Inhalt

18.02.2009
Portraitfoto von Tarek Al-Wazir vor grauem Hintergrund

Tarek Al-wazir und Mathias Wagner zur Regierungserklärung

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Koalitionsvertrag, der die Grundlage des Regierungsprogramms ist, das heute hier vorgestellt wurde, ist schon eine ziemlich uninspirierte Aneinanderreihung vieler kleiner einzelner Punkte, mit denen unserer Ansicht nach auf die entscheidenden Fragen keine Antworten gegeben werden. Lieber Herr Ministerpräsident, mit der Regierungserklärung haben Sie heute noch einen draufgesetzt. Ich glaube, das, was wir heute hier erlebt haben, war der Beweis, dass dieser Koalition und damit auch dieser Landesregierung nichts Neues mehr einfällt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Herr Ministerpräsident, während der fast 90 Minuten Ihrer Rede habe ich die ganze Zeit gedacht, jetzt müsste doch langsam irgendwann einmal irgendetwas kommen. Sie waren gerade fertig, da kam tatsächlich etwas herein, nämlich die Meldung von „dpa“, dass Frau Merkel plant, Sie als Kommissar der Europäischen Union nach Brüssel zu schicken. Ich habe jetzt endlich verstanden, was die Rede sollte. Das war 90 Minuten lang der Ruf: Ich bin ein Ministerpräsident – holt mich hier raus.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Herr Koch, was in den 90 Minuten Ihrer Rede noch gefehlt hat, war das Bekenntnis, dass die hessische Mittelgebirgslandschaft ebenfalls erhalten bleibt.

Allerdings enthielt die Rede wirklich keine Antwort auf die vier entscheidenden Fragen. Herr Koch, nach all dem, was Sie hier angekündigt haben, müssen Sie dann auch folgende Fragen beantworten: Wer hat im Februar 1999 eigentlich die Wahl gewonnen? In welchem Monat und in welchem Jahr befinden wir uns heute? Liebe Kolleginnen und Kollegen, als Konsequenz daraus müssten Sie sich dann fragen: Wer regiert hier eigentlich seit zehn Jahren?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen bewerten wir das, was Sie in dem Koalitionsvertrag aufgeschrieben haben und das, was Sie uns hier vorgetragen haben, genauso wie das, was Sie in den nächsten Monaten und Jahren machen werden. Wir werden das anhand vier entscheidender Fragen bewerten.

Erstens. Werden die nächsten fünf Jahre endlich den dringend notwendigen Aufbruch in der Bildungspolitik bringen?

Werden die nächsten fünf Jahre endlich zu einer anderen Energiepolitik in diesem Bundesland führen?

Wird die sich abzeichnende Krise endlich dazu genutzt – ich darf das einmal so sagen –, dass die CDU-geführte Regierung erkennt, dass Gerechtigkeit und Teilhabechancen aller nicht nur auf dem Papier aufgeschrieben sein müssen. Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, vielmehr muss da real etwas geschehen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Werden die Investitionen in der Krise dazu genutzt, eine wirklich zukunftsfähige Wirtschaftspolitik zu machen?

Aus unserer Sicht sind das die vier entscheidenden Fragen. Liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU und der FDP und liebe Mitglieder der Hessischen Landesregierung, bisher haben Sie auf diese vier Fragen keine Antwort gegeben. Auch der heutige Tag hat uns hinsichtlich dieser Fragen leider nicht weitergebracht.

Als erste Reaktion auf den Koalitionsvertrag haben wir gesagt: Diese Regierung ist inhaltlich schon ausgebrannt, bevor sie ins Amt kommt. – Das konnte man heute auch an der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten erkennen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Bei der Bildungspolitik fehlt Ihnen der Mut, neue Wege zu beschreiten. Der neue Weg geht genau nicht in Richtung Schulkampf. Liebe Kolleginnen und Kollegen, vor allem der Union, der neue Weg besteht genau darin, vielleicht auch einmal zu erkennen, dass man jahrelang auf dem Holzweg war.

Herr Ministerpräsident, am 9. April 2008 haben wir von Ihnen von diesem Pult aus gehört, dass Sie Hessen zum Musterland hinsichtlich der Nutzung erneuerbarer Energien machen wollten. Übrig geblieben ist eine Beschleunigung des Genehmigungsverfahrens für den Bau des großen Kohlekraftwerks Staudinger.

