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22.07.2015

Sigrid Erfurth: K+S AG als selbstständiges Unternehmen mit Sitz in Hessen erhalten – Arbeitsplätze sichern und Ausgleich zwischen Ökologie und Ökonomie herbeiführen

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst eine Anmerkung zu dem Antrag der LINKEN: Frau Schott, die Gespräche – da können Sie sicher sein – werden auf allen Ebenen geführt. In allen Gesprächsrunden wird auch versucht, Umweltstandards durchzusetzen.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Ihrem Antrag – das möchte ich vorweg sagen – werden wir nicht zustimmen, weil er in der Konsequenz in die Wüste führen würde.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Meine Damen und Herren, wir GRÜNE begleiten das Unternehmen K+S schon sehr lange intensiv und kritisch oder kritisch-intensiv, je nachdem, wie Sie es sehen möchten. Das galt zu Zeiten der Opposition, und das gilt auch heute in der Regierungskoalition zusammen mit der CDU.

Es hat diesen Landtag ausgezeichnet, dass wir bei dem Thema K+S viele wichtige Beschlüsse auch einvernehmlich gefasst haben. Ich begrüße es ausdrücklich, dass es nach einigen Anläufen am Ende doch gelungen ist, auch heute einen gemeinsamen Antrag von CDU, SPD und GRÜNEN vorzulegen.

In der Tat geht es nämlich um ein wichtiges Signal – meine Vorredner haben es beschrieben –: Der Konzern Kali und Salz hängt am Weltkalimarkt, und wenn dort die Preise einbrechen, dann merken wir das hier in Hessen auch rasch und schnell und sehr nachdrücklich. Wir haben es z. B. in Hessen gemerkt, als sich die russischen Mitbewerber von der bisherigen Marktstrategie verabschiedet und im Sommer 2013 begonnen haben, sich gegenseitig zu unterbieten. Damals brachen die Erlöse bei K+S ein, und damit natürlich auch die Bereitschaft, mehr für die Umwelt zu investieren. Diese Bereitschaft schien zu wackeln.

Dennoch haben wir in der schwarz-grünen Koalition gegenüber dem Unternehmen immer deutlich gemacht, dass wir stärkere Anstrengungen seitens des Unternehmens brauchen würden, um Werra und Weser zu entlasten und um die Versenkung zu beenden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Die Begleitmusik des Übernahmeangebots der kanadischen Potash Corporation lässt die Alarmglocken klingeln. Es wird mit strategischen Vorteilen am Weltkalimarkt begründet. Ein solcher strategischer Vorteil könnte durchaus sein, den Mitbewerber vom Markt zu drängen und auch hier Standorte in Hessen zu schließen. Die realen Gefahren haben Herr Kollege Schäfer-Gümbel und auch Herr Boddenberg schon beschrieben.

Kali und Salz produziert hochwertige Waren in Hessen, aber – auch darauf haben Herr Schäfer-Gümbel und Herr Boddenberg schon hingewiesen – diese Gestehungskosten sind im Vergleich zu anderen Standorten in Hessen besonders hoch. Daher besteht unserer Ansicht nach die reale Gefahr, dass hier durch Marktbereinigung, wie es so schön heißt, auch Gruben geschlossen werden.

Deshalb haben wir in der schwarz-grünen Koalition ein hohes Interesse daran, dass Kali und Salz ein selbstständiges Unternehmen mit Sitz in Hessen bleibt. Das sage ich sehr deutlich auch in Richtung der FDP: Wir haben ein Interesse daran, uns hier einzumischen, weil wir auch ein vitales Interesse daran haben, mit Kali und Salz sowie den hier ansässigen Vorständen im Gespräch zu bleiben. Wir haben nämlich ein hohes Interesse daran, Vereinbarungen über die Umweltlasten zu treffen. Das ist nicht trivial;

(Zuruf der Abg. Jürgen Lenders (FDP))

denn natürlich verursacht Bergbau Umweltlasten, und natürlich müssen wir versuchen, diese Umweltlasten auch so einzugrenzen, dass sie der Umwelt nicht langfristig schaden.

Deshalb wollen wir, dass das Unternehmen weiterhin Bestand hat. Wir wollen, dass in der Region Nordosthessen weiterhin hochwertige Arbeitsplätze angeboten werden können, das ist unser erklärtes Ziel. Wir wollen aber auch, dass das Unternehmen weiterhin Geld verdient, weil wir sicherstellen wollen, dass die umweltverträglichen Entsorgungsmöglichkeiten finanziert werden können, und dass diese umweltverträglichen Entsorgungsmöglichkeiten auch tatsächlich angegangen werden und besonders in die Ewigkeitslasten investiert wird. Das ist keine neue Erkenntnis, das habe ich hier schon immer gesagt, in all den Jahren, in denen ich für das Thema stehe: Wir wollen, dass Kali und Salz auch für die Umweltlasten einsteht, und dafür muss das Unternehmen auch Geld in die Hand nehmen können.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Wir freuen uns, wenn andere Fraktionen unser Vorhaben unterstützen. Deshalb ist es gut, dass die SPD diesen Antrag gemeinsam mit uns eingebracht hat. Ich hoffe, dass sich auch noch andere anschließen – nach Ihrer Rede habe ich allerdings nicht mehr so viel Hoffnung, dass sich die FDP noch anschließt, Herr Lenders.

