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21.05.2014

Priska Hinz: Transparenz bei gentechnisch veränderten Lebensmitteln

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Zunächst einmal eine gute Nachricht: Ich freue mich, dass ich Ihnen mitteilen kann, dass unser Aufnahmeantrag für das Netzwerk gentechnikfreier Regionen bestätigt wurde und Hessen damit das 62. Mitglied im Europäischen Netzwerk gentechnikfreier Regionen ist.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE) und Timon Gremmels (SPD))

– Herr Gremmels, trotzdem ist es doch gut, dass wir den Antrag gestellt haben und jetzt aufgenommen wurden. Das Hauptziel des Netzwerkes ist es, im europäischen Rechtsrahmen die Möglichkeit zu verankern, rechtsverbindlich gentechnikfreie Gebiete einzurichten. Ich verspreche Ihnen, wir werden uns mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln dafür auch einsetzen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Unser Beitritt soll als gutes Beispiel dienen und ein Signal der Unterstützung sein für die heimische Landwirtschaft, an unsere Nachbarregionen sowie an die Öffentlichkeit. Wir nehmen die Bedenken, aber auch die Wünsche der Be- völkerung ernst. Wir wollen, dass gentechnikfreie Lebensmittel möglich sind, ausgewählt, verkauft und verzehrt werden können. Das ist die Hauptstoßrichtung dieses Aufnahmeantrags und auch die Politik der Landesregierung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Herr Lotz, natürlich ist es richtig, dass seit 2008 in Hessen keine gentechnisch veränderten Pflanzen mehr angebaut werden; in Deutschland sind gegenwärtig keine zulässig. Trotzdem, das merken wir doch anhand der Diskussion und der Entscheidungen, die vorbereitet werden, gerade in Brüssel: Weite Teile der globalen Industrie setzen weiterhin auf einen zunehmenden Einsatz von Gentechnik. Ein aktuelles Beispiel ist die Zulassung der insektenresistenten Maislinie 1507, die nach unserem jetzigen Kenntnisstand unmittelbar bevorsteht. Zahlreiche weitere Zulassungsanträge zum Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen stehen zur Entscheidung an.

Vor diesem Hintergrund ist es besonders wichtig, dass sich die Hessische Landesregierung dafür einsetzt, dass der hessische Status quo, also kein Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen, so bleibt. Wir wollen auch künftig keine gentechnisch veränderten Organismen in Hessen haben. Solche Pflanzen sollen nicht angebaut werden. Das ist nicht nur eine symbolische, sondern auch eine rechtliche Frage, der wir uns entsprechend widmen werden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Herr Lotz, es ist schon vergnüglich, dass Sie sich wundern ––

(Zuruf von der FDP)

– Es ist ganz schön, dass wir die Plakette haben. – Sie und die Abgeordneten der LINKEN wundern sich, warum eigentlich das Opt-out-Verfahren diskutiert wird. Die Haltung und Position nicht nur der GRÜNEN, sondern auch der Hessischen Landesregierung war da klar: Wir wollten auf europäischer Ebene ein Verbot und kein Zulassungsverfahren. Weil sich aber die Bundesregierung nicht einig war, gab es seitens Deutschlands in der entscheidenden Sitzung des Europäischen Rates eine Enthaltung. Nur deshalb müssen wir auf die andere Ebene gehen und überhaupt über eine Opt-out-Regelung nachdenken.

Da das Kind schon in den Brunnen gefallen ist, ist es jetzt wichtig, dass wir eine gute Opt-out-Regelung bekommen, bei der wir nicht erst die Unternehmen fragen müssen, ob es ihnen genehm ist, dass wir auf gentechnisch manipulierte Pflanzen verzichten. Vielmehr müssen wir das entscheiden und mit der Europäischen Union gemeinsam durchsetzen können, und zwar auf einem einfachen unbürokratischen Weg. Das ist es, was wir im Bundesrat auch von Hessens Seite aus durchgesetzt haben. Diesen Weg werden wir weitergehen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Herr Lenders, es ist überhaupt nicht ersichtlich, welche Vorteile sich für die heimische Produktion aus dem Einsatz gentechnisch veränderter Organismen ergeben sollten. Das ist weder ökologisch noch ökonomisch sinnvoll. Hinsichtlich des ökologischen Bereichs kann ich Ihnen sagen, dass z. B. für die Bekämpfung des bedeutendsten Maisschädlings, den Maiszünsler, eine ganze Reihe Möglichkeiten besteht. Das reicht von der Wahl der Fruchtfolge über

Maßnahmen der Bodenbearbeitung bis hin zum Einsatz entsprechender besserer Pflanzenschutzmittel.

Selbst der Hessische Bauernverband will keinen Einsatz gentechnisch veränderter Pflanzen. Der Generalsekretär hat das in einem Interview am 12. Februar 2014 noch einmal erklärt. Er sagte:

Der Hessische Bauernverband lehnt den Anbau gen- technisch veränderter Pflanzen aus mehreren Grün- den ab: wegen der mangelnden Verbraucherakzep- tanz, der unkalkulierbaren Risiken für Anbauer und des unzureichenden Nutzens.