Wir haben die Situation, dass wir die reale Sozialpolitik weiterhin mit der Lupe suchen müssen. Wir sind jetzt das einzige Bundesland – ich wiederhole, das einzige Bundesland –, das kein Ministerium mehr hat, das die Bezeichnung „Sozial“ im Namen hat. Das ist kein Zufall.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Es ist Ausdruck einer inneren Haltung. Wir werden, wenn es um die Frage der Geschäftsverteilung dieser Landesregierung geht, noch einmal hier in diesem Parlament eine Debatte haben. Ich kann die Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP und die Landesregierung nur dringend bitten, diesen Fehler rückgängig zu machen, bevor er am Ende dazu führt, dass neue Schilder hergestellt und angeschraubt werden. Es ist ein Fehler. Es gibt kein Bundesland, es gibt auch kein Bundesministerium, in dessen Titel das Wort „Soziales“ nicht vorkommt. Meine sehr verehrten Damen und Herren, machen Sie diesen Fehler rückgängig.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Wir haben bei den Investitionen – ich komme noch sehr ausführlich zum Konjunkturprogramm – weiterhin vor allem den Begriff „Beton ausgießen in der Landschaft“ als Krönung von dem, was in der Wirtschaftspolitik verstanden wird. Das ist aus unserer Sicht weit unter den Möglichkeiten Hessens. Wo wir ebenfalls weit unter den Möglichkeiten in Hessen bleiben, ist der Punkt, dass es weiterhin keinerlei Verzahnung von Umwelt- und Wirtschaftspolitik gibt. Sehr verehrte Damen und Herren, das ist im Jahre 2009 schlicht vorgestrig – leider, müssen wir sagen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es war so, dass wir schon befürchtet haben, dass die neue rechnerische Stärke der FDP nicht dazu führt, dass sich irgendetwas ändert. Wenn Sie sich aber diesen Koalitionsvertrag durchlesen, dann stellen Sie fest, das einzig Neue ist, dass drei Minister jetzt ein gelbes statt ein schwarzes Parteibuch haben. Das ist zu wenig, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es wird so sein, dass übermorgen die FDP-regierten Länder das Konjunkturpaket der Großen Koalition durchwinken werden. Es gilt der alte Satz: Die FDP war im Preis nicht zu unterbieten – sie hatte keinen.

(Widerspruch des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Machen Sie etwas aus Ihrer Stärke, und zwar bitte nicht in der Form, dass Ihr Männerklub jetzt die Aufhebung des Rauchverbots im Plenum beantragt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP) und des Ministers Jörg-Uwe Hahn (FDP))

Wissen Sie, unser Problem ist doch, dass das einzig wirklich Neue, das wir in den letzten Wochen erlebt haben, die Tatsache ist, dass es innerhalb der Union die Erkenntnis gibt, dass es dieses Weiter so, was an dieser Regierung und an diesem Koalitionsvertrag sehr deutlich wird, eigentlich nicht geben kann. Vier Stimmen weniger bei einer Ministerpräsidentenwahl – das hat es in Hessen noch nicht gegeben. Dass dann zur Erklärung eine Durchstoßlegende erfunden wurde, hat es auch noch nicht gegeben.

(Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, dass die ganze Familie eines ehemaligen Ministers aus der Partei austritt, ist auch etwas Neues.

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Es zeigt sich, dass es offensichtlich Menschen gibt, die verstanden haben, dass ein Weiter so nicht funktioniert und dass ein Weiter so auf lange Sicht auch nicht möglich ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Allerdings haben wir heute davon noch nichts gemerkt. Herr Ministerpräsident, Sie haben vor der Wahl angekündigt, dass es eine personelle Erneuerung der Hessen-CDU geben soll. Wir glauben nicht, dass Clemens Reif Teil davon ist, aber das entscheiden Sie selber.

(Beifall und Heiterkeit bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Ich glaube allerdings, es ist jetzt wirklich an der Tagesordnung, dass sich auch die Union einmal überlegen sollte, wo denn die neuerlichen Verluste bei einer Landtagswahl herkommen, wenn man schon bei der Wahl davor verloren hat. Man soll nicht ständig erklären, dass man der Gewinner der Wahl ist, nur weil die anderen noch mehr verloren haben, sonst ist man irgendwann auf dem Niveau der Bayern-SPD.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir glauben – um in die einzelnen Themenfelder zu kommen –, dass wir in diesem Bundesland dringend einen Aufbruch in der Umwelt- und Energiepolitik brauchen. Wir glauben das auch in der Krise gerade deshalb, weil dieser Bereich einer der wenigen Bereiche ist, die jetzt noch zusätzliche Arbeitsplatzchancen haben und zusätzliche Arbeitsplätze schaffen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, dass es wirklich an der Zeit ist, dass Sie sich von Ihren Vorstellungen einer Energiepolitik von vorgestern verabschieden und endlich die Chance nutzen, die in einer Energiewende liegen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Ich finde es interessant, dass das Ministerium wieder „Umwelt und Energie“ heißen soll. Das ist übrigens nichts Neues, Herr Ministerpräsident. Das war 1991 unter einem gewissen Joschka Fischer erstmals so. Die „Energie“ hat eine CDU mit absoluter Mehrheit im Jahre 2003 herausgeholt. Das nur zur Vollständigkeit.

