Inhalt

13.12.2011
Portraitfoto von Tarek Al-Wazir vor grauem Hintergrund

Tarek Al-Wazir: Fluglärm reduzieren – Nachtruhe sichern – „Wortbruch“ beenden; Rücknahme des Revisionsantrags

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Seit der Inbetriebnahme der neuen Landebahn Nordwest sind selbst schlimme Befürchtungen über die Folgen des Flughafenausbaus noch deutlich übertroffen worden. Die Menschen leiden unter der Fluglärmbelastung. Sie fühlen sich ihrer Heimat beraubt, und völlig zu Recht werden deshalb vielerorts massive Proteste artikuliert, sodass jetzt selbst eingefleischte Ausbaubefürworter versuchen, ihre frühere Meinung zu relativieren.

Die Panik bei CDU und FDP muss groß sein, wenn man einen Antrag der GRÜNEN, der um 13 Uhr eingeht, um 15:15 Uhr mit den Stimmen von CDU und FDP auf die Tagesordnung setzt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Panik könnte etwas damit zu tun haben, dass gestern die Frankfurter CDU einen Oberbürgermeisterkandidaten nominiert hat, der am gestrigen Abend interessante Äußerungen gemacht hat. Liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, wenn Sie denken, Sie würden dadurch die Debatte loswerden, sage ich Ihnen zu: Das wird nicht gelingen. Im Gegenteil, Sie bekommen sie zweimal, nämlich heute und am Donnerstag bei den Aktuellen Stunden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Boris Rhein hat gestern Abend gesagt: Der Flughafen entfalte „exorbitante Belastungen“ – ich zitiere jetzt aus der „FAZ“ –,

die die Menschen außerordentlich beeinträchtigten. „Und so, wie es ist in der Lärmbelastung, kann es nicht bleiben.“

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Ich zitiere weiter:

Rhein kündigte deshalb einen Fünf-Punkte-Plan gegen den Fluglärm an.

Jetzt halten Sie sich fest:

Dazu zählte er ein dauerhaftes Nachtflugverbot zwischen 23 und 5 Uhr

(Heiterkeit bei der SPD – Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

sowie den Einsatz für leisere Starts und Landungen durch veränderte An- und Abflugverfahren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Zudem werde er bei den Luftfahrtunternehmen auf eine Modernisierung der Flotten dringen und dafür kämpfen, dass die neue Nordwestlandebahn zwischen 22 und 23 sowie 5 und 6 Uhr nur dann angeflogen werde, wenn die Kapazität der beiden anderen Bahnen ausgelastet sei. Auf der Nordwestbahn dürften Flugzeuge außerdem nur noch landen, wenn sie eine bestimmte Lärmgrenze unterschritten.

Jetzt noch ein wörtliches Zitat:

„Der Frankfurter Flughafen muss für Krachmacher ein unattraktiver Flughafen werden.“

Herr Kollege Rhein, was für eine bahnbrechende Erkenntnis.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, unser Antrag, der vor Ihnen liegt, gibt Ihnen von CDU und FDP Gelegenheit, den Worten des Boris Rhein von gestern Abend jetzt Taten folgen zu lassen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Er gibt diese Gelegenheit insbesondere den sechs Frankfurter CDU-Abgeordneten, die sicherlich gehört haben, was ihr OB-Kandidat und Noch-Kreisvorsitzender gestern gesagt hat. Er gibt diese Gelegenheit aber auch den drei Mitgliedern des Kabinetts, die die Wahlkreise Main-Taunus West, Frankfurt Süd und Offenbach vertreten, nämlich den Kollegen Grüttner, Boddenberg und Wintermeyer, die der Landesregierung schon angehörten, als diese Landesregierung beschloss, gegen das Nachtflugverbot zu klagen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Wir wollen, dass Sie den Revisionsantrag sofort zurücknehmen, um ein unübersehbares Zeichen nach Leipzig zu senden, dass Sie das Nachtflugverbot jetzt endlich akzeptieren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Wir wollen – Stichwort: Zeiten zwischen 22 und 23 Uhr und zwischen 5 und 6 Uhr –, dass alles getan wird, um diese sechs Stunden zwischen 23 und 5 Uhr auf die acht Stunden der gesetzlichen Nacht auszuweiten. Wir wollen, dass das Nachtflugverbot, das der VGH vorläufig verhängt hat, strikt kontrolliert wird. Wir wollen aktiv wirkende Schallschutzmaßnahmen nicht nur in den Tagesrandstunden.

