Inhalt

26.11.2014
Portraitfoto von Tarek Al-Wazir vor grauem Hintergrund

Tarek Al-Wazir: Fertigstellung der A 49

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Keine Sorge, ich werde gleich auf den Sachstand bei der A 49 eingehen. – Herr Lenders, Herr Rentsch, es ist Ihr Setzpunkt, ich hoffe, ich habe Ihre Aufmerksamkeit.

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

– Sehr gut, Sie sind multitaskingfähig. Das habe ich immer schon befürchtet. – Da Kollege Frankenberger Märchen erzählt hat und Kollege Lenders gesagt hat, es gebe bei mir einen geheimen Plan, habe ich mich an eine Debatte erinnert gefühlt, die wir im Frühjahr geführt haben, nämlich um die Debatte zum Thema Landesstraßenbau und die von mir verschobenen Projekte.

Da habe ich kraftvolle Worte dazu gehört, was alles dahinterstecken würde: Ideologie, was eigentlich damit umgesetzt werden sollte und was der eigentliche Plan dahinter sei usw. usf. Deswegen will ich am Anfang dieser Debatte die Gelegenheit nutzen, auf die aktuelle Entwicklung im Landesstraßenbau einzugehen.

Zur Erinnerung: Ich habe bei meinem Amtsantritt eine finanzielle Situation im Landesstraßenbau vorgefunden, die nicht gerade sehr kommod war. Es gab eine zehnprozentige Haushaltssperre in den Jahren 2013/2014. Es gab zusätzliche, weil unvorhersehbare Verkehrssicherungsmaßnahmen zur Beseitigung von Verkehrsnotständen. Es gab die Notwendigkeit der Verstärkung von Planungsmitteln für die Bundesfernstraßen aus dem Landesstraßenbauhaushalt zur Sicherstellung des Abrufs der Investitionsmittel. Das hat dazu geführt, dass ich im Frühjahr 2014 entscheiden musste, 63 Landesstraßenbaumaßnahmen zu verschieben. Das habe ich den betroffenen Kommunen am 4. April 2014 mitgeteilt. Ihre Reaktion, von der FDP und der SPD, habe ich auch noch sehr gut in Erinnerung.

(Zuruf des Abg. René Rock (FDP) – Vizepräsidentin Ursula Hammann übernimmt den Vorsitz.)

Meine Zusage an die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister war damals, dass die im Jahr 2014 verschobenen Projekte im Entwurf des Landesstraßenbauprogramms 2015 prioritär eingestuft werden. Ich kann Ihnen hier und heute mitteilen: Alle im Frühjahr des Jahres 2014 verschobenen Landesstraßenbauprojekte, die baureif sind und die vor Ort gewünscht sind, können im kommenden Jahr realisiert werden.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zwei dieser Projekte können sogar noch im Jahr 2014 begonnen werden. Das haben wir noch möglich gemacht. Die, die nicht realisiert werden können, sind diejenigen, bei denen die Kommunen selbst gesagt haben, sie wollen es nicht, oder sie wünschen, dass es später gemacht wird, weil sie es mit anderen Baumaßnahmen zusammenlegen wollen. Das sind vier Fälle. In drei Fällen gibt es noch Baurechtsprobleme, da hilft alles Geld der Welt nicht.

Herr Lenders, jetzt überlegen Sie einmal, was Sie von diesem Pult aus im Frühjahr gesagt haben. Herr Kollege Frankenberger, überlegen Sie einmal, was Sie in diesem Frühjahr von diesem Pult aus gesagt haben. Schauen Sie sich jetzt einmal an, was Realität ist. Dann wird sich vielleicht auch das, was Sie an die Wand gemalt haben, etwas relativieren, zumindest für diejenigen, die ein gewisses Interesse an der Sache haben.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und jetzt zu den Rahmenbedingungen für den Bundesfernstraßenbau im Allgemeinen und bei der A 49 im Speziellen. Auch da – das wird Sie vielleicht wundern – werden wir im nächsten Jahr eine Rekordsumme in den Bundesfernstraßenbau in Hessen investieren. Wir gehen davon aus, dass wir im Jahr 2015 Zuweisungen des Bundes für den Bundesfernstraßenbau und Investitionsmittel insgesamt in Höhe von 730 Millionen Euro erhalten. Das ist eine noch nie dagewesene Summe, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Getreu dem Koalitionsvertrag geht erstmals die Mehrzahl dieser Summe in den Erhalt der Infrastruktur und die Sanierung der bestehenden Straßen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das heißt, dass von dieser Summe 435 Millionen Euro, rund 60 Prozent, direkt in die Erhaltung von Straßen und Brücken fließen. Dann gibt es eine weitere Summe für die A 44. Sie wissen, da gibt es die Finanzierungszusage des Bundes, weil es ein Verkehrsprojekt Deutsche Einheit ist. Für weitere Bedarfsplanmaßnahmen im Um-, Aus- und Neubau gibt es 95 Millionen Euro und die verbleibenden 55 Millionen Euro sind für sonstige Investitionen bestimmt, also Lärmschutz, Radwege, Tank- und Rastanlagen sowie Verkehrsbeeinflussungsanlagen.

