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20.03.2013
Portraitfoto von Tarek Al-Wazir vor grauem Hintergrund

Tarek Al-Wazir: Hessen in der Frage eines Flugverbotes in den Nachtrandstunden völlig zerstritten

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Nordwestbahn ist jetzt eineinhalb Jahre in Betrieb. Ich will am Anfang eine ökonomische Bilanz ziehen. Wir haben sinkende Flugbewegungszahlen. Wir haben inzwischen sogar sinkende Passagierzahlen. Wir hatten im Januar 2013 die geringste Zahl an Flugbewegungen am Frankfurter Flughafen seit dem Januar 1999.

(Zuruf des Abg. Stefan Müller (Heidenrod) (FDP) – Gegenruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Der zweite ökonomische Bilanzpunkt: von wegen Jobmaschine. Die Lufthansa streicht Stellen. Airberlin streicht Stellen. Die Ertragskraft der Fraport sinkt,

(Zuruf des Abg. Wolfgang Greilich (FDP))

weil jetzt der Ausbau finanziert und abgeschrieben werden muss. Dazu haben auch die Fehlplanung der Nordwestbahn beigetragen und die Tatsache, dass Roland Koch bei der politischen Setzung einfach die Ticona und die Seveso-II-Richtlinie übersehen hat.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist eine Frage der Zeit, dass auch die Fraport über die Frage nachdenken muss, ob sie zusätzliche Arbeitsplätze schafft oder ob es auch dort einen Abbau geben wird. Ich stelle deshalb fest: Ihre Ausbaustrategie ist ökonomisch gescheitert.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN – Zurufe von der CDU und der FDP)

Dazu passt, dass die HNA heute meldet, dass von den 180 Plätzen des Erstflugs von Kassel-Calden bis jetzt gerade einmal 30 verkauft wurden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, gleichzeitig haben wir 100.000 zusätzlich von Fluglärm betroffene Menschen. Wir haben seit eineinhalb Jahren anhaltende Proteste, und wir haben Anwohnerinnen und Anwohner, die nicht mehr wissen, wohin mit ihrer Verzweiflung, weil sie sich ihrer Heimat beraubt fühlen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe gerade aus den Redebeiträgen von Herrn Arnold und Herrn Müller herausgehört, warum Sie diesen Punkt heute beantragt haben. Sie haben Angst, dass die vier SPD-OBs nahe dran sind an ihren Bürgerinnen und Bürgern. Sie haben Angst, dass viele Wählerinnen und Wähler dabei sind, die das letzte Mal Sie gewählt haben und es jetzt nicht mehr tun werden. Das ist der eigentliche Grund der Debatte, die wir hier führen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich stelle fest: Die Grenzen der Belastbarkeit der Bürgerinnen und Bürger im Rhein-Main-Gebiet sind überschritten. Daher kann es so, wie es ist, nicht bleiben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der LINKEN)

Deswegen sage ich hier ausdrücklich: Das Terminal 3 darf nicht gebaut werden, weil es erstens ökonomisch unsinnig ist, in sinkende Passagierzahlen hinein zusätzliche Abfertigungskapazitäten zu bauen. Es darf aber auch deshalb nicht gebaut werden, weil, falls es ökonomisch irgendwann einmal erfolgreich sein sollte, die Rhein-Main-Region völlig unzumutbar belastet würde.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Jürgen Lenders (FDP))

Zweitens brauchen wir eine Obergrenze an Flugbewegungen, und wir brauchen eine Obergrenze an Lärm.

Ja, meine sehr verehrten Damen und Herren: Wir brauchen auch ein Nachtflugverbot – während der gesamten Nacht von 22 bis 6 Uhr.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN – Zuruf des Abg. Dr. Walter Arnold (CDU))

Sie wollen es nicht. Ich bin dankbar dafür, dass Sie ausdrücklich sagen, dass Sie es nicht wollen.

(Zuruf des Abg. Dr. Walter Arnold (CDU))

Dann können die Bürgerinnen und Bürger entscheiden, wer ihre Interessen vertritt und wer gegen ihre Interessen ist, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Dr. Walter Arnold (CDU))

Es ist – ganz ausdrücklich – so, dass die Umsetzung eines solchen Nachtflugverbots von 22 bis 6 Uhr nicht einfach werden wird. Denn Sie haben rechtlich alles dazu beigetragen, das so schwer wie möglich zu machen.

Aber ich erinnere daran, dass auch Sie vor dem Jahr 2007 gesagt haben, ein absolutes Nachtflugverbot von 23 bis 5 Uhr sei nicht möglich. Sie haben Ihr eigenes Wahlversprechen gebrochen und 17 Flüge genehmigt. Sowohl der Verwaltungsgerichtshof als auch das Bundesverwaltungsgericht haben Ihnen gesagt, dass Sie schlicht falsch lagen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD) – Zuruf von der CDU – Vizepräsidentin Ursula Hammann übernimmt den Vorsitz.)

Deswegen stelle ich fest: Der Bau der Nordwestbahn war, ist und bleibt ein Fehler, den CDU, SPD und FDP gemeinsam begangen haben. Diesen Fehler – und damit die Nordwestbahn – können wir nicht hinwegzaubern.

(Zuruf von der CDU)

In diesem Zusammenhang wäre ich dankbar, Frau Kollegin Wissler, wenn Sie einmal sagen würden, wie Sie denn Ihre Forderung der Stilllegung umsetzen wollen. Diese Frage stelle ich Ihnen.

(Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Aber wir müssen wenigstens die Folgen dieses Fehlers abmildern und für zusätzliche Entlastungen der Bürgerinnen und Bürger im Rhein-Main-Gebiet sorgen. Die merken nämlich, wer auf ihrer Seite steht und wer gegen sie arbeitet, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dafür kämpfen wir. Wenn uns in diesem Kampf für die Bürgerinnen und Bürger im Rhein-Main-Gebiet vier Oberbürgermeister unterstützen, die der SPD angehören, dann freut uns das, meine sehr verehrten Damen und Herren, weil wir merken, dass diese Oberbürgermeister nahe dran sind an ihren Bürgerinnen und Bürgern. Sie wissen, dass es so, wie es ist, nicht bleiben kann.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsidentin Ursula Hammann:

Sie müssen zum Ende kommen.

Tarek Al-Wazir:

Ich komme zum Ende, Frau Präsidentin.

Wir sind sicher, dass die realen Verhältnisse – nämlich die unzumutbare Situation, die wir haben – am Ende auch für reale Veränderungen am jetzigen Zustand sorgen werden. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsidentin Ursula Hammann:

Vielen Dank, Herr Kollege Al-Wazir.

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