anderen Probleme hinweist. Wenn das nicht gedämmt wird, kann das dazu führen, dass das andere Haus ebenfalls eine Entwertung erfährt.

Meine Damen und Herren, da geht es um Reihenhäuser der Sechziger- und der Siebzigerjahre. Sie sind zu dämmen. Wenn wir uns alle dafür entscheiden, den Klimaschutz umzusetzen und den Menschen helfen zu wollen, dann dürfen wir hier nicht halbherzig agieren. Dann muss auch hierfür eine Regelung getroffen werden.

Ich möchte auch die nennen, die uns in der Anhörung Unterstützung gegeben haben. Zum Beispiel hat das Öko-Institut in seiner Stellungnahme noch einmal auf etwas Besonderes hingewiesen. Ich möchte das zitieren:

Der Anwendungsbereich der Duldungspflichten bei Wärmedämmung sollte weit gefasst werden. Insbesondere sollte die Duldungspflicht auch für die beidseitige Grenzwandbebauung gelten. …

Die Berücksichtigung der beidseitigen Bebauung hätte den Vorteil, dass sie auch Duldungspflichten für Dämmmaßnahmen erfassen würde, die aufgrund unterschiedlicher Höhen zweier „angrenzender“ Grenzwände möglich werden.

Aber nicht nur das Öko-Institut, sondern auch der Verband der Südwestdeutschen Wohnungswirtschaft unterstützt unseren grünen Vorschlag zum Umgang mit den beidseitigen Grenzwänden und hält ihn für präziser und praxistauglicher als die von der Landesregierung vorgeschlagene Regelung.

(Beifall der Abg. Kordula Schulz-Asche und Daniel May (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Der Verband der Südwestdeutschen Wohnungswirtschaft hält auch die Nennung der Verputze, wie in unserem Gesetzentwurf geschehen, für sinnvoll.

Die von uns geforderte Anzeigepflicht von vier Wochen vor Baubeginn der Maßnahmen, um nicht verschiedene Fristenregelungen im Nachbarrechtsgesetz zu haben – das betrifft § 24, das ist Ihnen bekannt –, wurde von den Anzuhörenden ebenfalls unterstützt. Wir erhielten hier vom Bauernverband in der Anhörung sogar Zustimmung. Sie haben gesagt: Um hier die Gleichstellung der Fristen zu haben, finden sie den Vorschlag der GRÜNEN besser.

Nach dem Motto, „besser eine kleine Veränderung als gar keinen Klimaschutz“ werden wir dem Gesetzentwurf der Landesregierung zustimmen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Denn wir waren es, die die Debatte über eine Erleichterung der Wärmedämmung bei Grenzbebauung vor über zwei Jahren in Hessen angestoßen haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir waren es auch, die in dieser Legislaturperiode Monate vor der Landesregierung einen entsprechenden Gesetzentwurf in den Landtag eingebracht haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Unsere Aktivitäten haben dazu geführt, dass die Landesregierung endlich einmal über diesen Bereich Nachbarschaftsrecht selbst einen Gesetzentwurf eingebracht hat.

(Beifall der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Und das rechnen wir uns positiv an, denn das hat positive Auswirkung für die Eigenheimbesitzer.

Vizepräsidentin Sarah Sorge:

Frau Kollegin Hammann, Ihre Redezeit ist überschritten. Sie müssten zum Schluss Ihrer Rede kommen.

Ursula Hammann:

Im Dienste der Sache, zugunsten des Klimaschutzes, sind wir bereit, über unsere Schatten zu springen. Das ist eine Fähigkeit, die die Regierungsfraktionen an dieser Stelle leider nicht an den Tag gelegt haben. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)