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31.05.2012

Sigrid Erfurth: Neubenennung des hessischen Mitglieds im „Ausschuss der Regionen“

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Nachdem wir nach einigen Irrungen und Wirrungen heute Morgen nun die Gelegenheit zur Aussprache haben, möchten wir von der Landesregierung, und hier speziell vom zuständigen Minister für Europaangelegenheiten, Herrn Hahn, wissen, wie er zu den Aussagen der neuen Staatssekretärin für Europaangelegenheiten steht, wie er sie bewertet und insbesondere, ob er sie auch teilt.

Frau Breier wird das hessische Gesicht und die hessische Kontaktfrau in Brüssel sein. Sie soll dort hessische Politik vertreten. Sie wird vorgeschlagen, im Ausschuss der Regionen ihren Platz einzunehmen, indem auch immer sehr viel abzustimmen ist, wie wir schon einmal lernen konnten.

Auf der Homepage des Justizministeriums wird die Aufgabe der Europaabteilung in etwa so umrissen:

Die … Europaabteilung und die Vertretung des Landes Hessens bei der EU in Brüssel begleiten in enger Abstimmung mit den Fachministerien die europäischen Entwicklungen und analysieren die Landesinteressen. … Als starkes Land in der Bundesrepublik Deutschland und als starke Region in der Europäischen Union beteiligt sich Hessen aktiv an der Rechtssetzung auf europäischer Ebene. Über die Mitwirkung im Bundesrat, in der Europaministerkonferenz, im Ausschuss der Regionen, aber auch über informelle und formelle Kontakte zu den europäischen Institutionen … nimmt das Land Einfluss auf viele Initiativen.

Ich würde einmal sagen, das gleicht der Stellenbeschreibung der Stelle der neuen Staatssekretärin im Europaministerium. Diese Staatssekretärin wird auch auf die Rechtssetzung Einfluss nehmen, so heißt es in der Beschreibung, und auch auf viele europäische Initiativen.

Diese Staatssekretärin hat erklärt, sie halte Viktor Orbán für einen Demokraten. Dieser Viktor Orbán hat kurz nach Amtsantritt die Verfassung Ungarns so geändert, dass die Regierungsparteien wesentlich mehr Einfluss auf alle möglichen Bereiche des Lebens bekommen. Die Kompetenzen des Verfassungsgerichtes wurden eingeschränkt. Sie wurden so eingeschränkt, dass die Bürgerinnen und Bürger in wirtschaftlichen und sozialen Fragen nicht mehr selbst klageberechtigt sind.

Dieser Orbán hat ein Mediengesetz verabschiedet, das einen Proteststurm im europäischen Ausland hervorgerufen hat. Über diesen Orbán hat der Träger des Zürcher Journalistenpreises, Bernhard Odehnal, gesagt, Orbán sei zwar auf demokratischem Weg an die Macht gekommen, aber seine Regierung schaffe jetzt die Demokratie ab.

(Zuruf des Abg. Manfred Pentz (CDU))

Ich habe einen Journalisten zitiert.

(Zuruf des Abg. Holger Bellino (CDU))

Ich habe nicht behauptet, dass Herr Orbán undemokratisch gewählt worden ist. Viele Staatsmänner, die demokratisch gewählt worden sind, haben nachher einige demokratische Grundrechte nicht mehr so betrieben, wie wir das von ihnen erwarten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE) – Zuruf des Abg. Peter Beuth (CDU))

Außerdem unterstützt Herr Orbán jetzt den Kult um den bekennenden Rassisten József Nyirö.

Dieser József Nyirö, ein Blut-und-Boden-Schriftsteller – so wird er bezeichnet –, hat wohl zu Lebzeiten geäußert, er würde gern in seiner Heimatregion Siebenbürgen beigesetzt werden. Er wurde in Madrid eingeäschert. Jetzt hat sich das ungarische Parlament überlegt, es sei doch eine gute Idee, diesen Nationalisten und bekennenden Rassisten in seiner Heimatregion Siebenbürgen beisetzen zu lassen. Siebenbürgen liegt heutzutage in Rumänien. Man hat sogar einen Streit mit der rumänischen Regierung vom Zaun gebrochen, denn die Rumänen hatten es nicht gerne, dass in Siebenbürgen ein bekennender Rassist beigesetzt werden soll, und sie wollten auch nicht gerne einen Wallfahrtsort für Extremisten schaffen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Zuruf des Abg. Holger Bellino (CDU))

– Ich bin sehr bei der Sache. Ich bin dabei, zu beschreiben, was in Ungarn passiert.

Ich möchte Sie fragen, ob Sie wirklich meinen, dass Staatspräsident Viktor Orbán ein „Demokrat“ ist, wie sich die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes Hessen einen Demokraten vorstellen. Da Frau Breier das Aushängeschild der hessischen Europapolitik sein wird, fragte ich den zuständigen Minister, Herrn Hahn – der sich bisher noch nicht dazu geäußert hat –: Teilen Sie diese Haltung von Frau Breier, und wenn ja, wie wird Frau Breier Hessen bei der EU nach Ihrer Vorstellung künftig vertreten?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Vizepräsidentin Ursula Hammann:

Vielen Dank, Frau Kollegin Erfurth.