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26.06.2014

Sigrid Erfurth: Finanzpolitische Leitlinien der Landesregierung weisen Weg zu generationengerechter Haushalts- und Finanzpolitik

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! In zweiter Lesung beraten wir heute den Nachtrag, den Finanzminister Schäfer für die schwarz-grüne Landesregierung vorgelegt hat. Ganz ordnungsgemäß haben wir eine Anhörung durchgeführt. Wir hatten eine kursorische Lesung. Zugegebenermaßen war die etwas ungewöhnlich, denn wir haben sie im Landtag durchgeführt und nicht in den Ministerien.

Wir haben heute die zweite Lesung des Nachtragshaushalts, und es ist auch nicht so ungewöhnlich, dass Änderungsanträge erst zur dritten Lesung kommen. Das passiert sogar, wenn man reguläre Haushaltsgesetze berät.

Dieser Nachtrag heute in zweiter Lesung ist für uns der erste Schritt zur Umsetzung des finanzpolitischen Konzepts, das wir uns in unserem schwarz-grünen Koalitionsvertrag vorgenommen haben. Naturgemäß beschränkt sich dieser Nachtrag zunächst einmal auf die nötigen Anpassungen für das laufende Jahr, die sich durch die Regierungsbildung ergeben haben. Er bildet unsere neuen Schwerpunkte ab: in der Energiewende, in der Wirtschafts- und Verkehrspolitik, in der Infrastrukturpolitik sowie in der Umwelt- und Landwirtschaftspolitik. Nicht zu vergessen: Wir setzen einen neuen Schwerpunkt mit der neuen Stelle für Antidiskriminierung im Sozialministerium.

Im Übrigen ist er sehr knapp. Das ist so. Aber er zeigt deutlich, dass er sich in ein finanzpolitisches Konzept einfügt. Gemeinsam mit der CDU haben wir von Anfang an als unser zentrales finanzpolitisches Ziel im Blick: Wir wollen Einnahmen und Ausgaben endlich ins Gleichgewicht bringen. Wir wollen die Neuverschuldung ab 2019 auf null reduzieren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU)

Um das nochmals zu unterstreichen legen wir Ihnen unseren Antrag zu den finanzpolitischen Leitlinien vor.

Da geht es zunächst um die Einhaltung der Schuldenbremse. Das machen wir mit unserem Antrag nochmals sehr deutlich, und das ist auch unser fester Wille. Die schwarz-grüne Koalition will und kann keine kurzatmige Finanzpolitik von einem Haushaltsplan zum anderen betreiben, sondern wir wollen nach einem festen Plan auf den strukturell ausgeglichenen Haushalt hinsteuern.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte Sie nochmals an den überparteilichen Konsens erinnern, den wir im Zusammenhang mit der Volksabstimmung zur Einführung der Schuldenbremse erreichen konnten. Das war ja nicht selbstverständlich. In sehr konstruktiven Verhandlungen haben sich CDU, SPD, FDP und GRÜNE auf einen Verfassungstext verständigt, und wir haben uns darauf verständigt, den Abbau der Neuverschuldung Schritt für Schritt vorzunehmen.

In diesem Nachtrag haben wir jetzt den vom Finanzminister konkretisierten Abbaupfad bis zum Jahr 2019 festgestellt. Wir wissen auch schon heute – das ist auch schon in anderen Reden angeklungen –, dass die Einhaltung dieser Defizitgrenzen hohe Anforderungen an die Finanzpolitik stellen wird. Das wird kein Spaziergang. Aber wir sind bereit, uns diesen Herausforderungen zu stellen.

Da möchte ich einmal auf den Antrag der SPD kommen. Sie sind offenbar nicht bereit, sich irgendeiner Herausforderung zu stellen.

Wenn ich mir diesen Antrag einmal anschaue und versuche, Preisschilder hinter dem anzubringen, was Sie hier vorschlagen, dann wird mir schwindelig.

