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24.08.2011
Portraitfoto von Tarek Al-Wazir vor grauem Hintergrund

Tarek Al-Wazir: Gesetz zu dem 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag und zur Änderung des hessischen Privatrundfunkgesetzes

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich versuche es stichpunktartig.

Der Wechsel vom gerätebezogenen zum haushaltsbezogenen Gebührenmodell ist völlig richtig und anlässlich der zunehmenden Konvergenz der Medien auch, wenn wir ehrlich sind – ich benutze dieses Wort ungern –, alternativlos.

(Zurufe)

Ich erinnere daran, wie wir uns vor etlichen Jahren über die Laptop/PC-Gebühr gestritten haben. Es ist völlig klar: So wie bisher, sozusagen nach dem Modell: ein Volksempfänger im Wohnzimmer – von dort kommt es ja –, geht es heute nicht mehr.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Diese Umstellung wird ein Kraftakt, ganz klar. Denn bei jeder Umstellung auf ein neues System gibt es Unwuchten. Das wird uns alle noch beschäftigen, aber es ist grundsätzlich richtig, und es trägt zur Stabilisierung der Rundfunkgebühren bei.

An dieser Stelle sage ich ausdrücklich – zum Thema: Was ist vier Jahre später? –: Wenn es wider Erwarten dazu führen sollte, dass die Gebühren nicht nur stabilisiert werden, sondern steigen, dann ist aus meiner Sicht nicht die Senkung der Gebühren das Richtige, sondern die Werbefreiheit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zweiter Punkt. Es ist richtig, dass weiterhin nicht nur Privatpersonen, sondern auch „die Wirtschaft“ ihren Teil dazu beiträgt. Natürlich ist das schwierig, wenn man grundsätzlich mit einem haushaltsbezogenen Modell operiert. Es ist auch nicht zu vermeiden, dass es bei den Betriebstätten und bei der Zahl der Mitarbeiter zu Unwuchten kommt. In den letzten Wochen und Monaten habe ich viele Leute kennengelernt, die über sehr viele Autos verfügen, die angeblich nicht mit einem Radio ausgestattet sind. Es mag so sein. Es mag aber auch so sein, dass diese Radios vorher nicht angemeldet waren. Ich stelle nur fest: Am Ende werden wir auch dort schauen, wie viel Geld wirklich hereinkommt und ob man in vier Jahren an diesen Parametern etwas ändern muss.

(Zuruf des Abg. Clemens Reif (CDU))

Dritter Punkt. In Zukunft wird es keine automatische Befreiung von Behinderten mehr geben – es sei denn, aus sozialen Gründen, also aufgrund von Hilfsbedürftigkeit, Stichwort Grundsicherung –, sondern die werden in Zukunft einen Drittelbeitrag leisten müssen. Ich sage ausdrücklich: Ich hätte mir gewünscht, dass diese zusätzlichen Einnahmen verpflichtend in die Barrierefreiheit der Angebote gehen müssen. Das ist jetzt nicht verpflichtend. Ich sage ausdrücklich: Wir werden darauf achten, dass dieses Geld in die Verbesserung der Barrierefreiheit der öffentlich-rechtlichen Angebote geht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Ernst-Ewald Roth (SPD))

Wenn das nicht passiert, wird man auch dort über eine Verpflichtung nachdenken müssen.

Auch der Datenschutz ist angesprochen worden. Es ist so, dass bestimmte Eingriffe in Zukunft nicht mehr – oder fast nicht mehr – stattfinden werden. Die berühmten Rundfunkgebührenbeauftragten, die, mit dem Klemmblock unterwegs, die Klingelschilder an den Häusern mit ihrer Statistik abgleichen – das wird es in Zukunft nicht mehr geben.

Es gibt den Vorwurf, dafür würden neue Tatbestände geschaffen. Ich glaube, dem ist nicht so – Stichwort Umzugsgründe, also die Verpflichtung, diese zu benennen. Diese Verpflichtung gibt es schon bisher. Aber natürlich werden wir sehr genau darauf achten müssen, dass in der Umstellungsphase alle Regeln, die wir dort richtigerweise verankert haben, auch beachtet werden, also Datensicherheit: Die strenge Zweckbindung der erhobenen Daten muss an allererster Stelle stehen. Wenn man darauf sehr genau achtet, kann das am Ende ein Fortschritt sein und muss kein Rückschritt sein.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mein letzter Punkt. In unserem Begleitantrag werben wir ausdrücklich dafür, dass alle Kommunen – alle Jobcenter und alle Optionskommunen – verstärkt mit der Drittbescheinigung arbeiten. Das heißt, es wird nur noch gesagt: Die betreffende Person erhält Arbeitslosengeld II und hat einen Anspruch auf Befreiung – damit nicht mehr der vollständige Leistungsbescheid an die GEZ geschickt werden muss. Ich sage das ausdrücklich, denn es war zu Recht ein Vorwurf, dass das die einzige Stelle ist, an der sämtliche Leistungsbescheide der Republik zusammengesammelt würden. Die Drittbescheinigung, die nur noch sagt: Ist Empfänger, ja oder nein, ist aus unserer Sicht absolut ausreichend und sollte von allen Jobcentern ausgestellt werden.

Frau Präsidentin, noch ein allerletzter Punkt. Der Rundfunkbeitrag kommt von der Allgemeinheit und ist natürlich für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk eine Verpflichtung zur Qualität und nicht nur zur Quote, ausdrücklich.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Reinhard Kahl (SPD))

Meine sehr verehrten Damen und Herren, aber bei aller Kritik, die man berechtigterweise oder unberechtigterweise haben kann: Wer einmal in ein anderes europäisches Land schaut, in dem ein Lustgreis nicht nur alle Privaten besitzt, sondern auch den Zugriff auf die Staatsmedien hat, oder wer sich anschaut, wie jetzt in Ungarn der Zugriff auf den Staatsrundfunk erfolgt, oder wer sich Fox-News aus den USA anschaut, der weiß auch, was wir an unserem öffentlich-rechtlichen Rundfunk haben. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Vizepräsidentin Sarah Sorge:

Vielen Dank, Herr Kollege Al-Wazir.

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