Ich glaube, dass Sie jetzt wirklich etwas aus dem machen müssen, was Sie an Wählerauftrag haben. Wir GRÜNE finden, dass es angesichts des sich verschärfenden Klimawandels, dass es angesichts eines Auf und Ab auf den Energiemärkten, dass es angesichts einer stetig schwieriger werdenden Ressourcenverknappung für alle, die immer noch in ihren ideologischen Schützengräben hocken, an der Zeit ist, da herauszukommen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn wir heute lesen können, dass es eine CDU-FDP-Mehrheit im Planungsverband jetzt geschafft hat, von ursprünglich 66 Windvorranggebieten im Bereich des Planungsverbandes am Ende auf sage und schreibe fünf herunterzuschrauben, dann zeigt das sehr deutlich, dass Sie immer noch nicht von dem Baum herunterkommen, auf den Sie sich selbst getrieben haben, als Sie das Ganze „Windkraftmonster“ genannt haben. Hören Sie endlich mit dieser ideologischen Politik auf und kümmern Sie sich um reale Problemlösungen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Lachen des Ministers Jörg-Uwe Hahn)

Wir glauben, dass es in der Bildungspolitik eine Chance gibt. Ich finde es interessant, dass der Kollege Rentsch offensichtlich seiner eigenen Propaganda aufgesessen ist. Wir haben in der Bildungspolitik im Koalitionsvertrag, den wir ausgehandelt haben, den Schulkampf beendet, liebe Kolleginnen und Kollegen,

(Minister Jörg-Uwe Hahn: Na!)

weil wir nämlich dafür gesorgt haben, dass es genau die Zwangsbeglückung nicht mehr geben soll, und gleichzeitig, wenn eine Fortentwicklung vor Ort gewünscht ist, diese Fortentwicklung auch stattfinden kann.

Wir haben mit Interesse gelesen, dass Sie die 105 % Lehrerversorgung, die selbstständige Schule und die Verkleinerung der Klassen mehr oder weniger deckungsgleich mit dem gemacht haben, was im Koalitionsvertrag stand, den wir ausgehandelt haben. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, was Sie allerdings nicht geschafft haben, ist, die andere große Volkspartei von ihren Zwangsbeglückungsvorstellungen zu heilen. Insofern kann ich nur sagen: Sie sind auf einem Weg, der Chancen bietet. Was aber am Ende dabei herauskommt, hängt davon ab, ob die FDP in der Lage ist, in einen Konflikt mit den schulpolitischen Ideologen in der CDU zu gehen und dann diesen Konflikt zu gewinnen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich sage ausdrücklich: Da, wo Sie Richtiges vorhaben, werden wir Sie unterstützen. Bei Selbstständigkeit von Schule, bei der Frage 105 % Lehrerversorgung, bei der Frage, dass man endlich im Bereich des Islamunterrichts oder der islamischen Religionsstunde zu Fortschritten kommt, haben Sie uns an Ihrer Seite – aber erst dann, wenn real etwas passiert, und nicht dann, wenn man irgendetwas in die Welt setzt und vor den Irmers dieser Welt einknickt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Sehen Sie, dass Sie mit Ihrer Kinderschule am Ende scheitern, war relativ klar. Wir glauben, dass es bei der Frage, wie das letzte Kindergartenjahr besser werden kann und besser zur Schule hinführt, auch Diskussionsbedarf gibt und wir Vorstellungen haben, die in Richtungen gehen, wo wir in gemeinsamen Diskussionen sicherlich weiterkommen können. Nur werden wir irgendwann einmal die spannende Frage stellen, was Sie tun, um das letzte Kindergartenjahr, um Kindergärten, um Träger, um Kommunen dabei zu unterstützen, die Voraussetzungen dafür zu schaffen. Aber immer irgendetwas postulieren und dann die Menschen damit alleine lassen – das ist nicht der Punkt, der am Ende die frühkindliche Bildung in Hessen weiterbringt. Darauf sollte es uns eigentlich ankommen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir vermissen bei G 8, dass Sie die Offenheit haben, auch zu prüfen, ob die Verkürzung in der Mittelstufe nicht ein Fehler war, und wir nicht überlegen können, ob wir die Schulzeitverkürzung nicht auch in der Oberstufe hinbekommen können – zumindest prüfen hätte man es einmal können. Wir werden jedenfalls in diese Richtung weiterdenken, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Wir glauben auch, wenn es um Ganztagsschulen geht, müssen wir dazu kommen, dass es mehr als eine freiwillige Betreuungsmöglichkeit an Schulen ist, die bisher in der Koalitionsvereinbarung steht. Das heißt, wir glauben, dass es in der Bildungspolitik jetzt wirklich nötig ist, dass man nach zehn Jahren CDU-Politik zu realen Verbesserungen kommt. Wir werden Sie an Ihren Ergebnissen messen.

