Inhalt

08.07.2009

Sigrid Erfurth zum Haushaltsabschluss 2008

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Noll, vielleicht ist es Ihrer Neuheit in diesem Parlament geschuldet, dass Sie nicht gewusst haben, dass die Studiengebühren sehr wohl gegenfinanziert worden waren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Widerspruch bei der FDP)

Sonst hätte dieser Antrag gar nicht verabschiedet werden können. Diese Gegenfinanzierung hat sich in einvernehmlichen Gesprächen ergeben. Zu großen Teilen ist das aus vorher zu hoch veranschlagten Zinszahlungen finanziert worden – so einfach ist manchmal die Welt.

Ich denke, es hilft auch nicht, wenn Sie sich hierhin stellen und sagen, die Opposition hätte die Ausgaben nach oben getrieben. Es ging um 23 Millionen € für die Studiengebühren, und das hätte – mit Verlaub gesagt – den Haushalt auch nicht mehr gerettet.

(Zurufe von der FDP)

– Vergleichen Sie doch einmal die Zahlen. Da kann man nur sagen: „Schneller, höher, weiter“ scheint das Motto von Finanzminister Weimar zu sein. Seit 1999 ist der Schuldenstand unter der Regie von Karlhein Weimar in Hessen kontinuierlich angestiegen – selbst in Jahren, in denen der Zuwachs an Steuereinnahmen durchaus dazu hätte führen können, die Schulden abzusenken.

Herr Weimar, alles das haben Sie nicht getan, immer auf dem Weg zu neuen Rekorden. Auch im Jahr 2008 haben Sie es noch geschafft, das höchste Finanzierungsdefizit aller Bundesländer zu erreichen. Hut ab, kann man da nur sagen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dabei waren die Rahmenbedingungen im Jahr 2008 gar nicht so schlecht, wie der Kollege Milde uns das hier hat glauben machen wollen. Allerdings müssen wir zugeben: Jetzt schlagen die Steuermindereinnahmen auf künftige Haushalte durch, und der Einbruch der Steuereinnahmen wird uns ereilen.

Aber was wir nicht erkennen können ist, wie die Landesregierung auf diese veränderten Rahmenbedingungen reagieren will.

(Zuruf des Abg. Helmut Peuser (CDU))

Welche Anstrengungen will sie unternehmen, zu solider finanzwirtschaftlicher Arbeit zurückzukehren?

Stattdessen recycelt die CDU mit ihrem Antrag, über den wir heute abzustimmen haben, eine Presseerklärung des Finanzministers aus dem März 2009

(Zuruf des Abg. Axel Wintermeyer (CDU))

und erklärt die von Herrn Finanzminister Weimar vorgerechnete fiktive Nettokreditaufnahme zum Maß aller Dinge.

(Zuruf des Abtg. Norbert Schmitt (SPD))

Meine Damen und Herren von der CDU, meine Herren von der FDP, ich empfehle Ihnen, dazu nochmals die Rede des Kollegen Kaufmann nachzulesen – er hat diese fiktive Nettokreditaufnahme sehr gut als neue finanzwirtschaftliche Kennzahl beschrieben.

Herr Weimar, Sie können uns doch nicht ernsthaft einen Haushalt mit doppischer Buchführung vorlegen – der den Anspruch erhebt, nach den Grundsätzen doppelter Buchführung erstellt zu sein, und in dem objektive Kennzahlen und Ziele definiert werden sollen – und gleichzeitig sagen, jetzt habe ich eine neue Größe definiert, und diese neue Größe, die fiktive Nettokreditaufnahme, erheben wir jetzt zum Maß aller Dinge, und die habe ich jetzt auch noch unterboten.

Herr Weimar, das sind doch Taschenspielertricks. Die sollten Sie nicht machen. Sie sollten hier nicht mit der Mehrheit die Wahrheit beschließen lassen. Ich finde, da sollten Sie drüber stehen und seriös bleiben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Norbert Schmitt und Marius Weiß (SPD))

Zur Rechtfertigung für diesen miserablen Haushaltsabschluss muss wieder einmal der alte Sündenbock herhalten, der LFA. Wir haben es wieder gehört. Dieses Klagelied hilft Ihnen aber nicht. Genau wie der Kollege Al-Wazir heute Morgen möchte ich Sie auffordern: Klagen Sie nicht weiter, handeln Sie endlich und legen Sie einen Vorschlag vor, wie der LFA reformiert werden kann.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Holger Bellino (CDU))

Meine Herren von der FDP, meine Damen und Herren von der CDU, dann haben Sie zwei neue Wundermittel entdeckt: Künftig soll die Haushaltspolitik antizyklisch sein; und Sie haben das Versprechen des Verschuldungsverbotes.

Es wäre schön, wenn Sie in der Vergangenheit bereits antizyklisch gehandelt hätten. Dann wäre der Schuldenthron, auf dem Finanzminister Weimar sitzt, jetzt vielleicht ein bisschen weniger hoch.

Und dann das Versprechen des Verschuldungsverbotes. Meine Damen und Herren von der CDU, meine Herren von der FDP, wer soll Ihnen denn das abnehmen? Wer kann Ihnen das denn noch ernsthaft glauben? Allein der Blick in den von Ihnen aufgestellten Finanzplan zeigt doch, dass Sie sich an diesem Punkt nicht ernst nehmen. In dem von Ihnen aufgestellten Finanzplan lesen wir bis zum Jahr 2012 die Gesamtausgaben nach – wir können keine nennenswerte Rückführung der Ausgaben erkennen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Norbert Schmitt und Marius Weiß (SPD))

Ich frage Sie: Wo ist das Konsolidierungspotenzial? Wo ist es? Wir haben keine belastbare Aussage dazu. Da kann ich Ihnen nur zurufen: Verkaufen Sie die Menschen nicht für dumm – die wissen genau, dass das, was Sie Ihnen hier versprechen, überhaupt nichts bringt. Die wissen genau, dass eine Verschuldensregel, die Sie jetzt neu ins Grundgesetz schreiben wollen und zu der Sie nicht sagen, wie Sie die einhalten wollen, nichts bringt und bei der Lösung der Probleme in diesem Lande nichts hilft. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Marius Weiß und Norbert Schmitt (SPD))