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02.03.2010

Ursula Hammann zu: Regierungserklärung - „Energie 2020: Versorgung sichern – Schöpfung bewahren – Wirtschaft stärken“

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Ministerin Lautenschläger, eine Frage ist offengeblieben: Wann kommt denn Ihr Konzept?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Dr. Walter Arnold (CDU))

Das ist doch schon der dritte Versuch, ein Energiekonzept vorzulegen. Auch der dritte Versuch ist grandios gescheitert.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Dr. Walter Arnold (CDU))

Was sie uns heute verkündet hat, ist eine Bankrotterklärung, lieber Kollege Dr. Arnold. Das ist ein Bekenntnis der Unfähigkeit einer Ministerin in Fragen der Energiepolitik.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU)

Frau Lautenschläger sollte das neue, junge Gesicht dieser Landesregierung für den Bereich der Umwelt- und Energiepolitik sein. Herr Ministerpräsident Koch hat sie damals ins Amt berufen. Damals hat er gesagt, er wolle Hessen zu einem Musterland der regenerativen Energien machen. Meine Damen und Herren, man wollte der CDU ein neues energiepolitisches Image verschaffen. Man wollte die desolate Umwelt- und Energiepolitik, die wir seit zehn Jahren im Lande Hessen haben, wieder aufpolieren.

(Zuruf des Abg. Peter Beuth (CDU))

Meine Damen und Herren, was müssen wir feststellen? Nichts dergleichen ist geschehen. In Hessen dümpelt der Anteil erneuerbarer Energien immer noch bei 6 % herum. Das ist die Tatsache.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Dr. Walter Arnold (CDU))

Sie wollten uns ein Energiekonzept vorstellen. Sie wollten uns konkrete Maßnahmen vorstellen, wie all dies in Hessen umzusetzen ist.

(Zuruf des Abg. Dr. Walter Arnold (CDU) – Gegenruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Sie haben zwar etwas vorgelegt, das ist richtig, aber schauen Sie doch einmal, was vorgelegt wurde. Das kann man doch bestenfalls als ein Eckpunktepapier mit einer umfassenden Datensammlung bezeichnen. Das ist doch der Fakt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Peter Beuth (CDU))

Meine Damen und Herren, Sie sind doch mit Ihrer Energiepolitik krachend an die Wand gefahren.

(Zuruf des Abg. Peter Beuth (CDU))

Da Frau Lautenschläger so sehr auf den Wärmefaktor gesetzt hat, denke ich mir, dass dies ein gutes Beispiel ist. Zum Punkt „Wärme“ sagt sie: Wir werden Antworten geben auf die Fragen, was Hausbesitzer, Unternehmer oder Kommunen tun können und wie sie gefördert werden können. – Frau Lautenschläger, wir brauchen die Antworten jetzt. Wir brauchen keine Vertröstung auf die Zukunft.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das muss man sich doch einmal auf der Zunge zergehen lassen. Sie sind im Amt und reden von einem Zeitpunkt, der später sein wird. Hier und heute sind aber die Antworten gefragt, Frau Ministerin.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich frage Sie allen Ernstes: Schämen Sie sich denn nicht, so ein Papier vorzulegen? Die Presseresonanz auf Ihre Vorstellungen war doch sehr beschämend für Sie. Die „Frankfurter Neue Presse“ titelte: Kraftloser Energieplan. – Die „HNA“ titelte: Kein Konzept. – Die „Frankfurter Rundschau“ – wesentlich freundlicher – sprach von einem kleinen großen Schritt und meinte: Aber noch sagt sie nicht, wie sie ihre Ziele erreichen will.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben heute auch noch nicht gehört, wie sie das alles umsetzen will.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der CDU)