Aus unserer Sicht ist es gut, dass CDU und SPD auf Bundesebene gemeinsam dafür werben, dass K+S ein eigenständiges Unternehmen bleiben kann. Aus unserer Sicht muss man sehr genau auf das Kartellrecht schauen. Es wird nicht so einfach gehen wie bei der damaligen Fusionsabsicht, als 1997 Potash und Kali und Salz vor einem Fusionsunternehmen standen: Damals gab es noch keine europäische Fusionskontrolle, und 1997 hat allein der Inlandsumsatz von Kali und Salz ausgereicht, um die Fusion zu untersagen – meine Vorredner haben bereits darauf hingewiesen.

Seitdem hat sich die Welt allerdings weitergedreht, das Kartellrecht hat sich verändert. Ein Prüfungsansatz ergäbe sich aus unserer Sicht noch in der Möglichkeit des Kartellverbots. Die drei kanadischen Unternehmen bilden ein staatlich genehmigtes Kartell, dessen Wettbewerbsbeschränkungen sich im Falle einer Fusion auch auf Deutschland und die EU auswirken könnten. Hier könnte sich ein neuer Ansatz ergeben, falls Potash einen neuen Anlauf unternehmen sollte, K+S ein erneutes Übernahmeangebot zu machen. Daher ist es gut, wenn es viele Verbündete gibt, dieses Übernahmeangebot abzulehnen und abzuwehren.

Ich wiederhole es noch einmal: Wir haben in der schwarz-grünen Koalition ein sehr hohes Interesse daran, dass K+S ein selbstständiges Unternehmen bleibt, weil wir ein gemeinsames Interesse daran haben, dass man sich endlich auf den Weg begibt, die Rückstände aus der Kaliindustrie umweltverträglich zu entsorgen und die Balance zwischen Ökonomie und Ökologie wirklich herzustellen.

Nachdem sich der lange auch von uns GRÜNEN verfolgte Weg auf der Grundlage des Runden Tisches, Entsorgung sicherzustellen, als nicht durchsetzbar erwiesen hat – Stichwort „Nordsee-Pipeline“ –, hat Umweltministerin Priska Hinz mit dem Eckpunktepapier zum Vier-Phasen-Plan einen neuen Weg eröffnet, mit Kali und Salz über Vermeidung und Verminderung für die nicht vermeidbaren Abwässer eine möglichst umweltschonende Entsorgung zu erreichen. Diesen neuen Weg wollen wir auch rechtssicher umzusetzen versuchen und ihn in Vereinbarungen gießen. Der optimierte Vier-Phasen-Plan bietet die Möglichkeit, weiter darüber zu verhandeln, wie am langen Ende Ökonomie und Ökologie zusammengeführt werden können.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der CDU und des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Dieser optimierte Vier-Phasen-Plan, der auch Eingang in den Bewirtschaftungsplan der Flussgebietsgemeinschaft gefunden hat, kann ab 2027 bewirken, dass der gute Zustand in der Weser erreicht wird, das möchte ich ausdrücklich in Richtung der Linksfraktion sagen. Herr Schaus hat hier ganz andere Zeitabläufe diskutiert.

(Zuruf der Abg. Florian Rentsch (FDP))

Nein, wenn man diesen optimierten Vier-Phasen-Plan weiter konsequent umsetzt, wird die Weser bis 2027 durchaus den guten Zustand erreichen können. Auch in der Werra – ich erkläre es Ihnen gerne noch einmal separat, Herr Rentsch – werden wir 2027 den Grenzwert halbieren können. Das ist ein ehrgeiziges Ziel, und ich glaube, es ist es wert, dass wir daran arbeiten und versuchen, es gemeinsam umzusetzen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Dies sind Ziele, auf die wir uns konzentrieren und zu denen inzwischen gute Gespräche mit dem Vorstand von Kali und Salz laufen, die aber auch darauf angewiesen sind, dass diese Gesprächsgrundlage und der Kontakt weiterhin bestehen bleiben. Deshalb ist es von hohem Interesse, dass dieser Gesprächsfaden nicht abreißt und wir auch alles versuchen, mit Kali und Salz ein selbstständiges Unternehmen zu haben, das in der Region arbeitet und wirtschaftet, damit wir auch Ökonomie und Ökologie zusammenbringen können. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der CDU und bei Abgeordneten der SPD)

Vizepräsidentin Heike Habermann:

Vielen Dank.