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15.10.2014

Sigrid Erfurth: Dauerhafte und realistische Lösung für Salzabwasserentsorgung unterstützen – Süßwasserqualität und Grundwasserschutz genießen dabei höchste Priorität

Ich erzähle Dir immer gern was, Willi. – Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich nehme gern den Gedanken auf, dass Kali + Salz ein wichtiger Arbeitgeber in Nordhessen ist und dass wir viel dazu tun müssen, um die Umwelt zu schützen und gleichzeitig die Arbeitsplätze zu erhalten. Das ist der Punkt, an dem der Vier-Phasen-Plan, den die Umweltministerin vorgelegt hat, ausgerichtet wird.

Frau Schott, nehmen wir nur einen Augenblick an, das Eindampfverfahren könnte funktionieren. Die Aussage des Unternehmens, das dieses Verfahren entwickelt hat, ist: Im Werk Werra ist es großtechnisch noch nicht untersucht; wir brauchen noch lange Jahre Versuche bis zur Anwendungsreife. – Das Unternehmen sagt selbst,

(Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

– Zu Spanien komme ich noch.

dass es noch ungefähr bis 2021 bis zur Produktionsreife und Anwendungsreife für das Werk Werra braucht, dass man bis 2021 noch Versuche fahren muss. Nach 2021 müsste dann eine völlig neue Kalifabrik gebaut werden, weil all das, was da steht, nicht mehr funktioniert. Wann die fertig ist, weiß ich nicht; ich schätze, 2025/2028.

Zu den Kosten haben Sie nichts gesagt, Frau Schott. Eine neue Fabrik wird in der Größenordnung zwischen 530 Millionen Euro – das sagt K-UTEC – und 1,6 Milliarden Euro – das sagt Kali + Salz – kosten. Die Wahrheit wird irgendwo dazwischen liegen. Nehmen wir einmal an, es kostet 1 Milliarde Euro, solch eine neue Fabrik zu bauen. Sie muss dann natürlich auch betrieben werden. Die Betreiberkosten für die neue Fabrik schwanken zwischen 130 und 320 Millionen Euro pro Jahr. Ich frage Sie: Mit welchem Recht wollen Sie das dem Unternehmen aufdrücken? Sie können natürlich sagen: „Das müssen wir machen“, aber dann ist das Unternehmen pleite, und wir haben gar nichts. Deshalb war unser Ansatz der Versuch, einen Weg zu finden, den das Unternehmen mitgeht, der die Umwelt schont, der auch umsetzbar ist, und keine Wolkenkuckucksheime, die uns auf den Sankt-Nimmerleins-Tag vertrösten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Es ist doch unbestritten, dass es ein Problem mit dem Abwasser gibt. Aber es muss jetzt gehandelt werden und nicht erst 2021, 2025 oder noch viel später.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Selbst wenn Ihre Lösung ginge, hätten Sie doch im nächsten Jahr das gleiche Problem wie jetzt. Es ist problematisch, die Abwässer aus der Kaliindustrie unterzubringen.

(Zuruf der Abg. Brigitte Hofmeyer (SPD))

– Das gibt es schon länger, da gebe ich Ihnen recht. Es ist viel zu lange gewartet worden, Frau Hofmeyer. Da gebe ich Ihnen vollkommen recht. Wir haben die Empfehlungen des runden Tisches seit 2010, und es ist leider nicht viel passiert, um sie umzusetzen. Aber nicht die GRÜNEN waren daran schuld, dass die Empfehlungen nicht umgesetzt worden sind. Daran war Ihre Fraktion in Niedersachsen durchaus beteiligt. Die haben sich der Nordseepipeline nämlich immer widersetzt. Und die Kolleginnen und Kollegen von der CDU und von der FDP haben es nicht geschafft, den Landtag in Niedersachsen davon zu überzeugen, dass die Nordseepipeline ein gutes Projekt ist.

(Zuruf des Abg. Jürgen Lenders (FDP))

Wir hatten durchaus überall die Karten im Spiel. In Hessen hat es Schwarz-Gelb nicht vermocht, einen Weg in Richtung Nordseepipeline weiterzugehen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich widerstehe der Versuchung, dem nachzugehen, wo der größere Bremser saß, bei der FDP oder bei der CDU. Das ist heute völlig egal. Wir haben eine Situation, mit der wir umgehen müssen, und die zwingt uns in diesem Jahr zum Handeln. In diesem Jahr muss die Flussgebietsgemeinschaft Werra-Weser den Bewirtschaftungsplan aufstellen. In diesem Jahr müssen Lösungen vorgelegt werden, die in die Zukunft wirken. Dazu hat Frau Ministerin Hinz einen guten Plan vorgelegt, der auch die Haldenabwässer in den Blick nimmt. Sie können sich hier über die Laufzeit der Vereinbarung lustig machen, aber kontrastieren Sie das mal – –

(Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

– Nein, ich finde das auch nicht lustig. Aber es gibt immer wieder Spielchen und Scherze, bei denen es heißt: 60-Jahres-Plan. – Überlegen Sie doch einmal, wie lange die Halden Lauge abgeben, wenn man nichts macht. Das sind 800 bis 1.000 Jahre. Also muss man etwas tun, um die Haldenabwässer in den Griff zu bekommen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Abgeordneten der CDU und dem Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Jetzt kann man sich über das Verfahren streiten. Man kann auch immer noch nach Optimierungen suchen. Die Optimierung, die uns die Kolleginnen und Kollegen von der LINKEN vorstellen, ist ein Verfahren, das es angeblich in Spanien geben soll. – Spanien war ja auch Ihr Stichwort, Herr Schaus.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Gucken wir einmal nach Spanien: Da gibt es tatsächlich fünf Deponien von Iberpotash, die alle nicht dem geltenden EU-Recht entsprechen, die alle gegen EU-Bergbauabfallrichtlinien verstoßen. Ich habe nicht gehört, dass die Abraumhalden in Deutschland und in Hessen gegen EU-Bergrecht verstoßen. Das ist bei mir noch nicht angekommen, aber vielleicht wissen Sie da ja mehr. Diese Abraumhalden haben in der Tat erhebliche Mängel – das steht schon länger fest –, weil sehr massiv Salz austritt.