Ich erinnere mich noch gut an unsere Plenardebatte vom Juli vergangenen Jahres. Wir hatten unser drittes Zukunftsenergie- und Klimaschutzgesetz eingebracht. Frau Ministerin sprach von einem Klein-Klein, und die GRÜNEN würden in jeder Plenarsitzung einen Gesetzentwurf einbringen. Frau Ministerin, an Ihrem Maßstab gemessen ist das, was Sie vorgelegt haben, ein absolutes Nichts.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In dieser Plenardebatte haben Sie gesagt, die Landesregierung werde einen klar strukturierten Plan vorlegen, aus dem hervorgehe, wie das Ziel erreicht werden könne, im Jahr 2020 einen Anteil erneuerbarer Energien von 20 % zu erreichen. Fehlanzeige. Das ist Ihre Politik, Frau Ministerin Lautenschläger. Das ist absolut kritikwürdig.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist aber auch kein Wunder. Ich habe mir die Mühe gemacht, im Plenarprotokoll nachzulesen. Wer bei einem Passivhausstandard von einem 10-Liter-Haus spricht, der weiß wirklich nicht, was Energiepolitik bedeutet.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wie sieht es denn in Hessen aus? Der Ausbau der Windenergie wird doch immer noch behindert. Im Bereich der Biomasse, Ihrem Steckenpferd, sind wir doch überhaupt keinen Schritt weitergekommen. Wie gesagt, wir dümpeln immer noch bei 6 % herum.

In den Presseerklärungen der CDU findet man kaum mehr die Worte „Vogelschredderanlagen“ und „Windkraftmonster“. Bei der CDU dreht sich auch nicht mehr der Magen bei dem Wort „Windkraft“ um.

Sie wollen aber nicht die Windkraft in Hessen ausbauen. Sie wollen, dass Windkraftanlagen irgendwo in der Nordsee gebaut werden. Dort soll künftig umweltfreundlich Strom erzeugt werden. Das Atomkraftwerk in Biblis kann aber natürlich weiterbetrieben werden mit allen Risiken, die mit einem Atomkraftwerk zusammenhängen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Daran wird erkennbar, dass es Ihnen am notwendigen Willen fehlt, all das zu tun, was in Hessen möglich wäre.

(Zuruf des Abg. Dr. Walter Arnold (CDU))

Diese Landesregierung mit ihrer sogenannten Umweltministerin ist nicht gewillt, diesen Weg zu gehen. Sie haben heute in Ihrer Regierungserklärung davon gesprochen, dass Sie für den Abbau von Hürden bei der energetischen Sanierung sind. Wie sieht aber die Realität aus? Wir haben in Hessen über das Nachbarrechtsgesetz gesprochen. Wir GRÜNE haben hierzu einen Gesetzentwurf eingebracht. Dabei sind Sie aber nicht mitgegangen. Sie haben nicht den Hauseigentümern tatsächlich die Möglichkeit einräumen wollen, bei einer beidseitigen Grenzbebauung eine Wärmedämmmaßnahme aufzubringen. Das haben Sie nicht umgesetzt.

(Zuruf des Abg. Peter Beuth (CDU))

Sie können hier zwar große und vielversprechende Worte schwingen, die Wahrheit sieht am Ende aber ganz anders aus.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Präsident Norbert Kartmann:

Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ursula Hammann:

Eine Zwischenfrage würde ich gern am Ende zulassen. Ansonsten komme ich jetzt aus dem Fluss heraus. Das können wir aber gern nachholen.

Das von Frau Lautenschläger als ehrgeizig bezeichnete Ziel, einen Anteil erneuerbarer Energien von 20 % bis zum Jahr 2020 zu erreichen, kann man angesichts der großen Herausforderungen im Energie- und Klimaschutzbereich nicht als ambitioniert bezeichnen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist falsch, wenn Sie den Verkehrsbereich außen vor lassen. Ebenso ist es falsch, das Gesamtenergiepotenzial nur unzureichend zu berücksichtigen.

Wir GRÜNE werden Ihnen erneut eine Hilfestellung geben. Wir werden in Kürze ein Energie- und Klimaschutzkonzept vorlegen, das darstellen wird, wie der Anteil erneuerbarer Energien an der Gesamtenergieerzeugung – d. h. inklusive Wärme – bis zum Jahr 2020 deutlich über 20 % gesteigert werden kann.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir zeigen Ihnen auch, wie der Kohlendioxidausstoß um 40 Prozent bis zum Jahr 2020, bezogen auf das Jahr 1990, reduziert werden kann. So könnten Sie erkennen, was ein wirklich ambitioniertes Ziel ist und wie es auch erreicht werden kann.