(Zurufe von der CDU)

Dann wird mir wirklich schwindelig. Beispielsweise schreiben Sie, Sie wollen beim Landesstraßenbau neu investieren. Sie schreiben da noch von einem zweistelligen Millionenbetrag. Herr Schmitt hat es dann hier konkretisiert: 42 Millionen Euro.

Dann sagen Sie, es sollen weitere 60 Millionen Euro für Asylbewerber eingesetzt werden. Sie verschweigen, dass wir in unserem Nachtrag bereits 60 Millionen Euro an die Kommunen ausschütten.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

– Das kann man so sehen. – Wir stellen den Kommunen das zur Verfügung, was die steigende Zahl der Flüchtlinge verlangt. Das sind 60 Millionen Euro.

Herr Schmitt, es stimmt: Es gab größere Wünsche. Die Kommunen haben gesagt, sie wollen 120 Millionen Euro haben. Auf Nachfrage konnten sie uns aber nicht vorrechnen, wie sie das herleiten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Es war nicht herauszubekommen, wie sie denn auf diesen Betrag von 120 Millionen Euro kommen. Herr Schmitt, ich bitte Sie. Das ist doch nicht seriös. Es ist doch nicht seriös, zu sagen: „Dann schenken wir euch das einmal.“ Auch Sie wissen doch: Wir sind in einem gemeinsamen Diskurs mit den Kommunen. Da ist Herr Dr. Dippel im guten Gespräch mit den Kommunalen Spitzenverbänden, um herauszufinden, welcher Finanzbedarf da wirklich besteht.

Zunächst besorgen wir das, was zu besorgen ist. Es gibt 60 Millionen Euro für die gestiegene Zahl der Flüchtlinge. Wir setzen den Schwerpunkt im Sozialbereich, und das ist gut und richtig so.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Damit komme ich wieder auf das Papier der SPD zurück. Hier schreiben Sie, Sie missbilligen den Wortbruch des Finanzministers, dass wir schon jetzt die Grunderwerbsteuer erhöhen. – Das finde ich lustig, echt lustig.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

– Ich finde Ihr Anliegen, auf die Erhöhung der Grunderwerbsteuer zu verzichten, wirklich putzig.

(Lachen des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU))

Vorne schreiben Sie, wir hätten nicht genügend Einnahmen, und hinten schreiben Sie, wir sollen aber auf Einnahmen verzichten. Ja, was wollen Sie denn nun?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Jürgen Lenders (FDP))

Sie nennen hier weitere 60 Millionen Euro, auf die wir verzichten sollen. Wir sollen die Grunderwerbsteuer nicht erhöhen. Das heißt, es würden im Haushalt 60 Millionen Euro fehlen. Und dazu angemerkt: den Kommunen nochmals 10 Millionen Euro, die sie nämlich durch die Spitzabrechnung noch bekommen. – So viel zur kommunalfreundlichen Politik: 60 Millionen Euro, die Sie hier in Abrede stellen.

Dann sagen Sie, Sie wollen den Kommunen 350 Millionen Euro für den KFA zurückzahlen.

Ja, die Kommunen haben schwere Haushalte und hohe Defizite. Das haben wir gestern bei der Schuldenbremse besprochen.

(Zuruf von der SPD)

– Ja, 450 Millionen Euro; vorhin sprachen Sie sogar von 400 Millionen Euro. Das ist dieselbe Größenordnung.

Dann stellen Sie in Abs. 10 fest, dass der Rettungsschirm nicht ausreicht. Hier steht nun kein Preisschild dran. Wie viel darfs denn sein? 1 Milliarde Euro? 2 Milliarden Euro? – Ich weiß es nicht. Ich kann es nicht nachvollziehen.

