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25.08.2011

Sigrid Erfurth: Der Hessentag lädt uns ein, künftig alle zwei Jahre dabei zu sein

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! „Der Hessentag lädt uns ein, künftig alle zwei Jahre dabei zu sein.“ Wir haben zu Beginn dieser Plenarwoche sehr engagiert über Einsparungen im Bereich des Justizministeriums gestritten. Die Schließung der Gerichte soll nach den Vorstellungen des Justizministers 2,5 Millionen Euro bringen. Andere Fachbereiche suchen in ihren Zuständigkeitsbereichen ebenfalls, wo eingespart werden kann, um die Vorgaben des Finanzministers und der Schuldenbremse zu erfüllen. Sparen, wo es nur geht, heißt die Devise.

(Vizepräsident Lothar Quanz übernimmt den Vorsitz.)

Aber an anderer Stelle im Landeshaushalt scheint es durchaus eine heilige Kuh zu geben. Beim Hessentag wird offenbar nicht nach Möglichkeiten der Einsparung gesucht, sondern ganz im Gegenteil nach Zwangsbeglückung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Anders kann ich es nicht nennen, wenn man jetzt nicht die Absage der Stadt Vellmar als Chance begreift, über den Hessentag neu nachzudenken, sondern jetzt fragt, welche Stadt sich künftig für die Ausrichtung zur Verfügung stellt. Ich möchte Ihnen noch einmal ein paar Zahlen in Erinnerung rufen. Die Durchführung des Hessentags in Langenselbold 2009 hat mehr als 3,3 Millionen Euro Landesmittel gekostet. Hinzu kommen Zuwendungen aus Landesmitteln für Investitionen von mehr als 5,6 Millionen Euro. Außerdem wurden noch mal aus dem Kommunalen Finanzausgleich 2,8 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Darum kann man sich durchaus fragen, wo die Schwerpunkte sind und ob es nicht Möglichkeiten gibt, hier nach Einsparpotenzialen zu suchen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Hessentag oder die Hessentage, wie man vielleicht besser sagt, haben ein Ausmaß angenommen, die mit dem eigentlichen Ansatz des Hessentags nicht mehr viel gemein haben. Ursprünglich als Fest der Begegnung von Menschen unterschiedlicher Kulturen und Herkünfte angelegt, haben wir jetzt eine zehntägige Megaparty, bei der sich die Bürgermeister und Stadtverordneten erst einmal damit beschäftigen müssen, was denn gerade die angesagte Teenygruppe ist, damit sie für diese Gruppe ordentlich Werbung machen können. Das Hessentagspaar und der Bürgermeister gehen über das Fest, bewegen sich zwischen der Oldiepartie des Hessischen Rundfunks und angesagten Teenygruppen und versuchen, dafür Werbung zu machen.

Das eigentliche Programm des Hessentags, nämlich das Info- und Kulturprogramm, das eigentlich einmal der Kern der Sache war, verkommt dabei oft zu lästigem Beiwerk.

(Zuruf des Abg. Holger Bellino (CDU))

– Herr Bellino, ich bin sehr oft dabei, und ich weiß, dass sich die Veranstalter und die Landesregierung immer sehr bemühen, und das diese Veranstaltungen oft von sehr geringen Besucherzahlen beglückt  werden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Holger Bellino (CDU))

– Getreu nach dem Motto „höher, schneller, weiter“ ist der Maßstab immer noch, wie viele Besucherzahlen denn zum Hessentag strömen.

(Zuruf des Abg. Holger Bellino (CDU))

Ich frage mich, ob es wirklich die richtige Messgröße ist, nur zu messen, wie viele Besucherinnen und Besucher zu einer großen Megasause kommen. Ich frage mich auch, welche Art des Austauschs zwischen Kommerz und lauter Rock-, Pop- oder Schlagermusik möglich ist. Ich finde, dabei geht etwas verloren, was doch eigentlich der Kern der Sache ist.

(Zuruf des Abg. Holger Bellino (CDU))

Wir müssen uns doch fragen: Ist es die Aufgabe der Landespolitik, eine solche große Feier zu organisieren? Ist es nicht an der Zeit, umzudenken und sich auf den Kern der Sache zu konzentrieren und das zu tun, was die Aufgabe der Landespolitik ist, nämlich ein Forum für Austausch und Begegnung in einem qualitativ hochwertigen und angemessenen Rahmen zu schaffen. Dafür würde es nach Überzeugung der GRÜNEN reichen, wenn man dieses Fest alle zwei Jahre ausrichtet. Das würde den Landeshaushalt zunächst einmal ziemlich entlasten.

Natürlich haben wir auch weiterhin die Frage der Kommunen zu klären, denn die müssen weiterhin Kosten für den Hessentag stemmen.

(Zuruf des Abg. Holger Bellino (CDU))

Da hängt die Höhe der Kosten doch sehr davon ab, wie ich ein solches Fest ausrichte und ob ich es den Kommunen zumute, Plätze und Räume für große Veranstaltungen sowie große Parkplätze vorzuhalten, oder ob ich es ein kleines Stück weiter runterfahre, mich nach den örtlichen Gegebenheiten richte und nicht den Kommunen ein starres Konzept aufpresse und sage: Es muss aber eine internationale Veranstaltung, und es muss dann wirklich immer die ganz große Party sein.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Vizepräsident Lothar Quanz:

Frau Erfurth, bitte kommen Sie zum Schluss.

Sigrid Erfurth:

Herr Präsident, vielen Dank für den Hinweis. – Wenn wir den Menschen weitere Wege zu Gerichten zumuten, müssen wir uns doch die Frage stellen, ob es dann nicht auch möglich sein muss, darauf zu verzichten, die Fantastischen Vier und Oliver Pocher aus Landesmitteln zu finanzieren. Das müssen wir nicht tun. Von daher: „Der Hessentag lädt uns ein, künftig alle zwei Jahre dabei zu sein.“

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Lothar Quanz:

Vielen Dank, Frau Erfurth.