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24.03.2010

Ursula Hammann zum Thema Solarförderung

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir GRÜNEN hatten bereits im Februar einen entsprechenden Antrag eingebracht, mit dem Ziel diese unverhältnismäßig hohen Kürzungen aufzuhalten. Dieser Antrag, der jetzt von der SPD vorgelegt wurde, gibt uns die Gelegenheit, dieses Thema noch einmal hochzuziehen. Meine Damen und Herren, es ist schon erschreckend, wie die Bundesregierung ihre Energiepolitik betreibt. Hier sollen die alten Atomkraftwerke weiter am Netz bleiben, und der Solarenergie soll der Hahn zugedreht werden. Das ist ein Problem.

Die Solarindustrie ist eine bedeutende Wachstumsbranche, gerade hier in Hessen. Allein im Jahr 2000 wurden in Deutschland 3.000 MW neue Solarstromanlagen installiert. Wir können feststellen, dass damit bald die 10.000 MW-Marke erreicht ist. Daher muss man einmal überlegen, wie viel Leistung das Atomkraftwerk in Biblis hat, und dieser Vergleich zeigt: Es wäre viermal so viel als im AKW Biblis an Leistung installiert wurde.

(Zuruf des Abg. René Rock (FDP))

Wir haben 60.000 Beschäftigte, die in diesen Unternehmen arbeiten. Wir haben im letzten Jahr, im Jahr 2009, einen Umsatz von fast 9 Milliarden € zu verzeichnen. Meine Damen und Herren, das kann Sie doch nicht unberührt lassen. Ich finde es auch bedauerlich, dass Frau Lautenschläger all diese Absenkungswünsche, die jetzt von der Bundesebene zu uns gebracht werden, immer noch unterstützt und sie auch für gut hält. Das ist eine falsche Entscheidung.

Meine Damen und Herren, wir GRÜNEN haben immer gesagt: Anpassung ist wichtig. Deshalb wurde auch das rot-grüne Gesetz damals so gestaltet, dass die Fördersätze immer degressiv gestaltet wurden. Aber was Sie jetzt tun, ist nicht ein Anpassen, es ist ein Abwürgen dieser Branche. Wir brauchen die Solarenergie. Wir brauchen die Solarenergie in einem Mix, ohne Kohle und ohne Atom.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Was Sie tun, ist eine überzogene Kürzung. Der Solarenergie soll die Förderung um bis zu 16 % gekürzt werden, und die Degression soll ebenfalls zunehmen, ab dem nächsten Jahr um zusätzliche 2,5 Prozent. Sie haben es damit begründet, dass die Module sehr viel günstiger geworden seien. Aber schauen Sie doch einmal genau auf den Markt. Das liegt doch nicht daran, dass die Herstellungskosten massiv nach unten gegangen sind, sondern dass im letzten Jahr der Absatzmarkt in Spanien absolut zusammengebrochen ist, weil sich dort die Förderbedingungen geändert hatten.

(Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD))

Ich bitte sie, einfach auch zur Kenntnis zu nehmen, dass das Fraunhofer Institut selbst gesagt hat: Man darf Preise mit Kosten nicht gleichsetzen. Das darf man nicht gleichsetzen. Man muss überlegen, was auf diesem Markt tatsächlich passiert. Meine Damen und Herren, deshalb darf diese massive Reduktion dieser Einspeisevergütung nicht vorgenommen werden.

Es gibt sehr viele Analysen, eine davon möchte ich jetzt noch nennen. Das ist die von der LBBW, d. h. der Landesbank Baden-Württemberg. Da gibt es einen Sektorreport über die Fotovoltaikanlagen. Er ist vom Januar dieses Jahres. Dieser besagt, dass diese geplante drastische Absenkung im zweistelligen Bereich das PV-Wachstum erheblich bremsen würde und die europäischen Hersteller aus dem Markt katapultiert werden. Aber es gibt noch eine weitere wichtige Aussage in diesem Branchenreport:

Schon ab dem Jahr 2012 kann Solarstrom vom Dach in Deutschland billiger sein als der Strom aus der Steckdose.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zuruf des Abg. Peter Stephan (CDU))

Herr Kollege Stephan, hören Sie zu. – Das Zitat geht nämlich weiter:

Hier sollte sich die Politik die Frage gefallen lassen, welche Technologie in Zukunft durch Steuergelder gefördert werden soll: Die Säuberung konventioneller … Kraftwerke mit Auslaufdatum durch die CCS

– also Kohlendioxidabscheidung –

oder die doch wohl nachhaltigere Versorgung der Industriegesellschaft mit Solarstrom.

Sie sehen also, die Branchenanalysten sehen sehr wohl, in welche Richtung die Förderung weiter erfolgen muss. Es darf daher nicht sein, dass Kohlekraftwerke gefördert werden.

Meine Damen und Herren, wir brauchen eine zukunftsorientierte Energiepolitik, und die sieht eben anders aus als das, was eben auf Bundesebene diskutiert wird.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Wir müssen in erneuerbare Energien investieren: in Windkraft, Solarenergie und Geothermie. Wir dürfen nicht weiter auf die veraltete, konventionelle Kraftwerkstechnik aufbauen. Welche Alternativen haben wir denn überhaupt zu den erneuerbaren Energien? – Es gibt eben keine Alternativen. Atom ist keine Alternative, und auch alte Kohlekraftwerke sind ebenfalls keine Alternativen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Deshalb ist es uns auch besonders wichtig, dass auch mittlerweile Frau Lieberknecht in Thüringen ebenso wie Herr Seehofer erkannt hat, dass diese Reduktionen nicht erfolgen dürfen. Herr Seehofer sagte auf der Internationalen Handwerksmesse in München – Zitat –:

Eine zu erprobte und drastische Kürzung birgt die Gefahr schwerer Marktverwerfungen und bedeutet den Verlust wertvoller Arbeitsplätze in einer hochmodernen Branche.

Man kann nur sagen: Recht hat Herr Seehofer. Wir erwarten, dass auch hier die Landesregierung Protest erhebt und sich endlich hinter unsere Position stellt, die sagt: Förderung erneuerbarer Energien, nicht ein Abwürgen einer Solarstromproduktion, denn wir brauchen den Solarbereich in unserem Energiemix ebenfalls.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Vizepräsidentin Sarah Sorge:

Frau Kollegin Hammann, ich darf Sie bitten, zum Schluss Ihrer Rede zu kommen.

Ursula Hammann:

Ich komme zum Schluss. – Es ist mir wichtig, dass wir auch in Kassel ein großes Unternehmen haben. Ich möchte Sie auch – Frau Lautenschläger ist jetzt heute leider nicht da, sie ist entschuldigt – darauf hinweisen, dass gerade SMA immer gesagt hat, wir könnten uns zusätzliche Kürzungspläne im zweistelligen Bereich nicht vorstellen. Dies würde die Klimapolitik der Bundeskanzlerin zur Makulatur werden lassen und Dutzende deutsche Solarunternehmen würden vor der Insolvenz stehen und wären gezwungen, ihre Produktion aus Deutschland zu verlagern. Das kann nicht unser Interesse sein, deshalb unterstützen wir den Antrag der SPD, meine Damen und Herren. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)