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17.11.2010

Sigrid Erfurth: Reform des KFA statt 360 Millionen Euro Kürzung bei den Kommunen

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte zu Beginn meines Beitrags zum Einzelplan 6 noch einmal ein paar Zahlen aus dem Haushaltsentwurf in Erinnerung rufen: Wir haben eine geplante Nettoneuverschuldung von 2,8 Milliarden Euro; das sind 1,3 Milliarden Euro über der Verfassungsgrenze, die wir derzeit in Hessen haben. Die derzeit gültige Verfassung würde eine Neuverschuldung von rund 1,4 Milliarden Euro gestatten. Für diejenigen, die jetzt mitgerechnet haben: Die erfreulichen Steuermehreinnahmen von mehr als 600 Millionen Euro, die uns für das nächste Jahr avisiert werden, werden jetzt nicht dazu führen, dass wir die Verfassungsgrenze einhalten, die derzeitig gültige Verfassungsgrenze.

Herr Noll, Sie haben gesagt, wie Sie künftig Steuermehreinnahmen generieren wollen. Für Sie bedeutet Wachstum Steuermehreinnahmen. Herr Noll, an diesem Punkt frage ich Sie einmal: Wie viel Wachstum wollen Sie denn? – Wir haben einmal errechnet, dass 1 Prozent Wachstum ungefähr 150 Millionen Euro sind. Wenn wir uns allein in diesem Haushalt die 1,3 Milliarden Euro vor Augen halten, dann frage ich Sie: Wie viel Wachstum wollen Sie denn dann? – 10, 12, 13 Prozent, wie viel brauchen Sie denn, um das abzufedern?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, des Abg. Gernot Grumbach (SPD) und des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Herr Kollege Noll, diese Antwort sind Sie uns, die Damen und Herren – in der FDP sind es mehrheitlich Herren – von CDU und FDP, bisher schuldig geblieben.

Ich möchte noch einmal einen Blick auf das Gesetz- und Antragspaket richten, das uns mit diesem Haushaltsentwurf vorgelegt wurde. Es sind in diesem Gesetz- und Antragspaket nur wenige Abschnitte, die meine Zustimmung finden. Einer davon findet sich allerdings auf S. 29 des Finanzplans. Dort ist zu lesen – das finde ich sehr wichtig –, dass es „in den kommenden Jahren zu keiner weiteren Schwächung der staatlichen Einnahmebasis kommen“ dürfe. „Umfassende Steuersenkungen sind auf absehbare Zeit mit dem vorgezeichneten Pfad zur Rückführung der Nettokreditaufnahme nicht vereinbar.“ Das sind nicht meine Worte, es ist dem Finanzplan auf S. 29 entnommen. Lesen Sie es nach.

Ich finde, das ist sehr richtig, und da wird mit bemerkenswerter Klarheit festgestellt, dass alle Bestrebungen für ausgeglichene Haushalte Makulatur sind, wenn wir jetzt dazu übergehen, dass die Einnahmebasis durch Steuersenkungen weiter geschwächt wird. Herr Noll, ich hoffe sehr, dass Sie es sich noch einmal überlegen, ob Sie es wirklich allein mit Wachstum schaffen, oder ob Sie sich nicht auch den drei Es der Finanzpolitik zuwenden wollen, so wie wir sie Ihnen vorgeschlagen haben.

Ich möchte noch ein paar Anmerkungen zum Kommunalen Finanzausgleich machen. Herr Milde, unser Antrag zum Kommunalen Finanzausgleich liegt Ihnen vor,

(Zuruf des Abg. Günter Schork (CDU))

und wir machen da einen sehr dezidierten Vorschlag, wie wir den Kommunen aus ihrer im Moment sehr prekären Finanzsituation helfen wollen. Sie haben recht, wenn Sie sagen, dass auch die Kommunen von den Steuermehreinnahmen profitieren. Sie können aber doch nicht leugnen, dass die Kommunen erhebliche Probleme haben, ihre Haushalte auszugleichen. Auch die hochverschuldeten kommunalen Haushalte sind Tei der öffentlichen Haushalte, und von daher haben wir durchaus die Pflicht, hier den Kommunen zu helfen.

Unser Vorschlag stellt eine Verantwortungspartnerschaft her. Eine Verantwortungspartnerschaft in dem Sinne, dass wir sagen: Der Kommunale Finanzausgleich ist dringend reformbedürftig. Er setzt im Moment die falschen Anreize. Die Finanzverteilung zwischen Land und Kommunen stimmt nicht mehr, und die Finanzverteilung zwischen den Kommunen stimmt ebenfalls nicht mehr, und er ist in größtem Maße intransparent. Das muss dringend geändert werden, und in diesem Punkt ist das Land in der Pflicht, zusammen mit den Kommunen endlich etwas zu tun.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das muss nach unserer Auffassung im Jahr 2011 dringend passieren, damit wir im Jahr 2012 einen neuen Kommunalen Finanzausgleich haben. Bis dahin müssen wir den Kommunen helfen, und wir stellen uns vor, dass wir das mit dem Vorziehen einer Spitzabrechnung machen, nämlich der für das Jahr 2010 von 2012 auf das Jahr 2011. Mit diesem Anteil fordern wir sozusagen die kommunale Verantwortung ein.

Der andere Teil der Verantwortung liegt bei uns, beim Land. Daher sollten wir aus den erfreulich sprudelnden Steuereinnahmen des Jahres 2010 den Restbetrag aufstocken, damit den Kommunen hier geholfen wird.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist ein Vorschlag, der aus unserer Sicht trägt und für den wir Sie um Ihre Zustimmung bitten, weil wir glauben, dass das eine sachgerechte Lösung des Problems ist. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsidentin Sarah Sorge:

Vielen Dank, Frau Kollegin Erfurth.