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02.02.2012

Sigrid Erfurth: Aktuelle Stunde - Finanztransaktionssteuer dient der Krisenprävention

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben uns in den letzten Monaten im Hessischen Landtag schon öfter mit den Folgen der Finanzkrise beschäftigt. Fast immer mussten wir feststellen, dass die hessische Regierungskoalition weit hinter den Vorschlägen der Bundeskanzlerin Angela Merkel zurückgeblieben ist

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

und dass diese hessische Regierungskoalition sich immer auf Sonderwege begeben hat, und das, obwohl Frau Merkel an manchen Stellen viel zu kurz gesprungen ist.

In Sachen Finanztransaktionssteuer stellen wir ganz einfach fest: Wir GRÜNEN finden gemeinsam mit Frau Merkel die Einführung der Finanztransaktionssteuer im Euroraum einen gangbaren Weg, um Spekulationen einzudämmen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir wollen damit erreichen, dass die Verursacher der Krise auch an den Folgen der Krise beteiligt werden. Wir wollen dafür Sorge tragen, dass die Verursacher dieser Krise die Folgen mit beseitigen. Verursacher der Krise sind Banken und Institute, die besonders im risikoreichen Hochfrequenzhandel unterwegs sind, die damit Spekulationen anheizen und über diesen Weg nach dem Gesetz der großen Zahl Gewinne erwirtschaften.

Wir wollen, dass der Finanzmarktsektor, der einen großen Anteil am Entstehen der Wirtschaftskrise hatte, auch an der Beseitigung der Folgen mithilft.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Da wundert es gar nicht, wenn Vertreter von Bank- und Finanzinstituten sagen, dass sie Finanztransaktionssteuer für einen Irrweg oder für Unsinn halten. Wir GRÜNEN halten es durchaus mit Herrn Schäuble, um einen weiteren anerkannten CDU-Politiker zu zitieren: Man fragt auch nicht die Gänse, was sie von Weihnachten halten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Heiterkeit)

Wir sind froh, dass die Europäische Kommission das genauso sieht und im September des letzten Jahres einen entsprechenden Richtlinienvorschlag vorgelegt hat. Noch mehr freut es uns, dass auch die Bundeskanzlerin erkannt hat, dass die Finanztransaktionssteuer kommen muss, wenn es sein muss, auch nur in der Eurozone.

Wir stellen allerdings fest: Die Hessische Landesregierung begibt sich einmal mehr ins Abseits und lehnt dieses sinnvolle Instrument zur Neuordnung der Finanzmärkte ab.

Von den Kollegen von der FDP sind wir es schon gewohnt: Sie klammern sich an alte Zöpfe und hoffen, es mit dem Verharren auf der alten Position – auf gar keinen Fall darf es eine Steuererhöhung geben –, mit diesem Festhalten zu schaffen, die statistische Nachweisgröße wieder zu überspringen. Aber das wird Ihnen nicht gelingen.

Nicht zu verstehen ist allerdings, dass sich in dieser Frage auch die Landesregierung insgesamt gegen die Bundeskanzlerin stellt – Ministerpräsident Bouffier an der Spitze. Sie sollten zur Kenntnis nehmen, dass die Regulierung der Finanzmärkte eine sehr notwendige Voraussetzung ist, um Banken, Versicherungen und andere Unternehmen, die im Finanzsektor unterwegs sind, wieder auf vernünftige, solide Grundlagen zu stellen und den Erhalt des Finanzmarktsektors dauerhaft zu sichern.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Minister Michael Boddenberg)

– Doch, Herr Boddenberg, genau darum streiten wir: Kann der Finanzmarktsektor, der volkswirtschaftlich sehr wichtig ist, wieder im Bewusstsein der Menschen wahrgenommen werden? Stellt er sich nicht außerhalb der Gesellschaftsordnung, wenn er sich dauerhaft weigert, an den Folgen dieser Krise mitzuarbeiten, und die Krise, die er verursacht hat, auch ein Stück weit zu bezahlen und dafür zu sorgen, dass die Menschen wieder Vertrauen in den Finanzmarktsektor gewinnen?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Es geht darum, Vertrauen zu erzeugen. Es geht darum, einen Weg zu finden, den Finanzmarktsektor dauerhaft neu aufzustellen.

Da geht es auch um den Finanzplatz Frankfurt. Da geht es auch darum, dass wir am Finanzplatz Frankfurt einen Weg finden, um Vertrauen in der Gesellschaft zurückzuerobern. Dabei ist die Finanztransaktionssteuer aus unserer Sicht ein wichtiger Weg, um die Finanzinstitutionen an der Beseitigung der Krise zu beteiligen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Lothar Quanz:

Frau Erfurth, kommen Sie bitte zum Schluss.

Sigrid Erfurth:

Ich sage Ihnen zum Schluss: Nehmen Sie doch einfach zur Kenntnis, dass der Vorschlag der Europäischen Kommission kein Teufelswerk ist. Er ist der Versuch, die Finanzmärkte auf eine dauerhaft solide Grundlage zu stellen. Es ist doch auch nicht zu verstehen, dass solche Dinge des täglichen Lebens wie Brot und Butter mit Mehrwertsteuer belegt sind, Finanzprodukte aber ungeschoren bleiben. Ich finde, auch da müssen wir für Gerechtigkeit sorgen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Janine Wissler und Willi van Ooyen (DIE LINKE)

Vizepräsident Lothar Quanz:

Vielen Dank, Frau Erfurth.