Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, wir sind uns in der Problembeschreibung völlig einig. Medienkompetenz generell, Jugendmedienkompetenz im Besonderen ist eines der großen Themen, die uns parteiübergreifend umtreiben. Herr Kollege Siebel hat richtig angefangen und alle Probleme benannt, von Facebook bis hin zu der Frage wie viel Medienkonsum es eigentlich gibt.
Die spannende Frage, die uns im Landtag umtreibt – wir reden hier aufgrund eines Gesetzentwurfes – ist, ob eigentlich die Antworten auf diese richtigen Fragen im Gesetzentwurf der SPD gegeben sind. Dazu will ich einmal sehr freundlich sagen: Da habe ich noch ein sehr großes Fragezeichen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Wolfgang Greilich (FDP) und Clemens Reif (CDU))
Die Antworten können nicht darin liegen, sowohl in der Versammlung der Landesmedienanstalt wie auch im Rundfunkrat neue Unterausschüsse mit dem Titel „Medienkompetenz“ zu gründen.
Die Vermittlung von Medienkompetenz – das ist auch einer der Vorschläge im HR-Gesetz – als Auftrag zu deklarieren, das kann man machen, das kann man aber auch lassen. Ich will Ihnen einmal sagen, worin das Problem besteht, wenn es um bewegte Bilder geht. Das Durchschnittsalter des Durchschnittszuschauers beim HR-Fernsehen liegt bei 61 Jahren. Was dann bei der Vermittlung bei Jugendlichen in diesem Bereich erreicht werden soll, wenn der Auftrag zur Medienkompetenz noch im Gesetz festgeschrieben wird, das wird mir nicht ganz klar.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Deswegen bleibt am Ende das, was real in diesem Gesetzentwurf steht, nämlich die Verteilung von Geld, die Verteilung des Geldes weg vom Hessischen Rundfunk hin zur Landesmedienanstalt. Es gibt ein ungelöstes Problem, dass das Geld, das bisher beim Hessischen Rundfunk zur Verfügung stand, für bestimmte Zwecke eingesetzt werden soll. Ich kann mich an viele Debatten – übrigens auch parteiübergreifend – erinnern, bei denen wir uns um die Fragen Gedanken gemacht haben, wie wir den Filmstandort Hessen fördern können und wie wir die Filmförderung aus kultureller und wirtschaftlicher Sicht stärken können. Was dazu beitragen soll, diesem Ziel näher zu kommen, wenn dort 750.000 Euro weggenommen werden sollen, das ist mir schleierhaft.
Es ist auch die Frage HR-Sinfonieorchester angesprochen worden. Man müsste die Frage stellen, was das für reale Auswirkungen hat. Ich freue mich auf die öffentliche Anhörung, denn wir werden dort dem Hessischen Rundfunk die Frage stellen, warum knapp 800.000 Euro für Veranstaltungen des HR auf dem Hessentag ein Beitrag zur Ausweitung der kulturellen Darbietungen ist – § 57 des Privatrundfunkgesetzes. Da werden wir sehr genau hinschauen und nachfragen, was mit diesem Geld gemacht wurde, und ob man es nicht auch sinnvoller einsetzen könnte.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Auch die LPR muss natürlich die Frage beantworten, was sich in den letzten 20 Jahren bei den Offenen Kanälen verändert hat. Vor 20 Jahren war eine Videoausrüstung sehr teuer und ein Schnittplatz unbezahlbar. Die Möglichkeit, nicht nur zu konsumieren, sondern auch zu senden war wirklich nicht für alle gegeben. Das hat sich deutlich verändert.
Natürlich haben sich die Medienkompetenzangebote der Offenen Kanäle verändert. Ich habe mir einmal im Bericht der LPR angeschaut, wie viel Geld ausgegeben wird. Es sind für die Medienprojektzentren Offener Kanal 1,8 Millionen Euro, für die Medienkompetenzvermittlung der LPR immerhin schon 1,1 Millionen Euro. Wenn man das genauer betrachtet, stellt man fest, dass die LPR immerhin 30 Projekte und Module zur Vermittlung von Medienkompetenz hat. Im letzten Jahr hat sie immerhin 300 Veranstaltungen zu diesem Thema gemacht.
Aber auch hier stellt sich die Frage, wer damit erreicht wird. Werden eigentlich diejenigen erreicht, die sowieso schon vergleichsweise viel wissen? Werden diejenigen, die es besonders nötig hätten, dabei überhaupt erreicht? Auch diese Fragen wird die LPR sicher beantworten.
Wenn man das einfach mal drei nehmen und schauen würde, wie viel Veranstaltungen es dann wären und wie viele Menschen erreicht würden, muss man überprüfen, ob das unser eigentliches Problem löst.
Gerade was die Jugendlichen angeht wird man am Ende immer wieder auf die Frage gestoßen, wo diese Jugendlichen eigentlich sind. Man muss sich überlegen, wie man die Jugendlichen, die es besonders nötig haben Medienkompetenz zu gewinnen, erreichen kann. Da wird man am Ende immer wieder bei der Schule landen. Jetzt ist es wohlfeil, zu erklären, man benötige neue Schulfächer. Ich mache das ausdrücklich nicht.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Dann stellt sich nämlich die Frage welche Schulfächer man eigentlich noch braucht. In meiner Fraktion würde man dann sagen: Verbraucherschutz, Umweltbildung, mit allem was dazu gehört. – Da hört man dann nie auf.
Die spannende Frage ist auf der anderen Seite, wenn man eine Aufgabe mit in das Schulgesetz und das Lehrerbildungsgesetz aufnimmt, ob das schon irgendetwas verändert. Diese Frage muss man dann stellen, denn die Tatsache in die Gesetze hineinzuschreiben, Medienkompetenz ist Teil der Lehrerausbildung, ist erst einmal nicht falsch. Frank Kaufmann sagt in solchen Fällen: Das nützt nichts, schadet aber auch nichts. – Wir sollten versuchen die Frage zu beantworten, ob uns das wirklich weiterbringt.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich habe überhaupt nichts dagegen, wenn ein Vertreter der Landesschülervertretung in die Gremien kommt. Angesichts eines Blicks in das HR-Gesetz stellt sich die Frage, ob dies der einzige Veränderungsbedarf ist, den wir haben.
Auch diese Frage könnte man dann einmal stellen.
Ich mache einen Strich darunter: Ich glaube, wenn dieses Gesetz beschlossen würde, würde es nicht helfen. Aber es hilft, dass wir eine Anhörung machen, und auf die freue ich mich wirklich. – Danke.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Vizepräsidentin Sarah Sorge:
Vielen Dank, Herr Kollege Al-Wazir.