Daher ist es auch richtig, wenn darauf gedrungen wird, dass in Spanien die Halden saniert werden; das ist doch völlig normal.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Unternehmen haben durchaus immer den Drang, ihren Gewinn zu maximieren, was zunächst einmal kein schlechter Antrieb ist, den ich auch nicht in Abrede stellen möchte.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

– Ich finde, wenn Unternehmen kein Geld verdienen, können Sie keine Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigen, so einfach ist für mich die Welt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Daher ist es natürlich so, dass Unternehmen auch leben können müssen und dass nicht jedes Unternehmen per se schlecht ist.

Unternehmen müssen Gewinn erzielen können, und im Falle von K + S bin ich sehr dafür, dass das Unternehmen Gewinn erzielt, damit es nämlich verdammt noch mal seine Altlasten entsorgt. Das muss passieren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Ich entschuldige mich für den Ausdruck „verdammt noch mal“, das war nicht parlamentarisch.

Kommen wir noch einmal zurück zu Spanien. In Spanien hat Iberpotash seinen Abraumhalden noch andere Abfälle beigemischt. Das ist nämlich das Problem: Dort lagern noch giftige Abfälle in den Salzabraumhalden, und die verursachen nämlich das Umweltproblem. Und jetzt versucht Iberpotash – man ist ja manchmal findig –, sozusagen über einen Umweg diese Halde nun zum Rohstofflager zu erklären und so die Entsorgung zu regeln. Ich finde es richtig schäbig, was dort passiert.

(Zuruf des Abg. René Rock (FDP))

Und diese Maßnahme jetzt als leuchtendes Beispiel für uns zu erklären, wie hier mit unseren Halden umgegangen wird: Liebe Kolleginnen und Kollegen von den LINKEN, ich glaube, das funktioniert nicht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

– Es sind Schadstoffe außer Salz in den Halden.

(Zuruf des Abg. Dr. Ulrich Wilken)

– Nein, nicht bei K + S, sondern in Spanien. Erkundigen Sie sich noch einmal genau; denn das ist der Punkt.

Jetzt noch ein paar Worte zum Vier-Phasen-Plan. Ich glaube, dass der Vier-Phasen-Plan richtig aufgreift, dass wir auf Dauer die Abfallentsorgung aus Produktion und Halden regeln müssen. Der Vier-Phasen-Plan zielt folgerichtig darauf ab, Salzabfälle zu vermeiden. Er setzt darauf, dass in der Produktion künftig mehr vermieden wird und darauf, dass künftig auch die Haldenabwässer vermieden werden. Und der Vier-Phasen-Plan sorgt dafür, dass die Grenzwerte in der Werra peu à peu gesenkt werden können.

Ich gebe gerne zu: Wir hätten uns gewünscht, dass die Grenzwerte viel schneller abgesenkt werden und dass die Werra schneller einen besseren Gewässerzustand erreicht. Das ist kein Geheimnis, ich gebe gerne zu, dass wir uns das gewünscht hätten. Aber genau das ist das Problem: Wir müssen uns mit der Wirklichkeit auseinandersetzen. Die Wirklichkeit ist leider so, dass dort über Jahre hinweg noch nicht so viel passiert ist, dass wir dem Ziel schon jetzt ein bisschen näher hätten kommen können. Daher kommt es jetzt darauf an, dass wir nun leider – ich sage ausdrücklich „leider“ – noch einmal befristet die Versenkerlaubnis verlängern müssen. Ich gucke gerade in Richtung des Kollegen Warnecke: Sie haben ja geäußert, es sei Zeit, dass endlich mal die Politikspiele ein Ende haben und dass man zum Handeln kommt. Ich glaube, an diesen Punkt müssen wir jetzt einmal ran, und an diesem Punkt müssen wir auch – für uns GRÜNE – schmerzliche Entscheidungen treffen und uns dazu entscheiden, die Versenkerlaubnis noch einmal befristet zu verlängern.

Klar ist aber auch: Es geht nur, wenn K + S seine Hausaufgaben macht, wenn K+S auch wirklich nachweist, dass die bisherigen Versenkungen unschädlich für das Grundwasser sind und wenn K + S auch mitmacht und aktiv an dem Monitoring teilnimmt, und zwar mehr, als wir das bisher gewohnt waren.

Vizepräsidentin Heike Habermann:

Frau Kollegin, Sie müssen bitte zum Schluss kommen.

Sigrid Erfurth:

Danke, Frau Präsidentin. – Wenn man das alles zusammennimmt, haben wir wohl einen Plan, der tragfähig ist, der umsetzbar ist und der keine Wolkenkuckucksheime begründet. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU

Vizepräsidentin Heike Habermann:

Vielen Dank.