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26.03.2015
Portraitfoto von Tarek Al-Wazir vor grauem Hintergrund

Tarek Al-Wazir, Minister für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung: Energiewende

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin etwas verwundert darüber, dass SPD und Linkspartei bei der Rede des Kollegen Rock klatschen.

(Lebhafte Zurufe von der SPD und der LINKEN – Glockenzeichen des Präsidenten)

– Entschuldigung, ich sitze hier oben und sehe, wer hier zu wem klatscht. Herr Kollege Rock hat gerade einen verräterischen Satz gesagt.

(Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Er hat gesagt, er ist für einen weiteren Energiegipfel, um den Protesten eine Bühne zu geben. Es geht ihm also nicht um irgendeine Lösung, es geht ihm darum, den Protesten eine Bühne zu geben.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD))

– Ich halte das alles aus. – Aber wie da SPD und Linksfraktion klatschen können, das wundert mich schon ein wenig.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD) – Weitere Zurufe von der SPD – Glockenzeichen des Präsidenten)

Deswegen will ich jenseits der Pappkameraden, die hier aufgebaut werden, und jenseits der Aufgeregtheit, die hier offensichtlich in den Reihen der Opposition herrscht, auf drei grundlegende Punkte hinweisen.

Erstens. Die Risiken der Atomkraft sind gesellschaftlich nicht akzeptabel. Dass der erneute Atomausstieg im Jahr 2011 gemeinsam, im Konsens aller politischen Parteien getroffen wurde, diese Entscheidung war richtig.

(Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Dieser Ausstieg findet gerade statt. Der nächste Atomreaktor, der zur Abschaltung ansteht, ist im Mai 2015 Grafenrheinfeld in Unterfranken, übrigens der uns in Hessen am nächsten liegende – und das ist richtig so.

(Beifall bei der CDU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zweitens. Wir müssen den CO2-Ausstoß begrenzen, wenn wir die dramatischen Folgen der Klimaerwärmung in Grenzen halten wollen. Das zeigt, dass wir mehr machen müssen, als Atomkraftwerke abzuschalten. Wir müssen Energie einsparen, wir müssen Energie effizienter nutzen, und wir müssen immer mehr unsere Energie erneuerbar erzeugen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Drittens. Die Rohstoffe für die Gewinnung konventioneller fossiler Energien sind endlich. Das gilt für Kohle, das gilt für Erdöl, das gilt für Gas übrigens genauso wie für Uran. Also kann es ein einfaches „Weiter so“ nicht geben. Das ist der Kern der Energiewende.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen bedeutet es – Achtung – einen Umbau der Energieerzeugungsstruktur,

(Zurufe von der SPD)

aber auch einen Umbau der Energieverteilungsstruktur:

(Unruhe bei der SPD – Glockenzeichen des Präsidenten)

mehr Dezentralisierung, stärkere Technologiespezialisierung, aber auch mehr Vernetzung. Und dafür müssen wir die Rahmensetzungen auf europäischer Ebene, auf Bundesebene und bei uns miteinander in Einklang bringen, weil das Ziel die sichere, umweltschonende, bezahlbare und gesellschaftlich akzeptierte Energieversorgung ist. Das ist das Ziel jenseits der Aufgeregtheiten, die hier heute in dieser Aktuellen Stunde geäußert worden sind.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will an dem Punkt sagen, das Ziel, das 2011 alle unterschrieben haben, ist 100 Prozent bei Strom und bei Wärme im Jahr 2050.

(Beifall bei der CDU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben mit der neuen Landesregierung ein Zwischenziel für den Strombereich angefügt, nämlich 25 Prozent im Strombereich bis zum Ende der Legislaturperiode.

(Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD))

Deswegen will ich Ihnen ausdrücklich sagen: Wir sind da gut vorangekommen.

(Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD))

Wir haben im Jahr 2014 eine Rekordzahl an neuen Windkraftanlagen in Hessen ans Netz gebracht. Wir haben gleichzeitig trotz Wirtschaftswachstum weniger Stromverbrauch. Das führt dazu, dass wir Ende 2014 schon bei knapp 15 Prozent erneuerbaren im hessischen Stromverbrauch waren. Sie sehen, die Energiewende findet in Hessen statt.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir tauschen uns auch fortlaufend und sehr intensiv mit den maßgeblichen Akteuren über weitere Schritte und Maßnahmen aus. Deswegen brauchen wir keinen zweiten Energiegipfel, sondern wir sind bei der Umsetzung der Ergebnisse des Energiegipfels, zu denen wir weiterhin stehen. Ich hoffe, das gilt auch für alle anderen, die den unterschrieben haben.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD))

Was wir uns zu Beginn des Jahres vorgenommen haben, sind Folgetreffen. Der Sprecher der Landesregierung, Regierungssprecher Michael Bußer, hat schon Mitte Februar gesagt: Wir brauchen jetzt eine Klarheit, nämlich eine Klarheit, wie das Energiemarktdesign auf Bundesebene aussieht.

