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19.05.2011

Sigrid Erfurth: Aktuelle Stunde - Neueste Erkenntnisse wie das Land Hessen die Steuerfahndung behindert

Herr Vorsitzender, meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, ich glaube, in Sachen Marketing können Sie bei der Linkspartei noch ein bisschen lernen.

(Lachen bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Punktgenau zum Erscheinen eines Buches hier eine Aktuelle Stunde im Hessischen Landtag einzubringen – ich glaube, das haben Sie auch noch nicht geschafft. Ich glaube, da können Sie sich noch einmal vergewissern, wie man so etwas macht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und bei Abgeordneten der LINKEN)

Lieber Willi van Ooyen, neueste Erkenntnisse, wie das Land Hessen Steuerfahndungen behindert, in fünf Minuten vorzutragen – lieber Willi, ist das nicht ein bisschen dick aufgetragen?

(Beifall bei der FDP)

In fünf Minuten können doch eventuelle Fehlsteuerungen in der Finanzverwaltung nicht aufgearbeitet werden. Wie Sie alle wissen, hat der Untersuchungsausschuss in der 16. Wahlperiode von Oktober 2003 bis zum Abschlussbericht im März 2005 in stundenlangen Sitzungen, in Anhörungen und mit dem Durchpflügen von kiloweise Papier versucht, der Landesregierung nachzuweisen, dass es politisch motivierte Einflussnahme gab, um Steuerfahndungen zu verhindern.

Es gab den Versuch, das zu beweisen. Der Nachweis ist dem Untersuchungsausschuss nicht gelungen.

Offengeblieben ist eine gewisse Unzufriedenheit, wie die Personalführung Verantwortung wahrnimmt. Da hat es Defizite gegeben. Das hat sogar der ehemalige Kollege von der FDP, Roland von Hunnius, damals so gesehen und mehrfach so gesagt.

Diese Führungsdefizite aufzuarbeiten ist in der Tat der Gegenstand des neuen Untersuchungsausschusses. Daran arbeiten wir.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir versuchen jetzt, herauszuarbeiten, warum die Menschen, die engagiert und mit großem Einsatz ihrer Arbeit nachgegangen sind, ausgebremst wurden, als sie sich mit ihren unmittelbaren Vorgesetzten nicht mehr verstanden haben. Offenbar gab es in der großen Finanzverwaltung niemanden, der da ein Haltesignal gesetzt hat.

Dieses Verfahren gipfelte dann letztlich in der fehlerhaften Begutachtung und der Entfernung aus dem Dienst. Das ist eine Eskalationsspirale, die man auch Mobbing nennen könnte. Sie hätte bei guter Personalführung eigentlich vermieden werden müssen.

Wir werden es nicht schaffen, in einer Aktuellen Stunde das Zusammenwirken dieser Umstände aufzuarbeiten. Das muss der Untersuchungsausschuss leisten. Dafür ist er da.

Er kann jetzt endlich arbeiten, nachdem der Staatsgerichtshof die rot-grüne Linie bestätigt hat, demzufolge die Erweiterungsanträge, die von den Fraktionen der CDU und der FDP kamen, unzulässig sind. Sie hätten nämlich das Kernthema des Untersuchungsausschusses verdeckt und davon abgelenkt. Bei diesem Kernthema geht es darum, ob die Pensionierung der ehemaligen Steuerfahnder als Disziplinierungsmittel genutzt wurde, um unliebsame Mitarbeiter ruhig zu stellen und sich von ihnen zu trennen.

Meine Damen und Herren der LINKEN, falls Ihnen daran gelegen hätte, inhaltlich zu hinterfragen, ob die hessische Steuerverwaltung bei der Bekämpfung der Steuerhinterziehung und des Steuerbetrugs gut aufgestellt ist, dann wären Sie möglicherweise auch auf die Probleme gestoßen, die wir gefunden haben, als wir uns im letzten Jahr sehr intensiv damit beschäftigt haben. Das hat dann im letzten Herbst zu acht Kleinen Anfragen im Landtag geführt, weil es nämlich bundesweit überhaupt keine Vergleichszahlen gibt. Wir haben bundesweit keine Vergleichszahlen zu dem Personaleinsatz, zur Anzahl der Betriebsprüfer, zur Anzahl der Steuerfahnder, zur Prüfungsdichte und sonstigen Dingen bekommen, die im Zusammenhang mit der Steuerfahndung und der Betriebsprüfung von Interesse wäre.

(Zuruf des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Wir haben deshalb in mühsamer Kleinarbeit in allen Bundesländern Anfragen gestellt und diese Zahlen zusammengetragen. Dann haben wir versucht, daraus etwas herauszufiltern. Danach konnte man durchaus feststellen – das muss hier auch gesagt werden –, dass Hessen ab dem Jahr 2005 das Personal für die Betriebsprüfung und für die Steuerfahndung aufgestockt hat. Jetzt haben wir in etwa den Durchschnitt der anderen Bundesländer. Ich füge an: Möglicherweise auch in Kenntnis der Ergebnisse des ersten Untersuchungsausschusses hat man erkannt, dass da investiert werden muss und dass sich da etwas tun muss.

Das möchte ich kritisch anmerken. Es wäre allerdings wünschenswert, dass man solche Sachen als Oppositionsfraktion nicht mühsam zusammen klauben muss. Vielmehr wäre es wünschenswert und auch im Interesse der Finanzverwaltung – aus meiner Sicht auch im Interesse des Finanzministeriums –, wenn die Finanzverwaltung solche Zahlen einmal selbst zusammentragen und schauen würde, wo sie steht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Lothar Quanz:

Frau Kollegin, kommen Sie bitte zum Schluss Ihrer Rede.

Sigrid Erfurth:

Herr Präsident, ich komme sofort zum Ende meiner Ausführungen. Vielen Dank.

Es wäre die Aufgabe der Finanzverwaltung und des Ministeriums, solche Zahlen einmal selbst zusammenzutragen, damit sie sehen können, wo sie stehen, und damit sie ablesen können, welche Folgerungen daraus gezogen werden können. Wenn man daran arbeiten würde, käme man ein Stück weiter. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Lothar Quanz:

Frau Erfurth, danke.