Jetzt setzt sich der Kollege Hahn dorthin, wo ich ihn gewohnt bin – herzlich willkommen!

(Zuruf des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP))

– Von dort aus dürfen Sie auch dazwischen rufen.

(Zuruf des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP))

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bei der Sozialpolitik haben wir beim Namen des Ministeriums schon den ersten Fehlstart. Wir meinen, wenn man sich die gesamten Vereinbarungen zur Sozialpolitik durchliest, dann ist der fehlende Name dieses Ministeriums ein Beispiel dafür, was in diesen Vereinbarungen nicht enthalten ist. Aktive Sozialpolitik kommt dort nicht vor.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn Sie sich die Vereinbarungen zur Gesundheitspolitik durchlesen, wenn Sie suchen, ob dort irgendetwas zur Armutsprävention steht, dann werden Sie nicht fündig werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir glauben, gerade in der Krise kommt es darauf an, Gerechtigkeit wirklich breit zu buchstabieren. Wenn es um Gerechtigkeit, um Teilhabe geht, darf man nicht nur sonntags darüber reden, sondern man muss montags bis freitags dafür handeln.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, gerade wenn es um aktive Arbeitsmarktpolitik geht, hätten wir uns gewünscht – und wir werden Sie daran erinnern –, dass man auch als Land etwas dafür tun muss und nicht nur darüber reden darf.

Herr Ministerpräsident, es ist schon einige Jahre her, dass Sie mit großen Ideen von einer Reise nach Wisconsins zurückkamen. Wenn Sie sich heute die Arbeitsmarktstatistik anschauen und sehen, wo Hessen im Vergleich mit anderen Bundesländern steht, wenn Sie sich anschauen, dass wir 13 Gebietskörperschaften in Optionskommunen haben, 13 in Arbeitsgemeinschaften, dann ist es wirklich an der Zeit, einmal zu prüfen, was dabei eigentlich herausgekommen ist.

(Marcus Bocklet (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Bravo!)

Wir meinen, man muss hier völlig unideologisch einmal die Frage stellen, ob das, was in den letzten Jahren dort passiert ist, wirklich überall funktioniert hat. Dort, wo es nicht funktioniert hat, müssen wir es anders machen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Denn Hessen ist hier in den letzten Jahren zurückgefallen. Wir befinden uns gerade in einer Situation, in der von einem Monat auf den anderen – nämlich von Dezember auf Januar – die Erwerbslosenzahl um sage und schreibe 10 % gestiegen ist. Deshalb finden wir, spätestens jetzt ist es an der Zeit, sich Gedanken zu machen, wie eine funktionierende aktive Arbeitsmarktpolitik des Landes Hessen aussehen muss, wenn wir unserer Verantwortung gerade in Zeiten wie diesen – liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union – gerecht werden wollen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben – Herr Hahn, schön dass Sie da sitzen – zwar einen liberalen Justizminister, aber keinen liberalen Aufbruch in der Innen- und Rechtspolitik dieses Landes.

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP) und des Ministers Jörg-Uwe Hahn (FDP))

– Doch, ich habe ihn genau gelesen. Sie lassen sich jetzt dafür feiern, dass die verfassungswidrigen Zustände bei der Kennzeichenerfassung beseitigt werden. Aus meiner Sicht ist das eine Selbstverständlichkeit, aber kein Verdienst der FDP.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich denke an die Datenschutzskandale, an staatliche Eingriffe in die informationelle Selbstbestimmung. Ich denke, dort müssen wir dafür sorgen, dass der Staat seine Aufgaben erfüllen kann, aber eben nicht zu viel macht. Das gilt nicht nur in der Wirtschaftspolitik, sondern das gilt gerade in der Innen- und Rechtspolitik. Wir werden ganz besonders darauf schauen, ob das, was die FDP immer vor sich herträgt, in der Realität irgendeine Rolle spielen wird.

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Lieber Kollege Hahn, die Integrationspolitik werden wir

(Zuruf des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP))

unterstützen – wenn etwas Positives kommt, aber wir werden auch auf die Leerstellen hinweisen.

(Zuruf des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP))

– Die meine ich jetzt nicht mit h, sondern mit Doppel-e.

(Zuruf des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP))

Insofern weisen wir aus gutem Grund darauf hin, dass Integration mehr ist als Spracherwerb.

(Zuruf des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP))

Integration bedeutet eine Veränderung der Sozialpolitik und der Wirtschaftspolitik. Integration ist nicht nur ein Problem, sondern in der Integration liegen auch Chancen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und demonstrativer Beifall bei der FDP sowie Beifall des Abg. Horst Klee (CDU))

– Sehr gut. Herr Kollege Hahn, in der Koalitionsvereinbarung haben wir leider nichts dazu gefunden, dass Mehrsprachigkeit auch eine Chance sein kann.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP))

– Genau. Insofern hoffen wir, dass in der realen Politik am Ende mehr herauskommt, als jetzt in der Koalitionsvereinbarung steht.

