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13.03.2014

Sigrid Erfurth: Bedeutung des Finanzplatzes Frankfurt

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ihre letzte Frage, Herr Rentsch, was gilt, kann ich einfach beantworten: Es gilt Schwarz-Grün, es gilt der schwarz-grüne Koalitionsvertrag, und daran halten wir uns.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Herr Kollege Rentsch, Sie hätten beim Aktenstudium nicht bei der Historie der Finanztransaktionssteuer aufhören sollen. Dann hätten Sie vielleicht gemerkt, dass Ihr Antrag vom Januar 2012 zu einem sehr frühen Zeitpunkt geschrieben worden ist, als – ich sage einmal – der Fiskalpakt in einem sehr intensiven Diskussionsprozess mit ganz vielen Parteien stand, auf Bundesebene, im Land. Überall gab es Anträge in verschiedenen Fraktionen, und am Ende dieses Diskussionsprozesses stand eine gemeinsame Übereinkunft aller Parteien im Bundestag, Herr Kollege Rentsch,

(Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Bis auf die Linken; die werden das gleich wieder anders darstellen. Wir haben uns am Ende dieses Diskussionsprozesses auf ein gemeinsames Papier geeinigt, unter dem dann die Parteien von CDU, SPD, FDP und GRÜNEN standen. Wir alle gemeinsam haben gesagt, dieser Fiskalpakt solle auf den Weg gebracht werden, und Teil dieses Fiskalpaktes war – das mag die FDP vergessen haben; an dem Punkt hat sie vielleicht ein bisschen Alzheimer –: Wir haben uns darauf verständigt, eine Finanztransaktionssteuer auf der europäischen Ebene im Rahmen der verstärkten Zusammenarbeit in der Europäischen Union einzuführen.

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Das haben wir alle gemeinsam im Bundestag, im Bundesrat unterschrieben, und das war auch – Sie brauchen gar nicht den Kopf zu schütteln, Herr Kollege Lenders – Gegenstand eines Antrags, den die GRÜNEN am Anfang dieses Diskussionsprozesses hier in den Landtag eingebracht und in dem sie gesagt haben: Der Fiskalpakt ist jetzt zustimmungsfähig.

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Wir haben damals gesagt: Jetzt können wir das so auf den Weg bringen. Und gemeinsam ist damals beschlossen worden: Die Finanztransaktionssteuer kann kommen – unter bestimmten Voraussetzungen. Das gehört immer dazu, Herr Kollege Rentsch, und das dürfen wir auch nicht vergessen.

Ich möchte Sie an eine der zahlreichen Presseerklärungen des damaligen stellvertretenden Ministerpräsidenten Jörg-Uwe Hahn erinnern. Diese habe ich mir aufgehoben. Sie hatte für mich historischen Wert. Heute kommt sie noch einmal zur Geltung.

Am 22. Juni 2012 erklärte Herr Hahn bei einem Empfang der hessischen Steuerberater – ich war damals zugegen, konnte das selbst mit anhören, und es hat mich sehr gefreut –, die Finanztransaktionssteuer werde kommen,

(Zuruf der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

und er finde das auch richtig, wenn sie unter den Einschränkungen, die wir gemeinsam auf Bundesebene vereinbart hätten, komme.

(Zuruf der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

So steht es in der Presseerklärung. Ich kann sie Ihnen gerne noch einmal überreichen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb weiß ich überhaupt nicht, Herr Kollege Rentsch, aus welchem Absatz in der Koalitionsvereinbarung Sie Ihr Empörungspotenzial ableiten, außer vielleicht aus der Tatsache, dass Sie nicht mehr auf der Regierungsbank sitzen und jetzt der Kollege Tarek Al-Wazir als Wirtschaftsminister für den Bankenstandort zuständig ist. Das ist vielleicht der wahre Kern Ihrer Aufregung. Ich denke, das sollten Sie langsam überwinden und in die Gegenwart kommen, damit wir gemeinsam für den Bankenstandort Frankfurt arbeiten können.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Herr Kollege Rentsch, aus unserer Sicht verwechselt die FDP wieder einmal Ursache und Wirkung, wenn sie die Finanztransaktionssteuer als den Auslöser für die Gefährdung des Finanzplatzes Frankfurt ansieht. Sie müssen sich erinnern: Die globale Finanzkrise 2008 wurde durch die Lehman-Pleite ausgelöst. Was war denn die Ursache für die Lehman-Pleite?

(Zurufe von der FDP)

Die Lehman-Pleite ist ja nicht dadurch entstanden, dass wir zu viel Regulierung hatten, sondern sie ist dadurch entstanden, dass es einen Wettlauf an Deregulierung gab.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Dieser Wettbewerb an Deregulierung hat doch den Bankenstandorten weltweit geschadet und das Vertrauen der Anlegerinnen und Anleger erschüttert.

(Zuruf des Abg. Jürgen Lenders (FDP))

Daher haben wir doch die Aufgabe, Herr Lenders, dafür zu sorgen, dass der Bankenstandort Frankfurt gut stabilisiert wird, wachsen kann und weiterhin prosperiert.

