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23.06.2010

Sarah Sorge zur staatlichen Anerkennung von Sozialarbeitern, Sozialpädagogen sowie Heilpädagogen

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Liebe Frau Ministerin, ich begrüße es außerordentlich, dass Sie gelassen in die weiteren Beratungen zu diesem Gesetzentwurf im Ausschuss gehen, und zwar aus zwei Gründen. Der eine ist, dass ich glaube, dass die Chancen größer sind, dass Sie den Anzuhörenden ausnahmsweise zuhören und ihre Argumente aufnehmen, wenn wir alle gelassen in die Anhörung gehen. Das würde ich bei diesem Gesetzentwurf nämlich wirklich begrüßen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der LINKEN)

Aus der Praxis gibt es ziemlich breite Kritik an diesem Gesetzentwurf. Die bezieht sich aber, soweit ich es überblickt habe, ausschließlich auf die Frage: Reichen 100 Tage, oder muss es weiterhin ein Jahr sein? Ich glaube, dass wir hier sehr genau hinhören sollten, welche Ängste vorherrschen, weil wir es uns gerade bei den sozialen Berufen – woanders sicher auch nicht –, insbesondere bei den sozialen Berufen nicht erlauben können, mithilfe des Gesetzentwurfs auf ein Schmalspurstudium bzw. eine Schmalspurausbildung zu switchen, weil wir an die Menschen denken müssen, mit denen es die künftigen Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter – ich will jetzt nicht alle Berufsbezeichnungen wiederholen – zu tun haben. Insofern ist es bestimmt sinnvoll, hier sehr genau zuzuhören.

Einer der Gründe, sich für eine längere Zeit in der Praxis auszusprechen, ist, dass innerhalb eines Jahres gerade bei dem Klientel, mit dem es die sozialen Berufe zu tun haben, längerfristige Bindungen von Bedeutung sind und man das eine oder andere Problem gerade in seiner Längerfristigkeit eher begreifen, bearbeiten und die möglichen Lösungen erlernen kann. Das ist ein Argument, das ich für sehr wichtig halte.

Ein weiteres Argument ist, dass es sich für die Stellen, die Praktikaplätze anbieten, natürlich lohnen muss. Es ist also die Frage, ob jemand, der ein dreimonatiges Praktikum machen will, in den Einrichtungen genauso willkommen ist, weil Praktikanten, die nur kurze Zeit da sind, erfahrungsgemäß – wir alle kennen das – eher Arbeit bedeuten und nur relativ wenig Arbeit abnehmen können. Ich glaube, dass es mit dem Anerkennungsjahr schon deswegen so gut läuft, weil das einfach eine gewinnbringende Situation für die betroffenen Institutionen ist. Ich denke also, diese kritischen Töne sollten wir durchaus anhören.

Ich bin aber auch aus einem weiteren Grund froh, dass Sie gelassen in die Anhörung gehen. Auch ich gehe nämlich diesmal gelassen in die Anhörung; denn ich habe wirklich keine sehr entschiedene Haltung, wie mit diesem Gesetzentwurf umzugehen ist.

Ich glaube tatsächlich, dass es Gründe dafür gibt, nicht auf diesem einen Jahr zu bestehen. Ein Argument ist beispielsweise, dass aufgrund der Umstellung auf Bachelor- und Masterstudiengänge ohnehin schon sehr viel mehr Praxisbezüge im Studium enthalten sind. Das Anerkennungsjahr hat – man weiß das, wenn man die Leute und die Situationen kennt – bisher auch ein bisschen etwas mit Ausbeutung zu tun, weil das natürlich auch billige Arbeitskräfte sind. Gerade bei der Kinderbetreuung ist das so.

Ich glaube also, dass es durchaus Gründe dafür gibt, dieser Veränderung zuzustimmen, zumal es sich um eine Mindestanforderung handelt. Es heißt „mindestens 100 Tage“, und es bleibt weitgehend den Hochschulen selbst überlassen, zu entscheiden, ob eine Dauer von 100 Tagen geeignet ist. Die Hochschulen können sich selbstverständlich auch anders entscheiden und einen längeren Zeitraum wählen.

Insofern freue ich mich wirklich auf die Ausschussberatungen; denn ich glaube, dass es wichtig ist, diejenigen, die mit der Ausbildung zu tun haben – sozusagen die Abnehmerinnen und Abnehmer der Ausgebildeten –, zu hören. Ich hoffe, dass wir uns, wie es in einem ganz normalen Gesetzgebungsverfahren vorgesehen ist, nach diesen Stellungnahmen eine Meinung bilden können. Daher freue ich mich, dass wir beide einmal gelassen in eine Anhörung gehen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Frank Lortz:

Vielen Dank, Frau Kollegin Sorge.

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