Meine Damen und Herren, in der Wirtschafts- und in der Verkehrspolitik wird es allerdings ganz bitter. Dort feiert die Ideologie von möglichst viel Beton fröhliche Urständ.

Herr Ministerpräsident, an der Frage des Ausbaus des Frankfurter Flughafens und an der Haltung zum Nachtflugverbot wird relativ deutlich, was hier geschieht. Den Wald roden oder das Camp räumen – das geht auf der Grundlage einer Eilentscheidung, vor einer Entscheidung in erster Instanz. Aber das Nachtflugverbot einführen und seine eigenen Versprechen einhalten – das geht angeblich nicht.

Da merken Sie doch selbst, dass hier irgendetwas nicht zusammenpasst.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, an der Frage des Nachtflugverbots wird relativ deutlich, dass Sie mit Ihren eigenen Versprechen von früher heute nichts mehr zu tun haben wollen.

Ich erinnere mich daran, wie Sie den Koalitionsvertrag gegeißelt haben, wie Sie im Oktober darüber geredet haben, dass wir in einem ergänzenden Verfahren zum Planfeststellungsbeschluss ein Nachtflugverbot einführen wollen und wie Sie erklärt haben, dass das alles nicht geht und angeblich rechtswidrig sei. Wenn ich dann lese, was der Verwaltungsgerichtshof dazu gesagt hat, dann kann ich nur sagen: Alles, was CDU und FDP hier erklärt haben, ist schlicht falsch. Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen wollen weiterhin kein Nachtflugverbot einführen, obwohl der VGH ausdrücklich gesagt hat, dies geht im Wege der Planergänzung. Denn Ihnen sind die Interessen der Luftverkehrswirtschaft schlicht wichtiger als die Interessen der Anwohnerinnen und Anwohner und ihre eigenen Versprechungen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, deswegen werden wir Sie an diesem Punkt nicht aus der Verantwortung lassen, sondern wir werden jeden Tag auf das hinweisen, was Sie wollen, was Sie einmal versprochen haben, was Sie jetzt nicht machen und wessen Lied Sie singen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, deswegen finde ich es schon ein geradezu dreistes Stück, dass die hessische Polizei am Tage dieser Regierungserklärung die letzten Reste des Kelsterbacher Waldes mit der Begründung räumen lässt,

(Zuruf des Abg. Leif Blum (FDP))

mit der Erklärung, jetzt wird alles abgeräumt, Sie aber gleichzeitig weiterhin nicht willens sind, Ihr eigenes Versprechen eines Nachtflugverbots umzusetzen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Wir leben in den Zeiten einer Wirtschaftskrise. Wir werden auch weiterhin darauf hinweisen, wessen Rezepte uns eigentlich in diese Wirtschaftskrise geführt haben.

(Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Wir setzen uns weiterhin mit dem Konjunkturprogramm von Bund und Land auseinander.

Lieber Kollege Rentsch, ich sage ausdrücklich – und das gehört zum neuen Stil –: Wenn irgendetwas richtig gemacht wird, so haben wir kein Problem damit, zu sagen, dass das richtig ist. Es ist ausdrücklich richtig, in Schulen und Hochschulen zu investieren; und übrigens ist es auch richtig, in die Krankenhausfinanzierung zu investieren.

Das heißt allerdings nicht, dass man alles kritiklos durchwinkt. Das ist schon ein Unterschied. Im Übrigen finde ich, dass zu einem neuen Stil auch gehören müsste, dass Regierungsfraktionen wissen, dass sie nicht Teil der Regierung, sondern Teil des Parlaments sind und dass die Kontrollfunktion der Regierung nicht nur von der Opposition, sondern vom gesamten Parlament auszuüben ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen finde ich, dass sich die Frage, ob jetzt diese Regierung, diese Regierungsfraktionen und der gesamte Landtag einen neuen Stil haben oder nicht, auch daran entscheidet, ob wir ein Gesetz, das heute in erster Lesung eingebracht wird, bereits heute Abend mit Mehrheit durch die Ausschüsse peitschen oder ob wir uns wenigstens drei Wochen Zeit zur Beratung nehmen.

Lieber Herr Kollege Rentsch, Gesetze, die noch nicht im Gesetzblatt stehen, haben durchaus ihre Auswirkungen. Das sieht man übrigens an der berühmten Abwrackprämie. Daher glaube ich, dass niemandem einen Zacken aus der Krone fällt; keine Kommune wird ihre Vorbereitungen für Investitionsprogramme wie Schulsanierungen und Krankenhausinvestitionen unterbrechen, auch die Verwaltung wird ihre Hochschulprogramme nicht unterbrechen, nur weil wir ein Gesetz nicht am 30. März, sondern erst am 2. April verabschieden.