Frau Ministerin, Sie haben ein Expertenteam zur Hand. Wir können Sie nur auffordern, dieses zu nutzen und sich für ein ambitionierteres Ziel im Energiebereich einzusetzen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Damit kommen wir zu dem dritten Punkt im Titel Ihrer Regierungserklärung: „Wirtschaft stärken“. Nur gehen wir ganz anders heran als Sie. Wo wir GRÜNEN das Handwerk, den Mittelstand und Unternehmen wie beispielsweise Wagner Solar in Cölbe oder SMA in Niestetal bei Kassel stärken wollen, verstehen Sie darunter nur die Stärkung der großen vier Stromkonzerne RWE, EnBW, Vattenfall und E.ON.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ihr Auftritt in Berlin zur Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke – ich habe es mir angesehen – konnte einem nur die Tränen in die Augen treiben. Seit’ an Seit’ sah man dort Frau Lautenschläger, Herr Söder und Frau Gönner sich für den Erhalt der Milliardengewinne für RWE einsetzen.

(Zuruf des Abg. Dr. Walter Arnold (CDU))

Dabei ist es Frau Lautenschläger egal, dass das Atomkraftwerk in Biblis nicht dem neuesten Stand von Wissenschaft und Technik entspricht. Wir haben mittlerweile über 800 Störungen nach der Störfallmeldeverordnung. Wir haben 1987 einen Beinahe-GAU zu verzeichnen gehabt. Es ist ihr egal, dass das Atomkraftwerk nicht gegen Flugzeugabstürze gesichert ist.

Meine Damen und Herren, ich halte es auch für falsch, sich in Berlin für die Atomkraftwerke einzusetzen und auf der anderen Seite nicht dagegen zu protestieren, dass die Solarförderung so drastisch reduziert werden soll.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Norbert Schmitt (SPD) – Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Frau Ministerin Lautenschläger, Sie haben an dieser Stelle sogar gesagt, diese Reduktion sei gelungen. – Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Frau Ministerin, haben Sie nicht auch die Notsignale der hessischen Solarbranche gehört? Ich möchte Ihnen beispielsweise eines nennen. SMA in Niestetal habe ich eben schon erwähnt. Herr Cramer sagt in einer Presseerklärung:

Die überzogene Förderkürzung gefährdet einen der wichtigsten Job- und Wirtschaftsmotoren für unser Land. Wertschöpfung bei der Produktion von PV-Modulen muss auch weiter in Deutschland stattfinden können.

Weiter sagt Herr Cramer:

Wenn die zusätzlichen Kürzungspläne im zweistelligen Prozentbereich Gesetz würden, dann wird die Klimapolitik der Bundeskanzlerin zur Makulatur. Dann stehen Dutzende deutsche Solarunternehmen vor der Insolvenz oder wären gezwungen, ihre Produktion aus Deutschland zu verlagern.

Meine Damen und Herren, das, was nun auf Bundesebene von CDU, CSU und FDP beschlossen wird, könnte deshalb in einem Desaster enden. Es besteht die Gefahr – ich sage das ganz deutlich –, dass es der deutschen Solarbranche genauso ergeht wie der Biokraftstoffbranche. Von der deutschen Pflanzenölbranche ist nichts mehr zu sehen, und die mittelständische Biodieselindustrie wurde schwer beschädigt.