Ich sage ausdrücklich, dass der Bund zugesagt hat, dieses Niveau der zugewiesenen Mittel auch in den folgenende Jahren beibehalten zu wollen. Das heißt, wir legen in den nächsten Jahren mit der nachholenden Sanierung der westdeutschen Infrastruktur einen besonderen Schwerpunkt auf Hessen, weil Hessen nun einmal ein Transitland ist, wo in den letzten Jahren wenig investiert worden ist, weil die Mittel für die Sanierung eher in den Osten gegangen sind. Jetzt aber werden wir das in diesem Bundesland umsetzen.

Wenn man einmal überlegt, was Ihre Vorurteilsstruktur angeht und wie die Realität in den nächsten Jahren aussehen wird, sollten Sie darüber nachdenken, ob es nicht angebracht wäre, mich weniger zu beschimpfen und sich stattdessen mehr mit der Sache zu beschäftigen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt zur A 49. Ende April hat das Bundesverwaltungsgericht die Klage zweier Naturschutzverbände gegen den Planfeststellungsbeschluss für das Teilstück der A 49, die sogenannte VKE 40 von Stadtallendorf bis zur A 5 bei Gemünden, abgewiesen. Durch dieses Urteil ist – dies stellen die Anträge hier ja fest – eine wichtige Klärung bis dahin noch offener rechtlicher Fragen erfolgt. Es ist derzeit noch eine weitere Klage privater Grundstückseigentümer anhängig, aber wir gehen davon aus, dass auch dies relativ bald gelöst werden kann. Deshalb ist völlig klar: Wir sind rechtlich sowohl im VKE 20, im VKE 30 wie auch bald höchstwahrscheinlich im VKE 40 in der Situation, dass Baurecht vorliegt.

Nun ist es allerdings so, wie das Kürzel BAB 49 schon sagt, dass es sich um eine Bundesautobahn handelt. Das heißt, dass eine weitere und vor allem wesentliche Frage für die Realisierung der A 49 die Klärung der Finanzierung ist. Und hier ist der Bund als Baulastträger in der Pflicht. Der Bund hat bisher keine verbindlichen Aussagen zur Finanzierung der A 49 getroffen. Der Bund hat lediglich Mittel in Höhe von ca. 60 Millionen Euro für den Bau des Tunnels Frankenhain und für zwei Brücken im nördlichen Abschnitt der Verkehrskosteneinheit freigegeben. Diese Mittel kommen aus den laufenden Haushalten, dem Investitionsbeschleunigungsprogramm des Bundes und sind keine speziell für die A 49 bestimmten Mittel.

Eine Finanzierungszusage des Bundes für alle weiteren Bauleistungen nördlich des Tunnels bis hin zum Anschluss an die bestehenden Teile der A 49 bei Neuental fehlt bisher. Das ist der Abschnitt, der bislang im Bau ist. Da haben auch meine Vorgänger, Herr Rentsch und Herr Posch, keine Zusage vom Bund gehabt. Darauf will ich nur noch einmal hinweisen.

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Auch für den südlich anschließenden Teil, der VKE 30 von Schwalmstadt bis Stadtallendorf, hat der Bund bisher keine Finanzierungszusage abgegeben, obwohl für diesen Teilabschnitt bereits seit Juni 2013 Baurecht vorliegt.

Nach der derzeitigen Finanzplanung des Bundes sind somit weder die Fertigstellung der VKE 20 noch der Baubeginn und die Realisierung der VKE 30 und VKE 40 gesichert. Ich wiederhole: Auch meine Amtsvorgänger konnten, trotz wiederholter Anfragen, den Bund nicht zu konkreten Aussagen zum Weiterbau der A 49 bewegen. Das ist die derzeit vorliegende Situation.

Herr Frankenberger, ich weise einmal auf einen Punkt hin. Sie hatten zutreffend erwähnt, dass seit 1999 diese Zusage des Bundes durch die Hessische Landesregierung nicht erreicht werden konnte. Allerdings war die SPD in dieser Zeit ziemlich lange an der Bundesregierung beteiligt: Wenn ich richtig rechne von 1998 bis 2005 sieben Jahre in Rot-Grün, dann vier Jahre Große Koalition, jetzt wieder ein Jahr Große Koalition, macht zusammengerechnet 12 Jahre. Ich meine mich auch erinnern zu können, dass Sie in dieser Zeit relativ viele Bundesverkehrsminister gestellt haben:

(Zuruf von der SPD)

Müntefering, Bodewig, Klimt, noch einmal Müntefering, Tiefensee – ich glaube, das waren sie –, die FDP hat wohl auch Staatssekretäre in der Zeit unter Ramsauer gestellt. Die einzigen Parteien, die während dieser ganzen Zeit keine Bundesverkehrsminister gestellt haben, waren CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

– Das stimmt, aber das wollten Sie ja auch nie.