Wir wollen an bestimmten Punkten aber schon wissen, wie die Fachleute diese Gesetze bewerten, die jetzt eingebracht werden, denn man gibt nicht mal so eben über 2 Milliarden € aus. Manchmal ist es auch sinnvoll, eine Runde eine Woche länger zu drehen – eine Woche, nicht ein Jahr –, da man hier Ausgaben tätigt, die in der Geschichte des Landes Hessen einzigartig sind. Ich glaube, da müssten wir uns eigentlich alle einig sein, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Ich glaube, beim Konjunkturprogramm wird sehr deutlich, was das Problem dieser Regierung ist. Es ist richtig, in die Schulen und Hochschulen zu investieren, doch aufgrund dessen, was mit dem Teil passiert, der nicht zum Bereich der Schule oder der Hochschule gehört, wird relativ klar: Es fehlt die Richtung. Es ist zwar so, dass wir investieren müssen, doch mit der Gießkanne Geld in der Landschaft zu verteilen, ist noch keine zielgerichtete Politik.

Wir glauben, dass wir mit diesem Geld, das wir jetzt ausgeben, sehr sorgfältig umgehen müssen, weil es schon im nächsten Jahr durch Zins- und Tilgungsraten unseren Handlungsspielraum einengen wird. Deswegen müssen wir ganz besonders darauf achten, dass die Investitionen, die wir heute machen, auch wirklich nachhaltig sind und in den Folgejahren nicht zusätzliche Kosten, sondern zusätzlichen Nutzen hervorbringen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, deswegen glauben wir, dass wir an diesen Punkten wirklich noch einmal nacharbeiten müssen, denn was diese Koalitionsvereinbarung und diese Regierungserklärung wert sind, sieht man an dem Konjunkturprogramm. Da sich der Ministerpräsident heute Morgen einerseits zugunsten der Straßen und andererseits zugunsten der Schiene und des öffentlichen Personennahverkehrs ausgesprochen hat, lässt sich die Frage, wie viel diese Koalitionsvereinbarung und diese Worte wert sind, eigentlich schon mit dem Konjunkturpaket in erster Lesung beantworten. Die Straßen findet man mit 200 Millionen Euro; von der Schiene und von zusätzlichen Investitionen in den öffentlichen Personennahverkehr findet man überhaupt nichts geschrieben. Das zeigt die Prioritäten dieser Regierung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Dr. Walter Arnold (CDU))

– Herr Arnold, das zeigt die Prioritäten dieser Regierung. – Das zeigt auch, was genau das Problem ist: eine völlig ziellose Politik; und da, wo sie zielgerichtet ist, ist sie altbacken. Anders kann ich sie nicht nennen. Wir machen Ihnen daher sehr konkrete Vorschläge. Wenn wir wirklich zu Fortschritten kommen wollen, dann müssen wir eine zukunftsfähige Wirtschaftspolitik betreiben. Ich fand es relativ dreist, dass der Finanzminister auf die Frage, wo denn eigentlich die Breitbandversorgung und der öffentliche Personennahverkehr und die Schieneninfrastruktur blieben, lapidar sagte: Man kann halt nicht alles machen.

Herr Finanzminister, das stimmt. Man kann nicht alles machen, doch stellt sich die spannende Frage: Warum haben Sie eigentlich über 200 Millionen Euro für zusätzliche Straßen übrig, doch für Datenautobahnen keinen müden Cent? Diese Frage müssen Sie schon einmal beantworten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir werden Ihnen ganz konkret sagen, was baureif und was planungsreif ist. Sie müssen dann ganz konkret beantworten, warum Sie es nicht tun. Das wird die spannende Frage sein, und daran wird sich auch der neue Stil des Parlaments bemessen, ob nämlich eine Mehrheit in der Lage ist

(Zuruf des Abg. Axel Wintermeyer (CDU))

–Herr Wintermeyer –, auf konstruktive Vorschläge von anderen einzugehen und im Zweifel zu merken, dass ein Gesetz, das in erster Lesung vielleicht nicht so doll ist, in zweiter noch besser werden kann. Daran wird der neue Stil dieses Parlaments zu messen sein.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir hören sehr wohl, wenn der Ministerpräsident in seinem Sammelsurium von heute Früh zwar die Begriffe „Nahwärmenetze“ und „energetische Sanierung“ fallen lässt, doch sind diese Begriffe im Konjunkturprogramm – und wann gibt man schon einmal 1,7 Milliarden Euro aus? – faktisch nicht zu finden.

