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16.11.2011

Sigrid Erfurth: Einzelplan 06 – Hessisches Ministerium der Finanzen

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Milde, vorab eine Anmerkung zur hessischen Verfassungsgrenze. Herr Kollege Kaufmann, den Sie hier als Kronzeugen herangezogen haben, hat Ihnen im Haushaltsausschuss klar und deutlich belegt, dass die enge hessische Verfassungsgrenze immer gegolten hat,

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

bis die Weimarschen Ausrisse kamen und Weimar erklärt hat: Die gilt jetzt nicht mehr, und jetzt haben wir eine andere Verfassungsgrenze. Auch das hat Ihnen Herr Kollege Kaufmann klar und deutlich formuliert, und er hat sozusagen ein bisschen abseits von dem, was Herr Schmitt vertreten hat, gesagt, wir würden nicht klagen, weil wir glauben, dass uns das Bundesverfassungsgericht hier nicht recht geben würde, weil nämlich die hessische Verfassungsgrenze in allen anderen Bundesländern nicht gilt. Das ist ein ganz klarer Unterschied, und es ist nicht das, was Sie da hineininterpretieren wollen, Herr Milde. Das ist ganz klar etwas anderes.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU))

Wir haben uns über Jahre an die enge hessische Verfassungsgrenze gehalten, auch immer getrieben von der CDU, die uns vorgeworfen hat, wir würden die Haushalte nicht ausgleichen. Ich denke, Sie sollten sich da ein bisschen zurücknehmen, sonst graben wir diese ganzen alten Protokolle wieder aus. Von daher gilt, ein bisschen herunterzukommen und hier nicht Siegel hervorholen zu wollen, wo es keine gibt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Meine Damen und Herren, die Konjunktur läuft gut; die Steuereinnahmen sprudeln. Als wir im letzten Jahr über den Haushalt sprachen, hätten wir das in diesem Ausmaß nicht für möglich gehalten. Ich sage auch: Es ist gut, dass es so ist. Die Frage ist aber: Was macht der hessische Finanzminister mit dieser glänzenden Ausgangslage? – Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass die Steuermehreinnahmen entsprechend dem Haushaltsentwurf um 1,5 Milliarden Euro ansteigen und sich der Finanzminister lobt, er könne die Nettoneuverschuldung um gut 700 Millionen Euro zurückfahren. Trotzdem bleibt die Nettoneuverschuldung aber bei über 1,5 Milliarden Euro. Das ist kein gutes Ergebnis, und wir hätten uns bei der Aufstellung des Haushalts schon ein bisschen mehr Ehrgeiz gewünscht.

Außerdem verärgert der Finanzminister die Kommunen mit Rechentricks. Herr Milde, genau das haben auch Sie eben wieder getan, indem sie nämlich die Eigenmittel der Kommunen aus der Kompensationsumlage, die nämlich die kreisangehörigen Gemeinden an die Landkreise und die kreisfreien Städte zahlen, in die Finanzausgleichsmasse hineinrechnen müssen. Das geht so nicht, und das sind üble Rechentricks, die das Ergebnis sozusagen schönrechnen. Ich finde, das hätten Sie nicht nötig, und das sollten Sie auch nicht tun.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Im Gegensatz zu dieser Landesregierung haben wir Vorschläge erarbeitet, wie wir uns Haushaltspolitik vorstellen, die den Namen „zukunftsfähig“ wirklich verträgt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben Ihnen mittlerweile drei finanzpolitische Konzepte vorgelegt und Ihnen gesagt, wie wir mit den drei finanzpolitischen Es, nämlich mit Einsparungen, Effizienzsteigerungen und Einnahmenerhöhungen die Haushaltspolitik auf eine bessere, solidere Grundlage stellen wollen. Unsere Haushaltsanträge, die wir Ihnen zur nächsten Sitzung im Haushaltsausschusses vorlegen werden, werden eine weitere Reduzierung der Nettoneuverschuldung um 540 Millionen € ermöglichen, und das, obwohl wir zusätzlich in Bildung, Umwelt und Soziales investieren. Warum schaffen wir das? – Weil wir aus dem Haushalt nämlich unsinnige Projekte herausnehmen. Das Unsinnsprojekt Kassel-Calden soll endlich ad acta gelegt werden. Das Geld wollen wir für sinnvolle Projekte ausgeben, und wir wollen die in den Rücklagen gebunkerten Beträge einer sinnvollen Verwendung zuführen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weil wir uns auch zur Verantwortung des Landes für die Einnahmen bekennen – auch das war Teil des Schuldenbremskompromisses für die Hessische Verfassung –, wollen wir, dass die Grunderwerbsteuer auf 4, 5 Prozent angehoben wird, so wie es in anderen, auch CDU-geführten Bundesländern schon längst geschehen ist. Das sind alles Dinge – da bin ich sehr nahe bei Norbert Schmitt –, die die Landesregierung in eigener Regie umsetzen kann, und da müssen wir überhaupt nicht auf die Bundesregierung warten. Das können wir hier selbst tun, wenn denn der politische Wille da wäre, sich auch zur Einnahmeverantwortung zu bekennen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD sowie des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Abschließend noch ein Wort zum Kommunalen Finanzausgleich. Auch hierzu haben wir ein Konzept vorgelegt, wie die Finanzverteilung zwischen Kommunen und Land auf partnerschaftlicher Ebene funktionieren kann. Die Landesregierung hat jetzt endlich, nach mehr als drei Jahren Diskussion, Vorschläge der Mediatoren vorgelegt, die leider das grundlegende Problem in der Finanzverteilung nicht lösen. Die Vorschläge des Finanzministers greifen altbekannte Probleme in der Finanzverteilung zwischen den Kommunen auf, und damit setzen sie aus unserer Sicht eine Stufe zu spät an. Trotzdem werden wir – auch das sagen wir – uns nicht verweigern, in der jetzt einberufenen Fachkommission mitzuarbeiten, damit endlich Bewegung in diesen Prozess kommt und sich wenigstens etwas tut.

Insgesamt bleibt festzuhalten: Schwarz-Gelb treibt die Schulden in Hessen nach oben und nimmt die Einnahme- und Ausgabeverantwortung nicht so wahr, wie es die Herausforderungen des Landes erfordern. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Vizepräsident Frank Lortz:

Vielen Dank, Frau Kollegin Erfurth.