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16.06.2009
Portraitfoto von Tarek Al-Wazir vor grauem Hintergrund

Tarek Al-Wazir zur Änderung des Privatrundfunkgesetzes

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich weiß, dass wir jetzt den letzten Tagesordnungspunkt für heute behandeln. Ich weiß auch, dass die Mitglieder der Regierungsfraktionen genauso wie die Mitglieder der Oppositionsfraktionen jetzt gerne diesen Raum verlassen würden.

Aber ich muss Ihnen eines sagen. Frau Kollegin Wolff, Herr Kollege Rentsch, Sie haben das war zwar in recht freundlichem Ton vorgetragen, aber das, was Sie in der Sache gesagt haben, entspricht – mit Verlaub – leider nicht dem Inhalt dessen, was hier als Gesetzentwurf vorliegt.

Ich will Ihnen sagen, warum wir das hier überhaupt debattieren. Wir debattieren das hier, weil im Jahr 2000 der Abg. Volker Hoff zwischen der zweiten und der dritten Lesung der Novelle des Gesetzes über den Hessischen Rundfunk mit Schaum vor dem Mund die Möglichkeit gesehen hat, die SPD einmal so richtig zu ärgern.

(Zuruf des Abg. Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU))

– Doch, das war so. Ich kann mich an die Debatte ziemlich genau erinnern. Man wollte die SPD einmal so richtig ärgern. Damit ist man dann aber leider auf die Nase gefallen, weil man schlichtweg verfassungswidrig gehandelt hat.

Ich finde, die Herren der FDP in diesem Hause müssten eigentlich heute noch vor Scham im Boden versinken, denn das Bundesverfassungsgericht hat ihnen gesagt, sie hätten in die Freiheit des Eigentums eingegriffen und damit verfassungswidrig gehandelt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Das traut man höchstens Willi van Ooyen zu. Aber nein, es waren die Herren aus der FDP, die so handelten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Ich finde, wenn man einmal so richtig daneben gelegen hat, dann sollte man auch die Größe haben, den Fehler einzugestehen und daraus die richtigen gesetzgeberischen Konsequenzen ziehen. Liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU und der FDP, es ist nicht sinnvoll, hier erneut einen solchen Gesetzentwurf verabschieden zu wollen, weil man einfach nicht die Größe hat, zu sagen: Wir lagen falsch und haben es jetzt verstanden. – Da soll weiterhin etwas neu geregelt werden, was im Zweifelsfall erneut vor dem Bundesverfassungsgericht landet, und zwar unabhängig davon, wie die Hessische Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien entscheidet, also unabhängig davon, ob sie nun entscheidet, es ist zulässig oder es ist nicht zulässig.

Wenn man so etwas sehenden Auges zum zweiten Mal macht, dann ist das keine Gradlinigkeit. Vielmehr ist das schlichtweg Sturheit. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sturheit ist in aller Regel nicht die richtige Leitlinie für politisches Handeln.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Lothar Quanz (SPD))

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich finde, die Tatsache, dass es Ihnen nicht um die Freiheit und nicht um die Unabhängigkeit des Rundfunks gegangen ist, erkennt man schon daran, dass im Jahr 2000 diese Angelegenheit an eine Veränderung des Gesetzes über den Hessischen Rundfunk angehängt wurde, die auch einen bestimmten Zweck verfolgte, aber nicht den, die Unabhängigkeit des Rundfunks zu stärken. Das wissen alle, die wissen, worüber ich rede, sehr genau.

Ich glaube, dass wir jetzt wirklich kurz davor sind, erneut einen Fehler zu begehen. Ich finde, die Mehrheit dieses Hauses sollte diesen Fehler nicht begehen.

Ich finde, dieses Parlament würde einen großen Fehler begehen, wenn die Mehrheit in die alte Arroganz der Zeit vor 2008 zurückfallen würde. Die Tatsache, dass dieses Gesetzesvorhaben jetzt erneut so beschlossen werden soll, zeigt für mich den Rückfall in genau diese Arroganz. Das macht, erstens, keinen Spaß. Das ist, zweitens, der Sache nicht zuträglich. Liebe Kolleginnen und Kollegen der Union, Sie sollten sich, drittens, das Ergebnis der letzten Landtagswahl anschauen. Dann würden Sie erkennen, dass Ihnen das auch nichts nützt.

Im Übrigen darf ich einmal die Debatte von heute bis zum Jahr 2000 zurückverfolgen. Die SPD war im Jahr 2000 der Auffassung, es dürfe eigentlich gar keine Beschränkung geben. Vor ein paar Jahren war sie der Auffassung, mehr als die Hälfte der Anteile wolle sie nicht mehr halten. Dieses Mal hat sie einen Änderungsantrag eingebracht, in dem steht: 15 % sind okay, alles darüber ist nicht statthaft. Selbst eine Beteiligung unter 15 Prozent sollte demnach nicht statthaft sein können, wenn der Teilhaber in irgendeinem Programmausschuss sitzt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die SPD hat also doch auch gemerkt, dass man da Transparenz herstellen und sich selbst beschränken muss.

Im Übrigen kann es mit der Macht der SPD hinsichtlich der Meinungen, die Sie immer beschreien, auch nicht so weit her sein. Das erkennen Sie, wenn Sie sich die letzten Wahlergebnisse anschauen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Ich will niemanden ärgern. Ich wollte nur darauf hinweisen.

(Zurufe von der SPD)

Insofern sollten Sie sich einen Ruck geben und feststellen, dass Sie die Kraft haben müssen, hier zu sagen, dass Sie im Jahr 2000 danebengelegen haben. Wenn man schon einmal daneben gelegen hat, dann sollte man es nicht zweimal falsch machen. – Vielen Dank.

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