(Zuruf des Abg. Dr. Walter Arnold (CDU))

– Herr Arnold, wir hören sehr wohl, dass der Herr Ministerpräsident davon geredet hat, dass es einen Nachhaltigkeitsrat gibt, der auch weiterhin nachhaltig raten soll, doch werden wir schon die spannende Frage stellen, ob eigentlich bei einem Investitionsprogramm in noch nie dagewesener Größe irgendwann jemand einzelne Mitglieder des Nachhaltigkeitsrats gefragt hat, was denn ihr Vorschlag ist. Insofern glauben wir schon – –

(Fortgesetzte Zurufe des Abg. Dr. Walter Arnold (CDU))

Wir geben Ihnen wirklich eine Chance, liebe Kolleginnen und Kollegen. Sie müssen aus dieser Chance auch etwas machen und nicht einfach nur die alten Rezepte aus dem letzten Jahrhundert bringen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir glauben, dass es auch bei der Frage, was der neue Stil sei, wichtig ist, dass es um Beteiligung geht. Es geht um die Beteiligung dieses Parlaments, um die Beteiligung kommunaler Parlamente beim Konjunkturprogramm sowie um Öffentlichkeit. Öffentlichkeit ist übrigens auch der größte Schutz gegen die Korruption, denn wir wissen alle, was da, wenn es um Milliarden in der Bauwirtschaft geht, immer als Gefahr im Hintergrund ist. Wir glauben schon, dass die spannende Frage lauten wird: Wird diese Mehrheit die Größe und die Fähigkeit haben, auch wirklich dieser Politik eine neue Richtung zu geben?

Welches Problem wir mit dieser Koalitionsvereinbarung haben, wird vor allen Dingen aufgrund dessen klar, was nicht drin steht und was der Herr Minister heute nicht gesagt hat. Deswegen stellen wir fest: In dieser Koalitionsvereinbarung und Regierungserklärung war kein einziges Mal die Rede von den Chancen, die die Umwelttechnik bietet. Ich finde, es ist ehrlich gesagt im Jahr 2009 ein Armutszeugnis für eine Landesregierung, dass hierzu, obwohl sie einen neunzigseitigen Koalitionsvertrag geschlossen und eine neunzigminütige Regierungserklärung gehalten hat, kein einziges Wort gefallen ist, obwohl man weiß, dass es Studien gibt, die belegen, dass die Umweltbranche in Deutschland in weniger als zehn Jahren die Leitbranche sein wird, die die Automobilbranche in dieser Funktion ablösen wird.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Von der Kreativwirtschaft ist keine Rede gewesen. Ich meine, dass der ehemalige Frankfurter Wirtschaftsdezernent, der jetzt eine neue Funktion in der Regierung hat, dies erkannt hat. Ich hoffe, dass er nicht in alte Zeiten zurückfällt, als er noch hier im Landtag war, sondern dass er bei einem neuen Kurs bleibt. Dennoch ist es endlich an der Zeit, dass Sie wirtschaftspolitisch erkennen, dass es eben nicht nur um Beton geht, dass dies nicht nur Verkehrsinfrastruktur ist, sondern dass die Wirtschaftspolitik der Zukunft auch etwas mit Kreativität zu tun hat; dass es um Medienstandorte geht und dass es im Zweifel auch um die Frage geht, wie man mit dem, was bildungspolitisch nötig ist, auch wirtschaftspolitisch etwas hinbekommt, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Mobilität ist auch mehr als ein Zentrum zur Erforschung der Automobilwirtschaft. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir hätten das im Jahre 2009 nicht für möglich gehalten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Dr. Walter Arnold (CDU))

Im Koalitionsvertrag steht nichts zur Neuordnung der öffentlichen Bankenlandschaft, vor allem im Rhein-Main-Gebiet und der Helaba, jedenfalls nichts, was irgendeine Substanz hätte. Im Koalitionsvertrag steht nichts zum Thema Mindestlohn. Im Koalitionsvertrag steht nichts zum Thema aktive Arbeitsmarktpolitik. Im Koalitionsvertrag steht übrigens auch nichts zu den unglaublichen Chancen, die die erneuerbaren Energien gerade für Nordhessen bieten.

(Dr. Walter Arnold (CDU): Das ISET steht drin! Haben Sie ihn gelesen?)

Herr Arnold, das ISET heißt jetzt IWES. Das haben Sie noch nicht gemerkt. – Ich habe ihn gelesen. Das ist mein Problem. Deswegen bin ich so verzweifelt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Dr. Walter Arnold (CDU))

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist ein Problem, wenn man politisch überhaupt nichts will und sich einen Koalitionsvertrag von Referaten im Ministerium schreiben lässt. Das ist ein echtes Problem.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Dr. Walter Arnold (CDU))

Lieber Kollege Arnold, es steht nichts zur Neuordnung der Rhein-Main-Region drin. Dass dazu nichts drinsteht, ist wirklich sträflich.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Walter Arnold (CDU): Wir waren gerade bei Umwelt!)

