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05.03.2015

Priska Hinz, Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Entsorgung von Abfällen aus der Kaliindustrie

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben unbestritten eine schwierige Situation. In der Werra und in der Weser haben wir eine zu hohe Belastung der Gewässer, nicht nur nach der Wasserrahmenrichtlinie, sondern sie ist auch real zu hoch. Wir haben die Notwendigkeit, dass die Einleitung durch K+S verringert wird.

Ich sage hier noch einmal das, was ich in meiner ersten Rede gesagt habe – es ist jetzt schon die vierte Rede zu K+S in einem Jahr; wie Herr Gremmels schon sagte, wir werden nicht das letzte Mal darüber diskutieren –: Das Unternehmen hat auch auf Zeit gespielt, um das hier ganz deutlich sagen. K+S hat über lange Zeit nach dem ersten Ergebnis des runden Tisches gedacht, sie könnten erst einmal so weitermachen.

Das haben wir und auch ich persönlich in Gesprächen mit dem Unternehmen geklärt, dass dies nicht der Fall ist und dass wir eine langfristige Lösung brauchen, dafür von politischer Seite auch Rahmenbedingungen setzen, die sowohl dem Schutz des Gewässers dienen, aber natürlich auch die ökonomische Situation des Unternehmens im Blick hat, und zwar nicht, weil wir das Unternehmen schützen wollen, sondern weil wir ein Eigeninteresse daran haben, dass die ökonomische Situation des Unternehmens so ist, dass es die Investitionen tätigen kann, die wir von ihm erwarten, und dass natürlich auch die Arbeitsplätze nicht auf der Strecke bleiben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Das ist ein schwieriger Balanceakt. Wir suchen weiterhin die bestmögliche Lösung für die Verringerung der Einträge in Werra und Weser, so schnell wie möglich. Wir wollen den Schutz des Grund- und des Trinkwassers natürlich beibehalten. Das ist ein wasserrechtliches Erfordernis. Wir wollen eine nachhaltige Lösung über die Produktionszeit hinaus auch für die Haldenabwässer, weil nur dann eine Lösung tatsächlich Sinn macht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir wollen die ökonomische Leistungsfähigkeit des Unternehmens erhalten. Ich habe schon darauf hingewiesen, das ist durchaus eigennützig.

Diese Ausbalancierung der unterschiedlichen Faktoren haben wir mittels des Lösungsansatzes, wie ihn der Vier-Phasen-Plan darstellt, entwickelt. Das ist eine Vereinbarung, die nicht die Genehmigungsverfahren ersetzt. Das sind eigenständige Verfahren, für die das Unternehmen die vollständigen, plausiblen Antragsunterlagen vorlegen muss, die dann sachlich und rechtlich geprüft und dann genehmigt werden oder nicht genehmigt werden.

Auch dies weiß das Unternehmen. Ich habe mehrfach mit dem Vorstandsvorsitzenden darüber gesprochen. Da gibt es überhaupt kein Vertun. Dieser Vier-Phasen-Plan heißt nicht, dass es einen Blankoscheck gibt – weder für eine mögliche Versenkung noch für eine befristete Pipeline, noch für die Frage, wie Haldenabdeckungen stattfinden. Jedes einzelne Verfahren braucht eine Genehmigung.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber es ist so, dass auch andere Vorschläge im Raum waren. Ich weiß, dass die Nordsee-Pipeline präferiert wurde. Nicht nur in Hessen, besonders auch in Nordrhein-Westfalen ist die Nordsee-Pipeline favorisiert worden. In Niedersachsen wurde sie auch sehr lange favorisiert, bis sie dann auch aus politischen Gründen dort nicht mehr favorisiert wurde. Es ist so, dass wir keine anderen Vorschläge auf dem Tisch haben, die all die Probleme, die ich genannt habe, in den Griff bekommen, weil sie entweder nicht ökoeffizient sind oder weil sie wie das K‑UTEC-Verfahren, das woanders durchaus angewendet wird, aber für uns in Hessen und bei K+S in dieser Situation keine Rolle spielen kann, in großtechnischem Maßstab erst geprüft werden müssten, um dann zu klären, ob sie Sinn machen.

Dann haben wir aber zu viel Zeit verschwendet. Selbst bei der Nordsee-Pipeline wäre das der Fall gewesen, unter uns gesagt. Wenn wir die Nordsee-Pipeline bauen könnten, weil sie ökoeffizient wäre, gäbe es eine solch lange Zeitspanne, bis sie gebaut ist, wozu ich Sie frage: Wo soll bis dahin das Abwasser hin? Auch dann würden alle erst einmal über Versenkung reden müssen, weil es sonst keine Zwischenlösung gibt. Das ist doch das Problem.

Deshalb sage ich immer: Eigentlich sind wir fünf, sechs, sieben Jahre zu spät dran. Wenn wir die Versenkung nach 2015 hätten stoppen wollen, hätten vorher technische Lösungen Platz greifen müssen, um das Abwasser wegzukriegen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU und der SPD – Timon Gremmels (SPD), zur CDU gewandt: Es ist mutig, dass Sie klatschen! – Gegenruf des Abg. Günter Rudolph (SPD): Die sind völlig schmerzfrei! – Vizepräsidentin Heike Habermann übernimmt den Vorsitz.)

