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13.03.2014

Tarek Al-Wazir: Bedeutung des Finanzplatzes Frankfurt

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe gerade eben gesehen, dass die neu entdeckte Liebe zwischen SPD und FDP schon wieder verflogen ist. Es scheint wohl nur eine kurze Affäre gewesen zu sein, Herr Kollege Weiß.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Ich will vielleicht versuchen, mal ein wenig zum Kern der Debatte zurückzukommen. In den letzten Wochen, Monaten und Jahren ist viel über die Finanztransaktionssteuer debattiert worden – mal lauter, mal leiser, mal fundierter, mal weniger fundiert. Ich will vielleicht erst einmal ganz neutral sagen, dass die Absicht, den Finanzsektor an den Kosten der vergangenen Finanzkrise angemessen zu beteiligen und vor allem finanzmarktschädliche Formen von Finanzgeschäften entgegenzuwirken, grundsätzlich richtig ist. Darin sind sich, glaube ich, in diesem Hause eigentlich fast alle einig.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dass eine Finanztransaktionssteuer ein wichtiges Instrument sein kann, um Finanzmarktakteure angemessen an den Kosten zu beteiligen – bisher ist dieser Bereich ja völlig von jeglicher Umsatzbesteuerung befreit –, ist eigentlich auch unstrittig.

Herr Kollege Rentsch, ich will vielleicht an diesem Punkt, weil auch Sie aus der „Börsen-Zeitung“ zitiert haben, einmal den Verleger und Herausgeber der „Börsen-Zeitung“ zitieren. Der hat in dem von Ihnen zitierten Artikel gesagt, die Kreditwirtschaft habe noch einen weiten Weg vor sich, bis die entstandenen Vertrauensschäden repariert seien. Diejenigen – ich zitiere Herrn Padberg, Verleger und Herausgeber der „Börsen-Zeitung“ –, die das Finanzsystem an den Rand des Abgrunds getrieben hätten, müssten zur Räson gebracht werden, und eine Wiederholung der Fehlentwicklungen und Missstände, die zu der seit 2007 grassierenden Krise führten, sei unbedingt zu vermeiden. Dazu bedürfe es angemessener regulatorischer Antworten. „Wir sind schließlich auch Steuerzahler“, so Padberg. Deshalb müsse aber nun nicht der gesamte Finanzplatz für alle Zeiten in Sack und Asche gehen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn Sie das einmal betrachten, dann müssten eigentlich auch Sie unterschreiben können. Die Pro-Argumente für die Finanztransaktionssteuer sind bekannt. Sie kann zur Finanzmarktstabilität beitragen, weil sie sehr kurzfristig angelegte Transaktionen benachteiligt und damit natürlich die Attraktivität von besonders risikoreichen Konstruktionen einschränkt.

Die Contra-Argumente sind allerdings auch bekannt. Wenn die Steuer nicht nur Spekulanten im Bereich des Hochgeschwindigkeitshandels trifft, dann besteht natürlich auch die Gefahr, dass sich nicht spekulative Geschäfte verteuern. Schließlich gibt es auch das Argument, und das ist natürlich richtig, dass die Gefahr einer Abwanderung von solchen Transaktionen und damit einhergehender Arbeitsplätze in Länder gegeben ist, in denen es eine solche Steuer nicht gibt.

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Ich will ausdrücklich sagen, wenn Sie sich den Koalitionsvertrag durchlesen, dann werden Sie feststellen, dass sich CDU und GRÜNE dort ausdrücklich zum Finanzplatz Frankfurt und den hier beschäftigten Menschen bekannt haben. Es ist auch sicher, dass wir nichts befürworten werden, was anderen nützt und Frankfurt schadet, also allein zu Verlagerungen führt, ohne in der Sache zu irgendeinem Fortschritt beizutragen. Auch an dem Punkt sind wir uns völlig einig.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Genau deswegen haben wir gesagt, in Bezug auf die Einführung einer Finanztransaktionssteuer bedeutet das, dass dies dann, wenn eine solche Steuer eingeführt wird, nur auf möglichst breiter Grundlage und eben nicht isoliert geschehen kann. Schlupflöcher, die lediglich Ausweichreaktionen und damit Wettbewerbsverzerrungen eröffnen, müssen im Interesse des Finanzplatzes Frankfurt vermieden werden.

Ich füge hinzu: Sie nützen auch nichts. Wenn die gleichen Geschäfte einfach in einem anderen Land stattfinden, haben wir für die Stabilität des Systems nichts erreicht.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Genauso haben wir es im Koalitionsvertrag vereinbart.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Zum Stichwort: Wie soll das funktionieren? – Isolierte Einführungen gab es ja schon in der Vergangenheit. In Schweden vor 30 Jahren. Das war nicht sonderlich erfolgreich und wurde nach einem Jahr wieder abgeschafft. In Frankreich vor zwei Jahren, das hat ebenfalls nichts genutzt. Deswegen ist es auch völlig richtig, dass sich in der Europäischen Union viele Staaten auf den Weg gemacht haben, die Prüfung der Einführung einer solchen Steuer gemeinsam auf den Weg zu bringen. Nur dann kann das Ganze auch seinen Zweck erfüllen.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Es ist völlig klar, dass wir eine solche isolierte nur in Deutschland geltende Steuer nicht befürworten können. Wenn eine solche Steuer kommt, lautet die Frage, wie sie ihren Zweck erfüllen kann und nicht einfach nur zu Ausweichreaktionen führt.

Auch an diesem Punkt müssten wir uns eigentlich einig sein. Es darf keine negativen Folgen für die Realwirtschaft geben und auch nicht für Kleinanlegerinnen und Kleinanleger, denn sie haben die Krise auch nicht verursacht.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen können wir die Debatte hier auch etwas gelassener führen, als die FDP sie geführt hat. Es ist völlig klar, dass das Land Hessen eine Finanztransaktionssteuer nicht einführen wird. Das ist etwas, was die Bundesregierung momentan auf europäischer Ebene verhandelt. Die Bedingungen, die auf Bundesebene gelten, werden von Hessen ausdrücklich unterstützt:

Erstens. Keine Ausweichreaktionen und keine Wettbewerbsnachteile für Deutschland.

Zweitens. Keine Benachteiligung der Realwirtschaft, keine relevanten Auswirkungen beispielsweise auf die Altersvorsorge.

Drittens. Einführung auf der europäischen Ebene im Rahmen des Instruments der verstärkten Zusammenarbeit.

Dafür muss in erster Linie die Bundesregierung arbeiten und kämpfen. Wir werden sie auf diesem Weg tatkräftig unterstützen und begleiten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vizepräsident Wolfgang Greilich:

Vielen Dank, Herr Staatsminister Al-Wazir.