Inhalt

16.12.2015

Sigrid Erfurth: Seniorenpolitik

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Demografischer Wandel, Politik für junge und ältere Menschen, für Hochbetagte, für Menschen aus anderen Ländern, anderen Kulturen, die bei uns eine Heimat gefunden haben, Politik für Familien, Politik für Kinder – alles das sind Themen, die immer gerne getrennt und separat betrachtet werden, die aber im Kern sehr eng zusammengehören und die man immer wieder einmal zusammen betrachten, in den Fokus nehmen muss und die zusammen diskutiert werden müssen. Genau das passiert in dem Antrag, den Ihnen die Koalitionsfraktionen von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN heute vorgelegt haben.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)
Ausgehend von den besonderen Bedürfnissen, die ältere Menschen unbestreitbar haben, wollen wir den Blick darauf weiten, was allen Bevölkerungsgruppen nutzt und was sich möglicherweise im ersten Schritt nicht immer gleich aufdrängt.
Ich möchte das Beispiel Barrierefreiheit nennen – Barrierefreiheit von öffentlichen Gebäuden oder auch von Wohngebäuden, von öffentlichen Plätzen, von Haltestellen für Busse und Bahnen, von Bahnhöfen und von Aufenthaltsräumen in der Öffentlichkeit. Barrierefreiheit an diesen Plätzen dient nicht nur älteren Menschen, sie dient uns allen, und sie erleichtert allen, die in der Bewegungsfreiheit eingeschränkt sind, die Teilnahme am öffentlichen Leben.
Ich denke ganz besonders an unseren ehemaligen Kollegen Dr. Andreas Jürgens. Wenn Sie einmal versucht haben, mit einem Rollifahrer abends nach der Plenarrunde einfach ein Bier trinken zu gehen, dann kriegen Sie einen ganz anderen Blick auf die Kneipenkultur. Sie kriegen einen ganz anderen Blick darauf, wie sich öffentlicher Raum verändert, wie gut gemeinte Brücken und Barrieren wie Bürgersteige sich plötzlich anders darstellen. Das ist eine gute Schule, die ich jedem empfehlen kann: einfach einmal die Perspektive wechseln und gucken, was das im öffentlichen Raum bewirkt.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU und der SPD – Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))
Von daher dient Barrierefreiheit im öffentlichen Raum nicht nur den älteren Menschen. Sie dient Familien, die Kinderwagen zu steuern haben, und im ÖPNV auch Radlerinnen und Radlern.
Weil wir nicht nur – Herr Kollege Rudolph – über aktive Teilhabe reden wollen, möchte ich Ihnen ein paar ganz konkrete Beispiele nennen, bei denen deutlich wird, wo Grün durchaus wirkt.
(Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))
– Das überlasse ich dann Ihrer Bewertung, Herr Rudolph.
(Zuruf des Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN), zu Abg. Günter Rudolph (SPD) gewandt)
So hat gestern der Verkehrsminister Al-Wazir der Stadt Frankfurt Förderbescheide für den Bau von zwei U-Bahnhofaufzügen übergeben, um ÖPNV barrierefreier zu machen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)
Am 5. Oktober hat der Verkehrsminister erklärt, die Landesregierung nutze jede Möglichkeit, ÖPNV gerade auch für Menschen mit Einschränkungen attraktiver zu gestalten. Erst kürzlich wurden dem Bund – da rechne ich auf Ihre Unterstützung – 25 Stationen zum barrierefreien Ausbau vorgeschlagen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)
Alternative Verkehrskonzepte – auch das ist ein wichtiger Punkt – wie Bürgerbusse, Mobilfalt, was wir in Nordhessen erst wieder verlängert haben, um alternative Konzepte anzubieten, auch das nützt älteren Menschen.
(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))
Die soziale Teilhabe von älteren Menschen ist ein wichtiger Punkt. Auch im Sozialbereich fördert die Landesregierung spezielle Angebote für ältere Menschen. Ich darf Sie an das Sozialbudget erinnern, wo wir für die öffentliche Altenhilfe fast 540.000 Euro festgeschrieben haben für Beratung für altersgerechtes Wohnen, für die Seniorenvertretungen in Hessen. 500.000 Euro stehen im Sozialbudget für die Förderung ambulanter Versorgungsstrukturen für 2016 bereit.
Im Bereich Wohnen – auch den will ich nicht ausblenden – gucken wir auf die Großstädte. Da gibt es die sogenannte Gentrifizierung, durch die es kaum noch günstigen Wohnraum in zentraler Lage gibt. Für alleinstehende ältere Menschen ist das oft ein Problem; denn gerade sie sind auf wohnortnahe Versorgung angewiesen. Im ländlichen Raum haben wir es andersherum. Frau Schott, Sie sprachen auch davon. Hier haben wir günstige Mieten, aber die Angebote der Versorgung sind nicht so nah dabei.
Hier wollen wir, dass genügend Angebote vor Ort erhalten bleiben. Mit dem Kommunalen Investitionsprogramm wird den Kreisen, Städten und Gemeinden mehr als 1 Milliarde Euro für solche Zukunftsprojekte zur Verfügung gestellt. Jetzt obliegt es ihnen, sie in kommunaler Verantwortung genau so einzusetzen, nämlich auch für Barrierefreiheit und für Wohnen für ältere Menschen. Das ist dann ein Akt der kommunalen Selbstverwaltung. Ich bin gespannt, wie sie den Spielraum vor Ort nutzen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)
Die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum – auch das war hier schon öfter Thema – dient allen, die sich kaum noch die überteuerten Mieten in den Städten leisten können.
Der Entwicklungsplan ländlicher Raum hat zum Ziel, dass ländliche Räume in Hessen als attraktive Wohn-, Wirtschafts- und Erholungsräume erhalten bleiben. Auch das dient älteren Menschen, wenn sie auch im Alter am vertrauten Wohnort bleiben können.
Meine Damen und Herren, ältere Menschen sind keine homogene Gruppe. Sie sind genauso vielfältig und bunt wie das Leben. Wir wollen, dass die Menschen in dieser Verschiedenheit so lange wie möglich in ihren eigenen vier Wänden bleiben können. Sie haben es angesprochen, Frau Klaff-Isselmann. Dafür braucht es unterstützende Einrichtungen, wie sie in Punkt 8 unseres Antrags beschrieben werden.
Nicht nur heterosexuelle Menschen werden alt und brauchen Unterstützung. Wir brauchen auch einen respektvollen Umgang mit homosexuellen Menschen im Alter, egal, welchen Grad von Pflege diese Menschen gerade benötigen. Auch das ist ein Feld, wo wir, glaube ich, noch Nachholbedarf haben.
Das gilt in gleichem Maße für Menschen aus anderen Kulturen. Auch hier müssen wir einen Fokus legen, und dafür brauchen wir ausgebildetes Personal, das auch in der interkulturellen Pflege unterwegs sein kann.
Auch das haben wir in unserem Antrag beschrieben. Es ist gut, dass sich die Landesregierung auch dieses Themas angenommen hat und darauf setzt, in der Ausbildung stärker tätig zu werden und Ausbildung in der Altenpflege weiter aufzubauen.
Ich denke, wir sind mit unserem Antrag gut aufgestellt. Wir haben ein breites Spektrum beschrieben, was uns erwartet, um seniorengerechte Politik in Hessen zu machen. Ich kann Sie nur bitten, unseren Antrag in dem Punkt zu unterstützen. – Herzlichen Dank.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU –Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Vizepräsident Wolfgang Greilich:

Vielen Dank, Frau Kollegin Erfurth.

Zum Thema