Wir werden und wir haben stufenweise Verbesserungen vorgesehen. Ich sage Ihnen auch heute, dass wir den Vier-Phasen-Plan – daran arbeiten wir gegenwärtig – noch optimieren wollen, um das Bestmögliche herauszuholen und natürlich auch den anderen Bundesländern in der Flussgebietsgemeinschaft ein Stück weit entgegenzukommen.

Wir wollen die Werte für die Werra und die Weser – das ist in der Überprüfung – noch einmal verbessern. Wir wollen überlegen, wie man mit Pilotverfahren die Haldenabdeckung noch früher vornehmen kann, wie man mit einem klugen Wassermanagement die Einleitung vor allen Dingen in die Werra noch stärker verringern kann.

Ich glaube, dass wir da zu einem guten Ziel kommen können. Aber ich mache kein Geheimnis daraus, dass das besonders sensible Element des Vier-Phasen-Plans die weitere Versenkung von Salzabwässern ist, bis 2021 eine weitere technische Lösung aus unserer Sicht die befristete Oberweserpipeline greift. Ich habe darauf hingewiesen, es gibt keinen Automatismus für eine wasserrechtliche Genehmigungsfähigkeit. Es wird gutachterlich geprüft werden müssen.

Ich will an dieser Stelle darauf hinweisen, dass das HLUG eine besondere wichtige Fachbehörde ist und 2011 ein Gutachten und im letzten Jahr auf Bitten des RP ein weiteres Gutachten erstellt hat, aber dem Regierungspräsidium selbst empfohlen hat, einen weiteren Gutachter hinzuzunehmen, weil es bei dieser Komplexität der Materie nicht allein in der Lage ist, das alles so zu begutachten, dass alle Schlüsse daraus gezogen werden können.

Deswegen hat das RP auf Empfehlung des HLUG einen weiteren Gutachter hinzugezogen, der jetzt ebenfalls seine Empfehlungen vorgelegt hat. Das RP Kassel prüft gerade, ob alle Nebenbestimmungen erreicht werden können. Es prüft gerade, ob ein Widerruf aufgrund der Gutachten notwendig ist. Wir werden diese sachliche und rechtliche Prüfung abwarten.

Ich sage Ihnen ganz deutlich, es macht doch keinen Sinn, wenn Sie mir vorwerfen, ich wollte irgendetwas verheimlichen, hinter den Berg halten, nicht veröffentlichen. Sie wissen so gut wie ich, nach dem Hessischen Umweltinformationsgesetz kann alles spätestens eingeklagt werden, was nicht Betriebsgeheimnissen entspricht, und damit dann auch eingesehen werden. Es kann auch alles beklagt werden. Warum soll ich also mit etwas hinter dem Berg halten, was irgendwann sichtbar wird? Ich wäre doch – – Ich sage es lieber nicht, weil es unparlamentarisch wäre.

(Heiterkeit bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich wäre auch mit dem Klammerbeutel gepudert, wenn ich sehenden Auges in so eine Falle laufen würde. Es macht doch überhaupt keinen Sinn.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsidentin Heike Habermann:

Frau Staatsministerin, die Redezeit der Fraktionen ist abgelaufen.

Priska Hinz:

Ich komme auch sofort zum Schluss. – Dieses zur jetzigen Genehmigungsphase. Wir warten jetzt ab, was das RP entscheiden wird. Das Nadelöhr ist die kommende Versenkung, der Antrag von K+S und die Frage, ob eine solche Genehmigung ausgesprochen werden kann. Auch hier wird es entsprechende sachliche und rechtliche Prüfungen geben, die dann entschieden werden müssen. Auch hier ist uns klar, das wird wahrscheinlich beklagt werden.

Deswegen muss es sauber bearbeitet und abgearbeitet werden – keine Frage. K+S ist es deutliche bewusst, dass hier ein Nadelöhr besteht. Den Plan B mit Lkw irgendwohin oder so, also eine Einleitung, dass man vom Lkw in die Oberweser oder in die Weser kippt, wird ausscheiden. Dazu wird es keine wasserrechtliche Genehmigung von wem auch immer geben, weil das Verschlimmerungsgebot gilt.

K+S hat bislang keine Lösung. Es ist Aufgabe eines Unternehmens, Lösungen zu suchen, was sie mit ihren Produktionsabwässern machen. Es ist nicht Aufgabe der Landesregierung, dafür K+S Vorschläge zu machen. Sondern K+S muss Vorschläge machen, wie sie es gerne hätten und wir klären dann, ob es geht. So herum wird ein Schuh daraus. Das ist die rechtliche Voraussetzung für alle Fragen von Genehmigungen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir werden natürlich alle Sachverhalte, alle Gefährdungspotenziale weiterhin genau betrachten. Ich habe bei der Vorstellung des Vier-Phasen-Plans gesagt: Grund- und Trinkwasser sind ein hohes Gut; das dürfen wir nicht aus Spiel setzen. – Dabei bleibt es, meine Damen und Herren. – Danke fürs Zuhören.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsidentin Heike Habermann:

Vielen Dank.