Wenn ich das, was Sie hier schreiben, einmal mit groben Preisschildern versehe, dann komme ich auf eine gute halbe Milliarde Euro. Herr Schmitt, woher soll es denn kommen? Ich frage Sie, ich frage die Kolleginnen und Kollegen von der SPD: woher soll es kommen?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Axel Wintermeyer (CDU))

Den einzigen Vorschlag zur Einnahmenerhöhung, den das Land tatsächlich umsetzen kann, nämlich die Erhöhung der Grunderwerbsteuer, wollen Sie nicht haben. Bei dem Punkt, an dem wir die hessische Verfassung ernst nehmen und sagen, wir betrachten Einnahmen und Ausgaben, und wo wir in einem wirklich schweren Diskurs mit unserem Koalitionspartner darum gerungen haben, wie wir das gemeinsam schaffen – da sagen Sie: Nein, das wollen wir nicht.

Ich finde es schon merkwürdig. Eine gute halbe Milliarde Euro wollen Sie hier mehr ausgeben: ohne einen Vorschlag zur Gegenfinanzierung. Sie haben etwas angekündigt. Ich bin einmal gespannt, wie viel das wird, wenn Sie uns Ihre Anträge vorlegen.

(Zuruf des Abg. Günter Schork (CDU))

– „Einführung der Vermögensteuer“ wird mir da zugerufen. Ich glaube, das war in Berlin auf Bundesebene so nicht durchsetzbar. Dunkel habe ich das in Erinnerung.

(Norbert Schmitt (SPD): Wegen der CDU!)

– Mittlerweile glaube ich auch: wegen der SPD – wenn ich die neuerlichen Äußerungen Ihres Parteivorsitzenden richtig verstanden habe.

(Beifall der Abg. Daniel May (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Günter Schork (CDU))

Kommen wir einmal zurück zum Nachtrag. Ich möchte mich nochmals kurz mit den Veränderungen auf der Einnahmenseite beschäftigen.

Ich habe Ihnen vorgetragen: Wir wollen eine wichtige Position auf der Einnahmenseite erhöhen, nämlich die Grunderwerbsteuer. Das wird auch den Kommunen etwas bringen. In der vollen Jahreswirkung werden das 155 Millionen Euro Mehreinnahmen sein – wovon dann bei den Kommunen ungefähr 25 Millionen Euro ankommen. Ich finde, das ist ein Wort. Da kann man künftig Sorge tragen, wie sich die Einnahmen besser gestalten.

Ich glaube, davon hat auch der Kollege van Ooyen vorhin gesprochen: Im Haushaltsabschluss 2013 hatten wir eine erfreuliche Entwicklung bei den Steuermehreinnahmen. Im Jahr 2014 dreht sich das jetzt aber um, und wir haben jetzt eine Delle bei den Steuereinnahmen. Das decken wir aus der vorsorglich angelegten Rücklage. Herr van Ooyen, dafür war die angelegt: dass wir die Steuermindereinnahmen daraus decken können.

Wir setzen Akzente im Sozialbereich. Ich habe Ihnen vorgetragen, dass wir zusätzlich 60 Millionen Euro für die Unterbringung von Flüchtlingen bereitstellen, weil die Zahlen angestiegen sind.

Und wir stellen weitere 10 Millionen Euro für die Betreuung von behinderten und nicht behinderten Kindern zur Verfügung.

Wenn ich das unter dem Strich zusammenfasse, dann kann ich mit Freude feststellen: Wir haben es geschafft, in diesem Nachtragshaushalt die Verschuldung unter 1 Milliarde Euro zu drücken. Das ist anders als bei Schwarz-Gelb. Sie hatten noch über 1 Milliarde Euro Schulden in Ihrem Haushalt, Herr Hahn. Ich kann nicht verstehen, warum Sie gesagt haben, das wäre jetzt nur Pflicht und keine Kür. Sie hatten es doch so vorgeschlagen, dass Sie dieses Defizit reißen.

Ich kann feststellen: Wir stellen Ihnen hier einen Nachtrag vor, in dem die Verschuldung erstmals seit 2008 unter einer 1 Milliarde Euro liegt. Wir setzen Schwerpunkte im sozialen Bereich. Da sind wir auf einem guten Weg. Wenn wir so weiter machen, werden wir auch sicherlich unser Ziel im finanzpolitischen Bereich erreichen. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)