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16.11.2011

Sarah Sorge: Einzelplan 15 – Ministerium für Wissenschaft und Kunst

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch ich nehme durchaus wahr, dass es jetzt schon spät ist, ich kann Ihnen allerdings nicht ersparen, zu sagen, dass ich nicht alles so rosig sehe was den Einzelplan 15 betrifft, wie Herr Dr. Müller das gerade dargestellt hat. Er hatte gerade gesagt, er komme aus einer anderen Zeit. Das hat man an seiner Rede wirklich gemerkt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Alle, die sich mit dem Thema der Hochschulen beschäftigen, sehen, dass die Situation dramatisch ist. Wir haben dramatische Zuwächse der Studierendenzahlen. Diese dramatischen Zuwächse, die nicht mit einer automatischen Steigerung des Geldes daherkommen, haben verheerende Auswirkungen auf die Qualität der Studienbedingungen. Das ist ein Thema, dem wir uns noch etwas ernster widmen sollten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben leider in Hessen eine Ministerin, die sich nicht mit der realen Situation und den realen Problemen an den Hochschulen auseinandersetzt, sondern immer wieder die Summen vor sich hin betet, die an die Hochschulen gehen. Dazu will ich sagen: Es stimmt, die Hochschulausgaben sind gestiegen. Es stimmt, die Ausgaben für den Hochschulbau sind gestiegen. Es stimmt, das Programm LOEWE ist ein Programm, das sich durchaus sehen lassen kann, auch im Vergleich der Bundesländer.

Gleichzeitig sind die Ausgaben pro Studierendem gesunken. Es kommen immer mehr Studierende an die Hochschulen, und die Mittel pro Studierenden werden nicht mehr, sondern weniger. Da hilft es auch nicht, Statistiken vorzulegen, wie viel Geld jede Hessen und jeder Hesse in die Hochschule steckt. Interessant ist doch, wie viel Geld wir in die Hand nehmen, um die einzelnen Studierenden auszubilden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

An der Stelle würde ich mir eine Wissenschaftsministerin wünschen, die ihre Verantwortung wahrnimmt, die die Situation an den Hochschulen wahrnimmt und die für mehr Geld für die Hochschulen und für die Studierenden kämpft. Die Ministerin hat im Gegenteil für diesen Haushalt die Mittel für die Hochschulen um 30 Millionen Euro gekürzt. Im nächsten Haushalt wird das nur mit 20 Millionen Euro wieder aufgehoben. Noch schlimmer ist es: Kontinuierlich wird durch den Hochschulpakt die Grundfinanzierung der Hochschulen gekürzt. Das bedeutet nicht nur, dass wir in der Gesamtsumme weniger Geld pro Studierenden haben, sondern in der Struktur der Ausgaben für die Wissenschaft, für die Hochschulen haben wir immer weniger Geld, das in die Lehre und in die Studienbedingungen geht. Ich glaube – wir diskutieren morgen früh auch über den Fachkräftemangel –, das können wir uns in dieser Dimension nicht mehr leisten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben zurzeit zusätzlich eine große Diskussion insbesondere in Frankfurt und in Darmstadt, aber auch an anderen Hochschulstandorten, dass es nicht mehr reicht, die Hochschulen gut auszustatten, sondern dass wir uns auch mit den Rahmenbedingungen für die Studierenden beschäftigen müssen.

Wir haben sehr viele Studierende, die zurzeit auf der Straße leben. Es ist vielleicht ein bisschen dramatisch dargestellt,

(Zuruf des Abg. Frank Sürmann (FDP))

es ist aber faktisch so, dass sie teilweise in Schlafsäcken in Notunterkünften schlafen. Die Situation ist durchaus dramatischer, als sie von der Landesregierung dargestellt wird.

Auch hier würde ich mir eine Wissenschaftsministerin wünschen, die ihrer Verantwortung nachkommt. Natürlich können Sie nicht Studentenwohnheime so schnell aus dem Boden stampfen. Aber immerhin können Sie für Notprogramme kreative Lösungen finden. Wir haben genügend leerstehenden Raum, diesen könnte man relativ schnell in Wohnraum umwandeln, wenn man sich denn um die Probleme in diesem Land kümmern wollte.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will die Zeit nicht überstrapazieren. Das Thema EBS haben wir weitgehend besprochen. Auch hier kann man sagen, dass man in dieser Situation 25 Millionen Euro für den Aufbau eines einzigen Fachbereichs an eine Privathochschule vergibt – Frau Ministerin, da können Sie stöhnen, ich weiß gar nicht, ob Stöhnen von der Regierungsbank verboten ist, weil es kein Wortbeitrag ist, aber angebracht finde ich es in dieser Situation nicht. Sie werfen den Hochschulleitungen vor, obwohl Sie verantwortlich sind, dass sie sich selbst nicht um ihre Hochschulen und die Situation kümmern. Gleichzeitig finanzieren Sie aber eine private Hochschule in diesen Dimensionen.

(Zuruf des Abg. Horst Klee (CDU))

– Wie schön, dass Sie mir zuhören, es wäre schön, wenn es irgendwann ankäme, und Sie Ihre Politik dementsprechend ändern würden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, ich will nur noch zwei kleine Dinge aus dem Einzelplan 15 herausgreifen, weil sie zeigen, in welche Richtung die Landesregierung und die Ministerin denken.

Die Ministerin hat vor, 0,5 Million Euro für Werbebroschüren für das LOEWE-Programm auszugeben. Dieses Programm ist an den Hochschulen allen bekannt. Das Programm muss an den Hochschulen nicht beworben werden. Ich persönlich finde es in Zeiten wie diesen nicht angemessen, in Zeiten, in denen die Hochschulen unter solchen Finanzengpässen leiden, 0,5 Million Euro für solche Broschüren – wahrscheinlich Wahlkampfwerbung – vorzuhalten.

Meine Damen und Herren, ein zweiter Blick in den Haushalt, der einen eher kleineren Posten betrifft, zeigt, dass die Dimensionen der Politik und der Präsentation sehr verschoben sind. Die Kosten für die Verleihung des Hessischen Filmpreises, für das Event an sich, die Feier in der Alten Oper, betragen 258.000 Euro. Die Preisgelder, die dort vergeben werden für diejenigen, die Filme machen, und diejenigen, die in diesem Lande Kinos betreiben, betragen nur 185.000 Euro. Da sind die Dimensionen wirklich verschoben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Die Situation an den Hochschulen in Hessen diskutieren wir schon seit Langem. Ich würde mir wünschen, dass die Ministerin diese Situation langsam einmal wahrnehmen und endlich der Verantwortung, die sie hat, gerecht würde. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)