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30.01.2013

Sigrid Erfurth: Kommunaler Finanzausgleich

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann einen Satz des Kollegen van Ooyen aufgreifen: Es ist noch ein weiter Weg bis zu einer KFA-Reform, die diesen Begriff auch verdient und die tatsächlich eine Reform darstellt.

Herr Dr. Schäfer, ich glaube, die Einbringung dieses Gesetzentwurfs ist Ihnen schon ein bisschen schwer gefallen. Sie waren mit großen Zielen gestartet, wollten eine richtige Reform im Kommunalen Finanzausgleich bewegen. Dann hat die Kraft der Regierung nicht gereicht, sich hier tatsächlich durchzusetzen und wirkliche Reformvorschläge zum Kommunalen Finanzausgleich einzubringen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Man kann mit Fug und Recht behaupten: Das ist der Werdegang eines großen Projekts von der Reform zum Reförmchen. – Erinnern wir uns noch einmal. Bereits im Jahr 2006 hatte Ihr Vorgänger im Amt, Karlheinz Weimar, fünf Probleme identifiziert, die gelöst werden müssten. Da ging es um die Finanzkraftgarantie, um abundante Kommunen, um Einwohnerveredelung, um die Aufteilung von Schlüsselmassen und um Sonderstatusstädte. All das sind schon für sich genommen problembehaftete Themen, für die Regelungen geschaffen werden müssen. Es wäre gut, wenn die Landesregierung sie einer Lösung zuführen könnte. Aber selbst wenn man das lösen würde, dann ist das Grundproblem des Kommunalen Finanzausgleichs immer noch nicht gelöst. Wir haben nämlich keine vernünftige Finanzverteilung zwischen den Ebenen Land und Kommune, selbst dann nicht, wenn wir die genannten Probleme lösen würden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es war im Jahr 2006, als Ihr Vorgänger Karlheinz Weimar diese Problemfelder identifizierte. Dann passierte erst einmal nichts. Im Jahr 2008 wurde die Mediatorengruppe eingerichtet, damals sogar noch von Ministerpräsident Roland Koch, also ziemlich hoch aufgehängt. Dann wurden Experten benannt, die zu den von Ihnen benannten Problembereichen Lösungsvorschläge erarbeiten sollten. Diese Gruppe arbeitete bis 2009 vor sich hin. Als man gedacht hat, sie ist schon ganz in der Versenkung verschwunden, wurden im Jahr 2011 die Vorschläge dem Ministerpräsidenten, der dann Volker Bouffier hieß, übergeben. Es hat also fünf Jahre gedauert, bis diese Problembereiche bearbeitet worden sind und bis es Lösungsvorschläge gab.

(Zuruf des Abg. Manfred Pentz (CDU))

Dann gab es unsere Facharbeitsgruppe KFA. Auch hier teile ich die Einschätzung meiner Vorredner: Es war gut, dass wir versucht haben, uns der Problemlagen im Konsens zu nähern, dass wir versucht haben, eine Lösung zu erarbeiten. Allerdings haben wir nur ein gutes Jahr gebraucht, um zu merken: In dieser Arbeitsgruppe gibt es keinen Konsens. Es war so angelegt, dass die Mediatorenvorschläge in dieser Arbeitsgruppe keiner Lösung zuzuführen waren. So wurde aus der groß angelegten Reform ein Reförmchen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Minister, was Sie als erstes Paket einer Reform bezeichnen, ist allenfalls ein Brief, der viel zu lange unterwegs war. Sie haben einen Gesetzentwurf vorgelegt, der an einzelnen Symptomen herumdoktert und an einzelnen Stellschrauben operiert, der aber das Grundproblem, nämlich die Finanzverteilung zwischen Land und Kommunen, nicht löst. Diese Lösung war von Ihnen auch gar nicht beabsichtigt. Ganz im Gegenteil, Sie haben das Grundproblem noch einmal verschärft, als Sie, noch während des Mediationsverfahrens, in den Koalitionsverhandlungen zwischen CDU und FDP ankündigten, dem KFA werden dauerhaft Mittel entzogen. Das haben Sie im Jahr 2011 wahr gemacht. Damit haben Sie einer gedeihlichen Vereinbarung im Grunde den Boden entzogen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Ich kann doch einer Ebene nicht erst einmal Geld wegnehmen und sagen: „Über die Verteilung des Rests reden wir später.“ So schaffe ich doch kein Vertrauen. Da kann doch von einer partnerschaftlichen Ebene und einem Verfahren auf Augenhöhe überhaupt nicht die Rede sein.