Bundesenergieminister Gabriel, den Sie ja kennen, hat die Energieminister der Länder für morgen Nachmittag eingeladen. Ich werde da anwesend sein. Ich hoffe, dass dann vonseiten des Bundesenergieministers und der Bundesregierung Klarheit über das Energiemarktdesign herrscht. Wir haben für den Herbst ein Folgetreffen vorgesehen, wenn diese Klarheit endlich einmal gegeben ist.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Frank Lortz:

Herr Minister, Sie denken an die Redezeit.

Tarek Al-Wazir, Minister für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung:

Ich denke an die Redezeit. – Zu dem, was wir hier tun. Wir arbeiten an der Umsetzung des 2-Prozent-Ziels. Im Regierungsbezirk Nordhessen hat die zweite Offenlage letzte Woche begonnen.

(Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD))

Im Regierungsbezirk Mittelhessen wird sie auch in diesem Jahr Realität werden. Das heißt, wir arbeiten schlicht an dem, worauf wir uns 2011 geeinigt haben. Wir arbeiten schlicht an dem, was das Ziel im Koalitionsvertrag dieser Regierung ist.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Und ich kann Ihnen an dem Punkt auch noch einmal sagen: Es gab einen Bereich, der im Energiegipfel ausgeklammert war, nämlich der Bereich Verkehr. Es gibt im Koalitionsvertrag von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Forderung, den Wunsch nach einem Verkehrsgipfel. Auch diesen werden wir angehen. Allerdings geht nicht alles gleichzeitig, wenn man nicht nur Anträge mal eben mit einem dreckigen Dreizeiler rausrotzt, sondern an der Umsetzung arbeitet, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Manfred Pentz (CDU): Sehr gut, sehr gut, bravo! – Zurufe von der SPD)

Vizepräsident Frank Lortz:

Herr Minister, ich darf Sie doch bitten – – Meine Damen und Herren, Moment, bitte. – Herr Minister, ich darf Sie doch bitten, den parlamentarischen Sprachgebrauch hier im Parlament zu pflegen.

Tarek Al-Wazir:

Ja, Herr Präsident. – Also, letzter Satz. Die Veränderungen und Einschnitte, die den Prozess der Energiewende zwangsläufig noch über etliche Jahre begleiten werden, führen vor Ort zu Diskussionen. Und wir stellen uns diesen Diskussionen.

Ich will ausdrücklich sagen: Die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger in Hessen steht weiter hinter der Energiewende. Alle Umfragen zeigen uns, dass trotz der manchmal schwierigen Debatten vor Ort

(Allgemeine Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

die Zustimmung beispielsweise zu Windkraft da steigt, wo bereits Windräder stehen. Das Ergebnis der Bürgerbefragung in Heidenrod bestätigt uns übrigens darin.

(Zurufe von der CDU)

Es gibt nicht nur schwierige Diskussionen, sondern auch viele Projekte, die vor Ort funktionieren. Ich nenne Söhrewald, ich nenne Hohenahr, ich nenne die Neutscher Höhe, ich nenne Heidenrod. Diese erfolgreichen Projekte haben gemeinsam, dass die Bürgerinnen und Bürger von Anfang an offen über die Planungen, den Fortgang der Projekte und die Möglichkeit zur finanziellen Teilhabe informiert wurden.

Auf diesem Weg machen wir weiter, und das machen wir genauso im Bereich des Netzausbaus, Stichwort SuedLink. Wir führen den Dialog. Wir reden über das Wie. Aber wir reden nicht über das Ob.

Ich hoffe, dass sich an diesem Punkt alle zu dem, worauf wir uns 2011 gemeinsam zwischen Regierung und Opposition geeinigt haben, weiter halten, auch wenn die einen jetzt Regierung, die anderen Opposition und andere immer noch Opposition sind.

(Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Das war die gemeinsame Vereinbarung. An diesem Punkt bleiben wir dabei. Wir setzen das um. Ich hoffe, Sie sind dabei. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Frank Lortz:

Vielen Dank, Herr Minister.

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