Frau Lautenschläger, kommen wir zu einem weiteren Punkt Ihrer Ausführungen. Sie verweisen auf die energetische Sanierung, auf Anreize in Form von Förderprogrammen. Erstens vermisse ich Ihre Förderprogramme, und zweitens frage ich Sie, Frau Ministerin: Wo ist Ihr Widerspruch zur Halbierung der KfW-Mittel für das Gebäudesanierungsprogramm des Bundes? Dort gab es einmal 2 Milliarden Euro. Heute, im Haushaltsjahr 2010, sollen nur noch 1,1 Milliarden Euro dafür zur Verfügung gestellt werden. Das ist ein absolut falscher Schritt, wo Sie doch selbst gesagt haben, dass hier die großen Potenziale zu heben sind.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Frau Ministerin, ich frage Sie auch: Wo haben Sie öffentlich gegen die geplante drastische Kürzung der Forschungsmittel für die Fotovoltaik von 32,5 Millionen Euro auf nur noch 25 Millionen Euro protestiert? Dies ist doch genau das Gegenteil dessen, was man bräuchte, um die Solarstromkosten schneller senken zu können. Stattdessen beabsichtigt jetzt Schwarz-Gelb – das muss man laut sagen –, mehr Mittel für die Kernfusion bereitzustellen. Wie mit der Kernfusion, dem Traum aller Atomfans, der längst zu einem finanziellen Albtraum wurde, Strompreise gesenkt werden können, das wird für uns immer ein Rätsel bleiben.

Meine Damen und Herren, Frau Ministerin, hier ist Ihr Einsatz und auch der der Hessischen Landesregierung gefordert. Ich sage auch ganz deutlich: Dieser Einsatz kann nicht in der Beschaffung von Milliardengewinnen für RWE bestehen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Sie sprechen von einer Brückentechnologie, obwohl über diese Brücke ein Großteil der Bevölkerung überhaupt nicht gehen will. Sie sprechen von Brückentechnologie, obwohl zahlreiche Studien belegen, dass die Atomkraftwerke unnötig sind, ein Weiterbetrieb die Uranimportabhängigkeit weiter verstärkt und die strahlenden Atommüllmengen vervielfacht werden.

(Zuruf des Abg. Dr. Walter Arnold (CDU))

Sie sprechen von Brückentechnologie, obwohl Sie wissen, dass die Strompreise dadurch nicht fallen werden, da die wahren Abzocker in den Chefetagen der Stromkonzerne sitzen und nicht die erneuerbaren Energien die Preistreiber sind.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Dr. Walter Arnold (CDU))

Die wenigen Mehrkosten pro Haushalt und Monat – Sie wissen, es sind 2 ct/kWh – für die erneuerbaren Energien haben alleine im Jahr 2008 fossile Brennstoffe im Wert von 7,8 Milliarden Euro eingespart und Umwelt- und Gesundheitsschäden im Umfang von 9,2 Milliarden Euro vermieden. Dabei sind 280.000 Arbeitsplätze entstanden.

Sehr geehrte Frau Ministerin, Sie haben in Ihrer Regierungserklärung – ich habe mir auch die „FAZ“ herausgeholt; da gaben Sie ein Interview dazu – dargestellt, wir bräuchten eine Versorgungssicherheit, wir hätten Unternehmen, die einen großen Energiehunger hätten. Da steht zu lesen, ein großer deutscher Automobilhersteller benötige 300.000 MWh im Jahr, das seien 300 Millionen kWh, so viel, wie die privaten Haushalte usw. benötigten. Das alles hatten Sie eben dargestellt.

In Ihrer heutigen Regierungserklärung war auch zu hören, welchen Automobilkonzern Sie meinen. Sie sprechen von Opel. Frau Ministerin, schauen Sie einmal hin, welche Energieversorgung Opel zurzeit hat: 1999 wurde ein hochmodernes GuD-Kraftwerk mit einer elektrischen Leistung von 100 MWh dort installiert. Wärme wird ausgekoppelt, wird ebenfalls im Betrieb genutzt. Der Energieüberschuss, der entsteht, wird ins öffentliche Stromnetz eingespeist. Sie haben dort eine Anlage mit einem Wirkungsgrad von 88 Prozent stehen.

(Zuruf der Ministerin Silke Lautenschläger)

Ein Atomkraftwerk hat dagegen gerade einmal 31 Prozent und eine Menge Probleme.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

– Ein bisschen Nachhilfe muss sein; denn dieses Kraftwerk bei Opel produziert mehr als das, was Sie an Werten in Ihrem Interview in der „FAZ“ angegeben haben.

(Zuruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Gegenruf des Abg. Dr. Walter Arnold (CDU))

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie sprechen für das Atomkraftwerk Biblis, und Sie sprechen auch für das Kohlekraftwerk Staudinger von E.ON in Großkrotzenburg. Aber es ist doch absurd, wenn Sie sich heute hierhin stellen und sagen, Sie setzen konsequent auf die Einsparung fossiler Brennstoffe. Das ist klasse, aber Sie unterstützen gleichzeitig den Neubau eines Blocks 6 in Großkrotzenburg.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

8 Millionen t Kohlendioxid sollen dann künftig insgesamt an diesem Standort in die Luft geblasen werden. Aber das scheint für Frau Lautenschläger überhaupt kein Problem zu sein.

Ich hatte das Erlebnis einer besonderen Art.

(Zuruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Mir wurde die Vision von Frau Lautenschläger bekannt, wie diese 8 Millionen t Kohlendioxid entsorgt werden könnten. Es offenbarte sich am 24.02. in ihrer Einführungsrede in der Veranstaltung „Algen als Produzent“. Frau Lautenschläger träumte in ihrer Rede laut davon, die Staudinger-Emissionen durch Algen auffressen zu lassen.

Frau Lautenschläger, an dieser Stelle sei Ihnen gesagt: Hören Sie auf mit solchen Visionen, mit solchen Tagträumen. Weder ist eine sichere Lagerung von Kohlendioxid unter dem Meeresboden möglich, noch können diese 8 Millionen t pro Jahr als Algenfutter eingesetzt werden. Ich sage Ihnen auch: Ein Teilnehmer des Kongresses raunte recht vernehmlich bei der Vision von Frau Lautenschläger, dafür bräuchte die Ministerin eine Wasserfläche so groß wie das Saarland und Temperaturen wie in Indonesien.

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Ministerin, Visionen alleine genügen nicht. Es muss auch die Realität berücksichtigt werden, und das kann nur bedeuten: einen wirklichen Ausbau der erneuerbaren Energien in Hessen und keinen Block 6 von E.ON am Kraftwerkstandort Großkrotzenburg.

(Zuruf des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Meine Damen und Herren, es ist geradezu lachhaft, wenn Sie in Ihrer Regierungserklärung ankündigen, Sie wollen durch ein ganzes Baugebiet im Passivhausstandard zeigen, was heute schon möglich ist. Das ist doch alles nichts Neues. Das wird kommunal schon praktiziert. Da sind Kommunen schon viel weiter als Sie. Da werden Baugebiete schon für Passivhausbauweise ausgewiesen. Aber diese Kommunen brauchen gesetzliche Regelungen und Unterstützung an die Hand. Aber davor scheuen Sie zurück.

(Zuruf des Abg. Dr. Walter Arnold (CDU))

Im Übrigen sind Ihre Vorschläge, mit Verlaub, eine Ansammlung von Ideen, die Sie nicht selbst erfunden haben. Gerade da, wo wir GRÜNEN in der Mitverantwortung sind, wird vieles davon bereits umgesetzt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sehr geehrte Frau Ministerin, im Gegensatz zu Ihnen haben wir bereits einen Großteil unserer Vorstellungen in Form von mittlerweile vier hessischen Zukunftsenergie- und Klimaschutzgesetzen eingebracht. Drei davon befinden sich noch in der parlamentarischen Beratung. Es liegt an Ihnen, ob Sie aus Ihrer Politik der Ankündigungen und der Öffentlichkeitsarbeit eine Politik des Engagements und der Umsetzung werden lassen, indem Sie unsere Gesetzentwürfe unterstützen. Sie reden nur, Sie handeln nicht. Das ist der große Vorwurf, den wir Ihnen machen.

Frau Ministerin Lautenschläger, Ihre Regierungserklärung ist tatsächlich eine Bilanz des Scheiterns. Sie erschöpft sich in Ankündigungen, in vielen weit ausführenden, bunten Broschüren, aber da, wo tatsächlich Handlungsmöglichkeiten im Lande Hessen bestehen, ducken Sie sich weg. Sie haben in der Energie- und Klimaschutzpolitik bisher auf ganzer Linie versagt. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Vizepräsident Lothar Quanz:

Vielen Dank, Frau Kollegin Hammann.