Im Koalitionsvertrag steht nichts zum Problem, dass die Gewerbesteuerkannibalisierung fröhliche Urstände feiert. Ich sage nur: Über die deutsche Börse Eschborn steht auch nichts drin. Beim Thema Integration steht nichts zur Rolle der Kommunen bei der Integration. Es steht nichts drin zur politischen Partizipation von Migrantinnen und Migranten. Es steht übrigens auch nichts drin zur Anerkennung beruflicher Qualifikationen. Das meine ich mit: Integration ist mehr als Sprachförderung. – Wir haben in der Sozialpolitik kein Wort zur Weiterentwicklung, z. B. des Behindertengleichstellungsgesetzes. Das Wort „soziale Gerechtigkeit“ kommt im Kapitel „Soziales“

(Petra Fuhrmann (SPD): Kommt nicht vor!)

nicht vor.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Armutsprävention kommt als Begriff in ihrem Koalitionsvertrag nicht vor.

(Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Auch keine Maßnahmen!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist angesichts der Situation, in die wir in den nächsten Monaten hineingehen, im Jahre 2009, wirklich kaum zu glauben, was dort nicht drin steht.

Beim Thema unabhängiges Zentrum Datenschutz – das kommt mir leider sehr bekannt vor – haben wir weiterhin den schönen Satz: Es wird geprüft.

(Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Da kann ich nur sagen: Lieber Florian Rentsch, da musst du mit deiner starken Fraktion aber einmal kraftvoll und ohne lila Latzhose dafür sorgen,

(Günter Rudolph (SPD): Nichts dahinter!)

dass wir wirklich einen Aufbruch bekommen, auch in diesem Bereich. Es ist dringend nötig, dass es Veränderungen gibt.

(Günter Rudolph (SPD): Bouffier will es aber gar nicht!)

Die Datenskandale der letzten Tage, gerade in der Privatwirtschaft, machen sehr deutlich, dass wir da Veränderungen brauchen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Beim Thema Energie kommt keine Landesenergieagentur vor. Es kommt keine Änderung in der Landesplanung vor. Es kommt kein Energieeffizienzfonds vor.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Koalitionsvereinbarung – ich sage es noch einmal – ist eine uninspirierte Aneinanderreihung von Punkten, die auf die entscheidenden Fragen keine Antworten gibt. Deswegen werden wir in diesem Landtag eine kraftvolle, eine kreative Opposition sein. Ich glaube, am heutigen Tag und bei dieser heutigen Regierungserklärung sowie angesichts dessen, was in diesem Koalitionsvertrag und in der heutigen Regierungserklärung gefehlt hat, ist sehr deutlich, dass wir diese kraftvolle und kreative Opposition gerade jetzt sein wollen, weil Hessen diese Kreativität dringender denn je braucht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Diese Regierung und diese Regierungserklärung haben sehr deutlich gezeigt, warum das so ist. Wir kämpfen für eine andere Politik in diesem Bundesland Hessen, gerade jetzt, weil sie nötiger ist denn je. – Vielen Dank.

(Anhaltender lebhafter Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Vizepräsident Heinrich Heidel:

Schönen Dank, Herr Kollege Al-Wazir.

Eine Wortmeldung von Mathias Wagner:

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir sind sehr dafür, dass wir dieses Thema gern noch in dieser Plenarsitzung behandeln. Dennoch widersprechen wir ausdrücklich dem Vorschlag des Kollegen Wintermeyer von der CDU, da wir glauben, dass hier die Prioritäten absolut durcheinanderkommen.

Herr Kollege Wintermeyer, wir sprechen heute über eine Regierungserklärung. Wir wollen gleich über ein für unser Land wichtiges Konjunkturprogramm reden. Das sind alles wichtigere Tagesordnungspunkte als der Klamauk, den Sie hier mit Ihrem Antrag veranstalten wollen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Wenn der hessischen Union das Polemisieren gegen eine Fraktion dieses Hauses wichtiger ist als ein Konjunkturprogramm in Höhe von 2,7 Milliarden Euro, dann spricht das Bände und zeigt, wer im Hessischen Landtag an Sachpolitik orientiert ist und wer nicht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Nun zu meinem konkreten Vorschlag: Wir können das gern heute behandeln – am Ende der Sitzung. Wir führen zuerst die Debatten, die auch zuerst geführt werden sollen, Herr Kollege Wintermeyer. Ich glaube, das wäre ein der Sache angemessenes Verfahren; und ich hoffe, dass zumindest die FDP dies auch so sieht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Vizepräsidentin Sarah Sorge:

Vielen Dank, Herr Kollege Wagner.

Kontakt