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30.05.2012

Ursula Hammann: Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Hessisches Energiezukunftsgesetz

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Ministerin Puttrich, ja, es geschieht etwas. Nach sehr vielen Jahren des Redens haben wir endlich einen Gesetzentwurf dieser Landesregierung im Bereich der Energien. – Frau Ministerin, ich würde Sie bitten, dass Sie mir vielleicht zuhören, wenn ich Sie persönlich anspreche.

Aber, Frau Ministerin, es ist doch so, dass Sie hinter dem zurückbleiben, was wirklich machbar wäre, selbst hinter dem, was der Energiegipfel Ihnen im Konsens aufgeschrieben hat. Wir bedauern es. Wir hatten in der letzten Plenarrunde schon eine Diskussion. Wir haben schon auf einige Bereiche hingewiesen, wo wir Änderungsbedarf in einem Energiezukunftsgesetz als notwendig angesehen haben. Das Gesetz hat wirklich einen ganz besonderen Namen. Unter diesem Namen muss sich natürlich etwas Positives verbergen. Wir sagen, dass das, was sich darunter verbirgt, etwas ist, das in vielen Bereichen schon im jetzigen Hessischen Energiegesetz festgelegt und festgeschrieben ist, was man heute schon umsetzen könnte.

Wer sich das einmal kritisch anschaut und das jetzt bestehende Gesetz mit dem vergleicht, was Sie vorgelegt haben, wird nicht sehr viel Neues wiederfinden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Timon Gremmels und Gernot Grumbach (SPD))

Deshalb bleibe ich bei meiner Aussage: Es ist und bleibt ein Schmalspurgesetzentwurf. Er bleibt einfach hinter dem zurück, was wirklich notwendig ist. Ich glaube auch nicht, dass es damit zu dem notwendigen Ruck kommen würde, den wir alle für den Energiebereich wirklich erhoffen. Möglicherweise liegt es aber auch daran, dass Ministerpräsident Bouffier hier offensichtlich die Augen verschließt.

(Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD))

Er war auf dem Energiegipfel der Bundeskanzlerin Merkel. Danach gab es eine Presseberichterstattung, der zufolge er sagte:

Bouffier warnte vor schneller Lösung bei Energiewende.

Dann wird da geschrieben, Hessens Regierungschef Volker Bouffier habe vor schnellen Lösungen bei der Energiewende gewarnt. Der Erhalt des Wohlstandes bleibe das Maß der Dinge, soll er am Mittwochabend in Wiesbaden gesagt haben. Das war ein Onlinebericht von 23. Mai 2012.

Wir GRÜNE sagen Herrn Bouffier jedoch:

Die Energiewende ist nicht eine Gefahr für den Wohlstand, sondern sie sichert den zukünftigen Wohlstand.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN sowie der Abg. Timon Gremmels und Gernot Grumbach (SPD))

Es irritiert mich schon, dass ich einer anderen Veröffentlichung in der Presse wiederum finden muss, dass Herr Bouffier den Wildwuchs bei der Energieerzeugung beklagt. Ich möchte hier etwas aus der „Wetzlarer Neuen Zeitung“ vom 24. Mai 2012 zitieren. Da steht geschrieben – das ist die Aussage des Herrn Ministerpräsidenten Bouffier –, seit Abschluss des Atomausstiegs laufe ein Wettbewerb darum, wer am schnellsten die Wende vollziehe.

„Das könne nicht das Ziel sein“, kritisierte der Hessische Ministerpräsident. Ein Wettlauf um alternative Energien führt zu nichts, wenn ich nicht weiß, wohin es gehen soll.

(Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU))

Hier tritt ein Ministerpräsident ganz bewusst auf die Bremse.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der LINKEN – Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU))

– Doch, das muss man wirklich so sagen. – Es ist doch allen bekannt, dass es nach dem Energiegipfel eine große Übereinstimmung dahingehend gibt, dass die Energiewende so schnell wie möglich vollzogen werden muss. Nur dieses schnelle Vollziehen sehen wir in vielen Teilen nicht nur von Herrn Bouffier, sondern leider auch auf der Bundesebene in vielen Teilen ausgebremst.

(Zuruf des Abg. Holger Bellino (CDU))

Sie brauchen sich doch nur einmal anzuschauen, was auf dem Energiegipfel herausgekommen ist, den Bundeskanzlerin Merkel einberufen hat. Für uns war es eine Offenbarung des Versagens.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir mussten doch erkennen, dass es überhaupt keine Entscheidung in der Frage gegeben hat, wie die Energiewende bundesweit beschleunigt werden kann. Ich möchte sogar die Kritik anbringen, dass man sich noch nicht einmal Gedanken darüber gemacht hat, wie man das Problem im Hinblick auf das löst, was auf Ebene der Europäischen Union schon längst Beschlusslage ist und was man auf Bundesebene noch nicht umsetzen will, ja, was man sogar blockiert. Ich möchte Sie daran erinnern, dass es die Energieeffizienzrichtlinie der Europäischen Union gibt, deren Umsetzung von der Bundesregierung immer noch massiv gebremst wird.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Timon Gremmels (SPD) und Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Wir haben immer noch keine Einigung zwischen dem Bund und den Ländern, wie die Förderung der energetischen Sanierung der Gebäude aussehen soll. Hier gibt es immer noch keinen durchschlagenden Erfolg. Hier hat die Bundesregierung noch kein Einlenken gezeigt und gesagt, wie man das Ganze umsetzen könnte. Da müssen wir aber doch ansetzen, da wir wissen, wie schnell die Sanierungsquote erreicht werden soll und wie hoch die Sanierungsquote sein wird.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Timon Gremmels (SPD))