Wir haben Ihnen in unserem Konzept „Hessens Kommunen fair finanzieren“ einen Vorschlag gemacht, wie man die Finanzausstattung zwischen Land und Kommunen auf partnerschaftlicher Ebene neu regeln und auf eine neue, verlässliche und faire Grundlage stellen kann.

Es gab aber überhaupt keine Bereitschaft, dieses Thema zu bearbeiten, weder in der Finanzarbeitsgruppe noch vonseiten der Landesregierung.

(Zuruf des Abg. Günter Schork (CDU))

Sie sind dabei geblieben: Sie schrauben weiter an kleinen Stellschräubchen, und Sie machen sich an kleinteiligen Änderungen zu schaffen, die aber das Grundproblem überhaupt nicht lösen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Norbert Schmitt (SPD) und Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Schauen wir uns einmal an, was in dem Paket, das Sie für uns gepackt haben, tatsächlich an Änderungen vorhanden ist. Da wird ein Problem angegangen, das in Hessen spätestens seit der Enquetekommission Demografischer Wandel in den Jahren 2003 bis 2007 hinreichend bekannt ist, nämlich dass die Bevölkerung in einigen Teilen des Landes Hessen zurückgeht und dass der KFA darauf bisher keine Antwort hat. Herr Finanzminister, Sie haben es zu Recht beschrieben. Dann schafft es diese Landesregierung erst im Jahr 2013, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der dieses Problem behebt. Ich finde, darauf kann man wahrhaft nicht stolz sein.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist in der Tat richtig, dieses Problem jetzt anzugehen. Aber es kommt viel zu spät und viel zu halbherzig. Sie lösen auch, wie gesagt, das Grundproblem nicht, die Finanzverteilung zwischen dem Land und den Kommunen auf eine verlässliche Grundlage zu stellen.

Über die Frage, welche Berechnungen richtig sind, werden wir uns in den Anhörungen sicherlich noch auseinandersetzen müssen. Aber natürlich ist klar, dass man in einer Schattenberechnung immer schaut: Wo sind die Gewinner, wo sind die Verlierer? – Man kann nicht prognostizierte Zahlen nehmen und diese allein zum Instrument der Verteilung erklären. Ich glaube, damit kommen Sie nicht durch. Das lassen Ihnen auch die Kommunalen Spitzenverbände nicht durchgehen. Da muss man mit offenen Karten spielen. Da muss man auch klarmachen, warum man für richtig erkannte Grundsätze durchsetzen will.

Es ist so, dass es bei einer Verteilung immer Gewinner und Verlierer gibt. Dazu muss man stehen und darf sich nicht verstecken und sagen: Das verstecken wir hinter dem Steueraufwuchs. – Wir wissen aus der Debatte um das Loch im Haushalt, dass der Steueraufwuchs, der prognostiziert wird, ziemlich volatil ist und dass er relativ schnell verschwinden kann. Das wissen auch die Kommunen. Deshalb wollen sie sich darauf überhaupt nicht verlassen. Ich finde, das stände Ihnen auch gut an. Ich bin ganz gespannt, wie wir in den anstehenden Beratungen damit weiterkommen. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Vizepräsidentin Ursula Hammann:

Vielen Dank, Frau Kollegin Erfurth.