Wir als GRÜNE freuen uns darüber – das kann ich einfach so sagen, das haben wir auch früher schon gesagt, Sie wollten das aber nicht hören; heute sagen wir es Ihnen wieder –, dass der Bankenstandort Frankfurt und der Finanz- und Börsenstandort Frankfurt gewachsen ist. Es ist gut, dass sich die Europäische Zentralbank in Frankfurt angesiedelt hat. Damit wird demnächst ein wesentliches Instrument der Finanzaufsicht auch in Frankfurt eröffnet. Das finden wir richtig und wichtig.

Frankfurt ist der Standort vieler Dienstleister, vieler internationaler Banken und vieler Versicherungsunternehmen. Mehr als 70.000 Menschen arbeiten dort auf hochwertigen Arbeitsplätzen. Mehr als 210 Kreditinstitute sind dort angesiedelt, die Hälfte davon Auslandsbanken. Das ist ein wichtiger Faktor für das Wachstum und den wirtschaftlichen Erfolg in der Rhein-Main-Region. Das ist gut so, und das wollen wir unterstützen. Beim neuen GRÜNEN Wirtschaftsminister sehen wir das in guten Händen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Allerdings – und das will ich hier auch nicht verschweigen – wäre es gut, wenn man sich auf der europäischen Ebene noch einigen könnte, die Bankenunion ein Stück weit voranzutreiben. Zwischen Kommission und Parlament gibt es dazu gerade einen intensiven Diskussionsprozess darüber, wie diese Bankenunion auszugestalten ist. Ich fände es gut, wenn das Europaparlament und die Kommission hier noch einen Weg fänden, dieses wesentliche Instrument der Stabilisierung der Finanzmärkte ein Stück voranzubringen.

An diesem Punkt kann man übrigens auch sehen, dass das Europaparlament keineswegs jener zahnlose Tiger ist, für den es in der Vergangenheit immer gehalten wurde. Vielmehr ist es inzwischen sehr gut dabei, wenn es darum geht, Interessen der Parlamentarier in Europa zu vertreten.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, Sie haben gesagt, der Koalitionsvertrag sei so furchtbar, soweit die Finanztransaktionssteuer betroffen sei. Ich kann wirklich nicht sehen, woraus Sie dieses Urteil ableiten.

Im Koalitionsvertrag haben wir uns sehr eng an das angelehnt, was auf der Bundesebene im Vertrag der Großen Koalition vereinbart worden ist. Wir haben uns darauf verständigt, dass wir diese Steuer mit einer breiten Bemessungsgrundlage wollen, im Wege der verstärkten Zusammenarbeit mit der Europäischen Union. Es ist also überhaupt kein Alleingang, von dem die FDP hier immer fabuliert. Wir wollen sie so, dass sie den Finanzplatz Frankfurt nicht schädigt und Ausweichreaktionen möglichst vermieden werden.

Auch das Märchen, wir seien darauf aus, Kleinanleger und Kleinsparer irgendwie zu schädigen, wird nicht wahrer, wenn Sie das ständig wiederholen. Auch das gehört in das Reich der Fabel.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Natürlich wollen wir, dass auch Kleinanleger und Kleinsparerinnen und -sparer von der Finanztransaktionssteuer möglichst nicht betroffen sind. Deshalb haben wir dazu eine Vereinbarung, die aus unserer Sicht sehr gut trägt und die aus unserer Sicht ihren Beitrag dazu leisten kann, dass wir mehr Sicherheit und mehr Stabilität in die Bankgeschäfte bekommen.

Ihr Argument lautet immer, die Finanztransaktionssteuer habe den einzigen Zweck, auch die Finanzwirtschaft an den Kosten der Krise zu beteiligen. Das stimmt, aber das ist nur einer ihrer Zwecke.

(Zuruf des Abg. Jürgen Lenders (FDP))

– Das wird die Umsatzsteuer übrigens auch, ebenso die Mehrwertsteuer. Das ist das Wesen einer Umsatzsteuer. Herr Lenders, warum regen Sie sich denn so auf? Jahrelang hatten wir eine Börsenumsatzsteuer. Ich weiß gar nicht, warum Sie sich hier so aufregen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Jürgen Lenders (FDP))

Mit der Finanztransaktionssteuer wollen wir doch gerade dafür sorgen, dass eine Überhitzung der Märkte vermieden wird. Das war doch gerade eine Ursache für die Lehman-Pleite. Gerade an diesem Punkt hat sich doch erwiesen, dass der schnelle Handel und diese Überhitzung, die in der Realwirtschaft gar nicht abgebildet wird, für den Markt schädlich sind.

(Zuruf des Abg. Jürgen Lenders (FDP))

Vizepräsident Wolfgang Greilich:

Frau Kollegin, Sie müssen bitte zum Ende kommen.

Sigrid Erfurth:

Herr Lenders, auch das ist ein wichtiger Punkt bei der Finanztransaktionssteuer. Ich bin guter Hoffnung, dass wir, wenn wir den Koalitionsvertrag auch in diesem Punkt umsetzen, wirklich etwas für das Land und auch für den Finanzplatz Frankfurt getan haben. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Vizepräsident Wolfgang Greilich:

Vielen Dank, Frau Kollegin Erfurth