Deswegen ist unsere Politik im Sinne der Verbraucherinnen und Verbraucher, aber eben auch im Sinne der Landwirtschaft. Ich unterstütze ausdrücklich diesen Wunsch.

Im Übrigen setzen wir uns damit für den Erhalt der biologischen Vielfalt ein. Wir werden morgen den internationalen Tag der Biodiversität haben. Wir wissen etwas aus anderen Ländern – z. B. aus Ländern aus Afrika –, in denen gentechnisch veränderte Pflanzen angebaut werden. Da sind 80 Prozent der entwickelten gentechnisch veränderten Pflanzen herbizidresistent. Das heißt, sie ermöglichen dann den Einsatz sogenannter Totalherbizide. Das sind Totalgifte.

Was entsteht dann? Es entstehen Landschaften, in denen nichts mehr wächst, in denen nichts mehr fliegt und in denen nichts mehr krabbelt. Dort findet inzwischen schon wieder ein Umdenken statt, und zwar nicht nur wegen der Frage der biologischen Vielfalt, sondern weil die Bauern vom patentierten Saatgut abhängig werden. Denn sie dürfen das nicht mehr selbst züchten. Sie sind dann von wenigen großen Konzernen abhängig, die auf Kosten der Landwirte ihren Reibach machen. Auch aus diesem Grund wird das in der heimischen Landwirtschaft abgelehnt. Ich sage: zu Recht aus gutem Grund.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Ich hatte in der jüngsten Zeit eine Debatte um die Frage: Wie halten wir es mit McDonald’s? Sie wissen alle: Man kann McDonald’s mögen oder nicht. Es kann jemand hingehen oder nicht. Das ist ganz in das Belieben der Konsumenten gestellt. Das ist gar keine Frage.

(Zuruf des Abg. Clemens Reif (CDU))

Wenn man als zuständige Ministerin in der Landesregierung Gentechnikfreiheit ernst nimmt und sieht, dass McDonald’s die Selbstverpflichtung aufkündigt und keine Zulieferer mehr sucht, die gentechnisch veränderte Futtermittel nicht verwenden dürfen, dann muss ich ganz klar sagen, dann ist ein solches Unternehmen für die Hessische Landesregierung kein Partner mehr, was Sponsoringverträge angeht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Ich glaube, auch das ist ein Signal an die Verbraucherinnen und Verbraucher, dass wir das ernst meinen. Dass McDonald’s diese jahrelange Praxis angeblich aus wirtschaftlichen Gründen aufgibt, finde ich schon einigermaßen merkwürdig, muss ich sagen. Denn es geht um 1 Cent pro Burger oder pro einem Chicken McNugget. Ich glaube, das wäre wirtschaftlich tragbar.

Das Argument, man finde keine Landwirte, würde sich sofort ins Gegenteil verkehren, wenn solche Betriebe langfristige Lieferverträge mit den Landwirten abschließen würden, die dann auch garantiert gentechnikfreie Tierfuttermittel benutzen. Wir hätten damit einen Kreislauf von sozusagen gentechnikfreier Landwirtschaft. Wir hätten dann sinnvolle qualitätsorientierte Produktion und gentechnikfreien Verzehr.

Ich werde McDonald’s natürlich das Gespräch anbieten. Ich hoffe, dass wir da noch einmal zu einer Änderung der Geschäftspolitik kommen werden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Eines ist aber auch wichtig. Das Stichwort Eiweißstrategie ist in der Debatte schon gefallen. Wir müssen es den Landwirten in Hessen ermöglichen, gentechnikfreie Pflanzen und gentechnikfreies Tierfutter anzubauen. Deswegen ist in unserem Öko-Aktionsplan die Eiweißstrategie fest verankert. Wir wollen den Anbau der Sojabohnen in Hessen und in Deutschland fördern. Wir wollen aber auch verstärkt den Einsatz einheimischer Leguminosen fördern.

Dann sind die Landwirte nicht unbedingt darauf angewiesen, importiertes Futtermittel einzukaufen und zu verfüttern, bei dem wir nicht wissen, ob es gentechnikfrei ist oder ob es verunreinigt ist. Weil man hier nicht genügend angebaut hat, muss man das dann verfüttern.

Insofern wird auch hier die Kette rund, indem wir sagen: Wir unterstützen Gentechnikfreiheit in Hessen. Was die Landesflächen angeht, werden wir den gentechnikfreien Anbau beschließen. Das wird dann nicht nur für die Staatsdomänen gelten, sondern soll für die Landesflächen insgesamt so sein.

Deswegen können wir wirklich guten Mutes sagen: Wir, die Mitglieder der Hessischen Landesregierung, führen das Wort Gentechnikfreiheit nicht nur im Munde, sondern wir handeln in diesem Sinne. Wir werden da, wo wir die Möglichkeiten haben, rechtlich Vorsorge treffen. Wir werden alles ausschöpfen, was möglich ist. In diesem Sinne bin ich für den Antrag und für die Debatte sehr dankbar. – Danke schön.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsidentin Ursula Hammann:

Frau Staatsministerin, vielen Dank.