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15.12.2011
Portraitfoto von Tarek Al-Wazir vor grauem Hintergrund

Tarek Al-Wazir: Fluglärm reduzieren – Nachtruhe sichern – „Wortbruch“ beenden – Rücknahme des Revisionsantrags jetzt

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist heute ein spannender Tag, Herr Posch. Denn ich habe heute Morgen ein Interview von Ihnen in der Bild-Zeitung gelesen, wo Sie auf die Frage, ob Sie das so erwartet haben, antworten:

Nein, die Höhe der zusätzlichen Lärmbelastung, aber auch die Reaktionen der Bürger haben uns in dieser Intensität überrascht.

Da sage ich Ihnen: Wenn der Chef der planfeststellenden Behörde sagt, dass ihn die Höhe der zusätzlichen Lärmbelastung in dieser Intensität überrascht hat, dann stellt er gerade angesichts des laufenden Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht die gesamte Planfeststellung infrage.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Ich bin mir da sehr sicher. Denn in Leipzig geht es um die Frage, ob eigentlich ordentlich abgewogen wurde. Wenn Sie selbst sagen, dass Sie die Lärmbelastung in dieser Intensität überrascht hat, dann sagen Sie damit, dass Ihrer Ansicht nach nicht ordentlich abgewogen wurde. Herr Posch, das wird eine spannende Verhandlung werden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Dr. Walter Arnold (CDU): Herr Al-Wazir, das ist aber eine kühne Schlussfolgerung!)

Zweitens. Sie sagen, Sie wollten nur Rechtssicherheit haben. Der von Ihnen beauftragte Anwalt, der Vertreter des Landes Hessen, Herr Gronefeld, sagt nicht, er hätte gerne Rechtssicherheit. Er sagt, er hätte gerne mehr Nachtflüge.

Sie müssen sich jetzt einmal entscheiden. Auf der einen Seite haben Sie in dem Interview gesagt, Sie seien von der Intensität der Lärmbelastung überrascht worden. Auf der anderen Seite kämpft der von Ihnen beauftragte Anwalt für mehr Lärm. Herr Verkehrsminister, das passt nämlich nicht zusammen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Herr Posch, das Argument, wegen des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts sei es jetzt unabweisbar, in die Revision zu gehen, kann nicht richtig sein. Denn Fraport hat den letzten Antrag mit null Nachtflügen selbst gestellt, und zwar nach dem letzten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts. Auch dieses Argument ist schlichtweg falsch.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will deswegen auf die Frage zu sprechen kommen, was jetzt zu tun ist. Die erste Fragestellung bezieht sich auf die juristische Ebene. Sie lautet: Ist die Planfeststellung eigentlich so machbar?

Es ist das Risiko des Betreibers, vor dem Urteil in der letzten Instanz die Investition vorzunehmen und die Bahn in Betrieb zu nehmen. Wenn mit dem Urteil in letzter Instanz gesagt wird, die Abwägung sei falsch gewesen, deswegen sei die Betriebsgenehmigung weg, dann werden der Betreiber und auch das Land Hessen damit umgehen müssen.

Aber ich sage ausdrücklich auch Folgendes: Jenseits dieser Fragestellung müssen wir uns überlegen, was in den letzten elf Jahren eigentlich zur Entlastung der Menschen passiert ist. Ich finde es schon interessant, dass Sie hier sagen, die ganzen Forderungen wie Steilstartverfahren, lärmabhängige Gebühren usw. seien alle herzallerliebst, hätten aber mit der Realität nichts zu tun. Ich werde noch auf die einzelnen Forderungen zu sprechen kommen.

Sie sagen, dass das alles angeblich nicht gehen oder schon gemacht würde. Dazu will ich Ihnen sagen, dass wir gleich über einen Dringlichen Entschließungsantrag abstimmen werden, dessen Inhalt Herr Arnold obskur nennt und zu dem Sie sagen, das ginge alles nicht. Das ist aber wörtlich das, was Boris Rhein am Montagabend gefordert hat.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD sowie der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Wenn das alles so obskur ist und angeblich nicht geht, dann müssen Sie sich einmal überlegen, was Sie hier in der Landesregierung eigentlich vertreten. Ich will zu den einzelnen Punkten etwas sagen. Herr Posch, das hat man schon gemerkt, das war in Vergleich zu dem, was wir die letzten zehn Jahre erlebt haben, eine ziemlich kleinlaute Rede. Offensichtlich wurden Sie wirklich von den Auswirkungen überrascht.

Ich will ausdrücklich Folgendes sagen: Natürlich haben wir lärmabhängige Gebühren. Aber Sie wissen doch, dass die Einführung der lärmabhängigen Gebühren vor über zehn Jahren vor allem auf Flugzeugtypen abgezielt hat, die es heute nicht mehr gibt. Natürlich sind wir froh, dass die Air Base nicht mehr da ist und die C-5 Galaxy nicht mehr diesen Lärm macht. Wir sind froh, dass die Antonov An-124 kein Flugzeug mehr ist, das man in Frankfurt oft sieht.

Spannend wird es aber bei der Frage, ob Sie eigentlich auch die Gebühren für die alte Boeing 747-400 oder für die MDF anheben werden. Das sind nämlich die Flugzeuge, die beim Internkontinentalverkehr der Lufthansa und beim Frachtverkehr der Lufthansa Cargo die gebräuchlichsten Flugzeuge sind. Das sind die Krachmacher in der jetzigen Zeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Posch, wir werden sehen, ob Sie dazu auch noch die Kraft haben.

Dazu muss ich Ihnen etwas sagen. Das betrifft die letzte Frage in dem Interview der „Bild“-Zeitung von heute. Sie sagen: „Ansonsten führt das Verfahren zu Kapazitätsreduzierungen.“ Ja, ich sage ausdrücklich, dazu wird es führen.

Dann sagt der Reporter der „Bild“-Zeitung: „Das soll es ja auch – auf freiwilliger Basis!“ Dann sagt der Minister: „Da macht die Flughafengesellschaft bis jetzt nicht mit“.

Ihr kraftvoller Kampf für mehr Lärmschutz besteht darin, dass Sie einfach sagen: „Da macht die Flughafengesellschaft bis jetzt nicht mit.“ Ich frage Sie da: Wer ist denn bei dieser Flughafengesellschaft der Vorsitzende des Aufsichtsrates? Wer ist das denn eigentlich?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Ist das ein Vertreter des Landes Hessen? Kann es sein, dass das immer noch Herr Weimar ist? Herr Posch, in dieser Art und Weise die Leute für dumm zu verkaufen, funktioniert nicht mehr.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Heike Hofmann (SPD))

Vizepräsident Frank Lortz:

Herr Kollege Al-Wazir, Sie müssen zum Schluss Ihrer Rede kommen.

Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Ich komme zum Schluss meiner Rede. – Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, was wir hier beantragt haben, entspricht wortwörtlich dem, was Boris Rhein am Montag gesagt hat.

(Minister Boris Rhein: Nein, das stimmt nicht!)

Ich sage ausdrücklich: Mir reicht das nicht. Aber es wäre zumindest einmal ein erster Schritt. – Sie müssen sich entscheiden, ob Sie jetzt wirklich Taten folgen lassen wollen oder ob Sie die Leute nur sedieren und beruhigen wollen. Das merken die Leute inzwischen. Deswegen sage ich: Tun Sie endlich etwas.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

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