Ich möchte noch auf einen weiteren Punkt zu sprechen kommen. Beim Netzausbau, dessen Ertüchtigung und der Netzinfrastruktur müssen wir doch erkennen, dass auf Bundesebene dem Ganzen bislang wirklich tatenlos zugesehen wird. Es passiert doch rein gar nichts. Auch bei den Speichertechnologien sehen wir, dass es da überhaupt kein Fortkommen gibt. Meine Damen und Herren, das wissen Sie doch auch: Der Ausbau der Nutzung der erneuerbaren Energien wird doch sogar noch blockiert.

Wir sehen das doch bei der Nutzung der Solarenergie ganz deutlich. Die überzogenen und überhasteten Kürzungen haben doch zu einer großen Verunsicherung bei denjenigen geführt, die investieren wollen. Auch der Solarindustrie in Deutschland hat das massiv geschadet. Sie haben der Solarindustrie in die Kniekehle getreten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Timon Gremmels und Petra Fuhrmann (SPD))

Es ist aber nicht nur die Bundesebene, die Probleme im Hinblick auf den Ausbau der Nutzung der erneuerbaren Energien und im Hinblick auf die Energiewende hat. Ich muss da nur nach Hessen schauen. Dann kann ich sehen, wer da die Blockade betreibt.

Diejenigen, die verhindert haben, dass auf dem Energiegipfel auch der Verkehr behandelt wurde, also dessen Verbrauch an Energie, haben eine falsche Entscheidung getroffen. Die, die falsche Entscheidung getroffen haben, sitzen eindeutig auf der Seite der FDP-Fraktion.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Es ist doch erkennbar, dass sich die FDP in diesem Bereich wirklich als Bremser hervorgetan hat. Ich brauche da nur in das Ministerium für Wirtschaft und Verkehr zu gucken. Herr Kollege Rock, seit März 2012 werden die Regionalen Energiekonzepte für die Regionalplanung in den Regionen Nord-, Mittel- und Südhessen angekündigt. Gibt es sie heute schon? – Nein, da besteht ein Defizit. Da wird blockiert und gebremst. Die Regionalen Energiekonzepte gibt es bis heute noch nicht.

In der Hessischen Gemeindeordnung wurde das durch die FDP so schlecht reguliert, dass die Kommunen gar nicht in die Lage versetzt wurden, den Ausbau der Nutzung der erneuerbaren Energien eigenständig zu forcieren. Das war eine krasse Fehlentscheidung, die hier erfolgt ist. Ich bedaure sehr, dass sich die FDP so verhalten hat.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Petra Fuhrmann (SPD) und Janine Wissler (DIE LINKE))

Es zeigt sich für uns ganz deutlich, dass sich zahlreiche wichtige Bereiche in dem Gesetzentwurf, der jetzt vorgelegt wurde, nicht wiederfinden. Die hauptsächliche Blockade erfolgt vonseiten der FDP. Ich hätte mir wirklich gewünscht, dass Herr Bouffier dies zur Chefsache gemacht hätte. Wer die Energiewende will, muss sich massiv dafür einsetzen. Er kann es nicht dem kleineren Koalitionspartner überlassen, wie die Energiewende in Hessen zu vollziehen ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der SPD: Er will sie doch gar nicht!)

Meine Damen und Herren, ich möchte Sie noch einmal auf Folgendes aufmerksam machen: In dem Energiegesetz, das uns jetzt als Entwurf vorgelegt wurde, gibt es nur Absichtserklärungen. Aber Absichtserklärungen werden die Energiewende nicht wirklich weiter bringen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Timon Gremmels und Petra Fuhrmann (SPD))

Wir brauchen die Novelle des Hessischen Landesplanungsgesetzes hinsichtlich der konkreten Festschreibung der 2 Prozent Landesfläche für den Ausbau der Windkraftanlagen. Es fehlt immer noch die Novelle der Hessischen Bauordnung. Das Stichwort dazu lautet: Statik für Solaranlagen auf den Hallendächern der Industrie. Dabei war das auf dem Energiegipfel Konsens.

Es gibt keine Aussagen zur Netz- und zur Energiespeicherentwicklung. Es gibt keine Zwischenschritte für die Jahre 2020 und 2030, die zeigen, wie das Ziel bis zum Jahr 2050 erfüllt werden kann.

Es sind noch viele Defizite zu beseitigen. Ich setze auf die Anhörung. Die Landesregierung hat sich das Ziel gesetzt, die Energiewende in Hessen umzusetzen. Ich hoffe darauf, dass sich das nach der Anhörung dann auch im Gesetzentwurf wiederfinden wird. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Vizepräsident Heinrich Heidel:

Frau Kollegin Hammann, schönen Dank.