Ich glaube, auch deswegen gehört es dazu, sich einmal jenseits des ideologischen Pulverdampfes sehr genau zu überlegen, wie die Situation eigentlich aussieht.

Vizepräsidentin Ursula Hammann:

Ich möchte Sie an die Redezeit der Fraktionen erinnern, Herr Minister.

Tarek Al-Wazir, Minister für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung:

Vielen Dank, Frau Präsidentin, ich bemühe mich. – Wir haben im Koalitionsvertrag vereinbart, dass der begonnene Abschnitt der VKE 20, also da, wo der Tunnel als teuerste Maßnahme bereits im Bau ist, fertiggestellt wird. Die beiden südlichen Abschnitte sollen weitergebaut werden, wenn die rechtlichen Erfordernisse vorliegen – das ist klar – und die vollständige Finanzierung gesichert ist. Das ist keine Verzögerungstaktik, sondern, wie ich finde, eine Selbstverständlichkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Kein Bürger würde mit dem Bau eines Hauses beginnen, wenn nicht klar ist, ob er dieses auch wie geplant errichten darf oder das Geld nur für die Außenmauern, nicht aber für das Dach oder die Fenster reicht.

Deswegen ist aus meiner Sicht eindeutig, dass wir eine Klarheit erwarten, dass wenn man in den Weiterbau geht, man auch bei der A 5 ankommt. Natürlich gehe ich nicht davon aus, dass dies auf einmal finanziert wird. Man wird ja auch nicht sozusagen auf einmal bauen. Aber dass man eine Zusage dafür hat, dass wenn oben angefangen wird, auch genügend Finanzmittel vorhanden sind um unten anzukommen, ist eigentlich nur kluge Verkehrspolitik.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir brauchen als Auftragsverwaltung für den Weiterbau Planungssicherheit. Es ist so, dass man mit den kleinen Finanzfreigaben ohne grundsätzliche Finanzierungszusagen, bei denen man immer wieder mit dem Bau beispielsweise einzelner Bauwerke beginnt, aus meiner Sicht in absehbarer Zeit keinerlei Verkehrsfunktion hätte. Deswegen ist klar, dass wir darauf setzen, nicht neue, jahrzehntelange Provisorien in die Landschaft zu stellen.

Frau Wissler, zu Ihrem Vorschlag würde ich empfehlen, einmal mit Marburg zu diskutieren, ob es dort ein Interesse daran gibt, alles auf die B 3 und durch die Stadt Marburg zu führen. Da habe ich aus Marburg anderes gehört. Man sollte sich sehr genau überlegen, was einzelne Vorschläge woanders auslösen würden.

Klar ist, dass die VKE 20 im Bau ist und fertiggestellt wird. Ich gehe auch davon aus, dass der Bund die Mittel dafür bereitstellen wird – ansonsten wäre es widersinnig gewesen, mit dem Tunnel an einer Stelle zu beginnen, wo man ihn gar nicht an den Rest der Autobahn anschließen kann. Bevor wir aber weiterbauen, müssen wir wissen, ob der Bund bereit ist, durchzufinanzieren. Sonst würde das nächste jahrzehntelange Provisorium entstehen, und daran kann eigentlich niemand ein Interesse haben, egal, wie er jemals zu dieser Autobahn gestanden haben sollte.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen werden wir die Verhandlungen mit den verbliebenen Klägern in der VKE 40 fortsetzen. Wir werden damit Klarheit für die rechtlichen Voraussetzungen schaffen; das ist unser Job. Der Bund wiederum hat die Aufgabe, klarzumachen, dass er ein sinnvolles Finanzierungskonzept für die Realisierung der gesamten A 49 vorlegen muss.

Ansonsten würden wir dort etwas machen, was verkehrstechnisch nicht sinnvoll wäre.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie sehen, wenn man das in aller Ruhe diskutiert, dann wird es im Hessischen Landtag auf einmal ganz still. Die Zwischenrufe bleiben aus.

Deswegen freue ich mich auf die weiteren Debatten, mit Interesse an der Sache. Ich hoffe, dass wir auch noch FDP und SPD dazu kriegen. – Vielen Dank.

(Anhaltender Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsidentin Ursula Hammann:

Vielen Dank, Herr Staatsminister Al-Wazir.

Kontakt

Zum Thema