Wir wollen – Stichwort: es kann nicht so bleiben, wie es ist –, dass das Steilstartverfahren praktiziert wird. Wir wollen, dass der Gleitsinkanflug regelmäßig zum Einsatz kommt. Wir wollen, dass der sogenannte gebogene Anflug zum Einsatz kommt, damit die Flugzeuge möglichst keine Besiedlungszentren in geringer Höhe überfliegen. Wir wollen die gezielte Bahn- und Routennutzung und dadurch auch Lärmpausen für die betroffenen Menschen erreichen. Wir wollen – Herr Rhein, Stichwort: „unattraktiver Flughafen für Krachmacher“ –, dass es Gebührenerhöhungen für lautere Flugzeuge am Frankfurter Flughafen gibt. Wir wollen eine absolute Obergrenze, damit die Belastungen nicht immer weiter steigen.

Zu guter Letzt wollen wir, dass das Bundesgesetz geändert wird, damit die Deutsche Flugsicherung endlich nicht mehr nur die Flüssigkeit des Verkehrs, sondern neben der Sicherheit eben auch den Lärmschutz als vorrangige Aufgabe hat.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, zu all diesen Punkten in unserem Antrag, der Ihnen vorliegt, müsste Boris Rhein eigentlich sagen: „Da bin ich dafür“. Ich bin sehr gespannt, ob Sie in diesen zwölf Punkten – über die wir, Herr Präsident, bitte einzeln abstimmen wollen, damit jeder die Gelegenheit hat, zu zeigen, was er davon hält –

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Ihren Worten endlich auch Taten folgen lassen, angesichts dessen, was wir in den letzten sechs Wochen erleben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als Sie vorhin gesagt haben, dass Sie das jetzt sofort behandeln wollen, habe ich gedacht, dass jetzt ein großer Coup kommt. Wir haben uns kurzzeitig gefragt, ob Sie es verstanden haben, angesichts dessen, was los ist, und die Revision zurücknehmen. Ich muss Ihnen sagen: Dass Sie hier noch einen Antrag einbringen und jetzt abstimmen lassen wollen, in dem Sie ausdrücklich an der Revision festhalten, das ist ein Schlag ins Gesicht der betroffenen Menschen in der Rhein-Main-Region.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, vielleicht kennen Sie die Revisionsschrift der Hessischen Landesregierung nicht. Wenn Sie glauben, dass der von der Hessischen Landesregierung beauftragte Anwalt Dr. Volker Gronefeld in Leipzig ist, um Rechtssicherheit zu bekommen, dann irren Sie sich. Ich habe die Revisionsschrift hier; Sie können gern reinschauen, falls Sie sie nicht kennen. In dieser Revisionsschrift steht nicht: „Liebes Bundesverwaltungsgericht, wir hätten gern Rechtssicherheit“, darin steht: „Liebes Bundesverwaltungsgericht, wir hätten gern mehr Krach in der Nacht, nämlich 17 Flüge zwischen 23 und 5 Uhr“. In dieser Revisionsschrift geht es nicht um Rechtssicherheit, es geht um die Aufhebung des Nachtflugverbots.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Torsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Wenn Sie glauben – Stichwort: Rechtssicherheit –, wenn Sie die Revision zurücknähmen, gäbe es kein Urteil, irren Sie sich auch, weil es insgesamt acht Kläger in diesem Punkt gibt. Das fängt an mit der Stadt Offenbach, vertreten durch den Magistrat, und das endet mit dem Land Hessen, bevollmächtigt: Rechtsanwalt Gronefeld. Von diesen acht Klägern ist nur ein einziger, nämlich das Land Hessen, für die Aufhebung des Nachtflugverbots. Die anderen greifen die Planfeststellung insgesamt an. Deswegen hören Sie auf, den Leuten Sand in die Augen zu streuen. Ihr Antrag, was Sie in Leipzig vertreten, will mehr Krach in der Nacht, nicht mehr Schutz für die Bevölkerung im Rhein-Main-Gebiet.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD sowie des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie mögen denken, dass Sie durch das Vorziehen von Anträgen irgendein Thema hier wegbekommen. Aber dieses Thema wird nicht weggehen. Wir werden am Donnerstag erneut über dieses Thema reden, und wir werden jeden Tag über dieses Thema reden, bis Sie endlich aufhören, den Versuch zu machen, irgendwie Zeit zu gewinnen oder irgendwie über die OB-Wahl in Frankfurt zu kommen, und bis Sie endlich alles dafür tun, den Menschen im Rhein-Main-Gebiet ein lebenswertes Umfeld zu schaffen und ihnen endlich zu helfen, statt sie zu veräppeln. – Vielen Dank.

Kontakt