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16.12.2015

Priska Hinz, Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Abfallentsorgung in der Kaliindustrie

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Bevor die Uhr zu laufen beginnt, will ich sagen: Wir verabreden uns für in 75 Jahren mit Rollator und Hörgerät hier im Saal, und dann werde ich gefeiert. Okay?
(Heiterkeit – Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Zuruf von der SPD)
Meine Damen und Herren, zurück zum Ernst der Sache. Herr Warnecke hat in seinem Redebeitrag sehr viele Probleme aufgetürmt. Ich freue mich, dass die Landesregierung handelt und Probleme löst.
Ich freue mich, dass der Weserrat gestern eine Einigung über den Maßnahmenplan für die Jahre 2015 bis 2021erzielt hat. Die Hessische Landesregierung hat es sich nämlich zur Aufgabe gemacht, ökologische Probleme durch die Kalisalz-Abbau zu lösen und gleichzeitig die Existenz von K+S – und damit die Arbeitsplätze bei K+S – zu sichern, das heißt, Ökonomie und Ökologie in Einklang zu bringen. Dem sind wir gestern ein gutes Stück nähergekommen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)
Die Grundlage für den Maßnahmenplan, der gestern verabschiedet worden ist, sind die hessischen Eckpunkte zum Vier-Phasen-Plan, die mit dem Unternehmen K+S im letzten Jahr vereinbart worden sind und dann mit dem Unternehmen und der Flussgebietsgemeinschaft weiterentwickelt wurden.
Im Jahr 2018 soll die KKF-Anlage 30 % der Produktionsabwässer reduzieren. 30 Prozent – das ist wirklich ein weiterer hervorragender Schritt.
(Zuruf der Abg. Marjana Schott (DIE LINKE))
Bei der Haldenabdeckung soll jetzt mit einem Großversuch begonnen werden. Ab dem Jahr 2021 soll die Haldenabdeckung in den Regelbetrieb übergehen. All das ist mit K+S so vereinbart, liebe Frau Schott.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Zuruf der Abg. Marjana Schott (DIE LINKE))
Neu ist die Erprobung des Verfahrens „Einstapeln unter Tage“. Selbstverständlich ist ein neues Verfahren, das erprobt wird, mit Unwägbarkeiten verbunden. Aber ein Unternehmen gibt doch kein Geld für einen Versuch aus, wenn es nicht daran glauben würde, dass der am Ende einen Erfolg bringt. K+S hat diesen Vorschlag gemacht, und er ist in den Maßnahmenplan aufgenommen worden.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)
Wenn diese Maßnahme zusätzlich erfolgreich ist, dann braucht die Weser-Pipeline – der „Werra-Bypass“, wie es im Maßnahmenplan jetzt offiziell heißt, daran werden sich alle gewöhnen müssen – nur noch in einem geringeren Umfang, wenn überhaupt, umgesetzt zu werden.
Das heißt aber, um es auch für alle deutlich zu sagen: Die Oberweserpipeline wird ab jetzt geplant und muss bis zum Jahr 2018 genehmigungsreif sein. Im Zweifel muss die Pipeline gebaut werden, damit wir die Versenkung im Jahr 2021 endgültig beenden können. Das ist der Plan.
Wenn es mit dem Eindicken nicht klappt, muss sie auf jeden Fall gebaut werden und abschließend so gebaut sein, dass die Versenkung nicht mehr stattzufinden braucht. Meine Damen und Herren, Sie können davon ausgehen, dass wir die Akzeptanz dafür auch schaffen werden.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)
Ein Bewirtschaftungsplan, d. h. ein Maßnahmenplan einer Gemeinschaft vieler Länder – sieben sind es in diesem Fall –, braucht die Kooperation und das Aufeinander-zugehen aller Länder. Deswegen möchte ich mich an dieser Stelle bei meinen Kolleginnen und Kollegen dafür bedanken, dass wir alle gemeinsam an dieser Lösung gearbeitet haben. Das Vorsitzland Thüringen hat wirklich viel Arbeit investiert. Von dieser Stelle aus sage ich ein herzliches Dankeschön. Dass wir das hinbekommen, war nicht selbstverständlich. Insofern können wir alle stolz auf dieses Ergebnis sein.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)
Natürlich war das Unternehmen K+S in die ganze Entwicklung eingebunden. Wie kann man denn davon ausgehen oder nur im Entferntesten die Idee haben, dass das Land, das für die Genehmigungsverfahren zuständig ist und die Verantwortung dafür trägt, dass die Rahmenbedingungen für die Arbeitsplätze gesetzt werden, nicht mit dem Unternehmen über die Investitionen redet, die es für die Maßnahmen, die notwendig wären, tätigen muss?
Ich weiß nicht, wie es sich die Linkspartei vorstellt, wie man in solchen Verfahren mit Unternehmen umgeht. Es ist natürlich abgestimmt – das Unternehmen war auch im Weserrat –, und es ist vieles mit dem Unternehmen gemeinsam entwickelt worden. Dass sie einiges kritischer sehen als wir und dass sie es vor allen Dingen ganz kritisch sehen, dass eine Option zur Überprüfung von Produktionsanpassungen vorhanden ist, wenn auch mit allen Maßnahmen am Ende bestimmte Werte nicht eingehalten werden können, ist doch völlig logisch. Sie sagen: An diesem Punkt können wir nicht mitgehen. – Das würde ich von der Unternehmensseite her auch so machen.
Ich sage als Vertreterin der Hessischen Landesregierung auch: Wir werden die Verhältnismäßigkeit prüfen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Produktionsdrosselung so verhältnismäßig durchgeführt werden kann, dass man dem Unternehmen die Investitionen abtrotzen kann. Von daher gehe ich davon aus, dass mit den Maßnahmen, die wir vereinbart haben, die Grenzwerte eingehalten werden können und über Produktionsdrosselungen dann kein Wort mehr verloren wird.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich komme zu einem anderen schwierigen Punkt, nämlich dem Thema Versenkung. Alle in diesem Saal wussten, dass wir für den Übergangszeitraum bis 2021 die Versenkung noch einmal als notwendiges Übel anerkennen müssen. Sie alle wissen, dass ich als zuständige Umweltministerin bereits im letzten Jahr gesagt habe, dass mir das zwar äußerst schwer fällt, man aber für diesen Übergangszeitraum, in dem man technische Lösungen erst einmal in Gang setzen muss, Vereinbarungen braucht und bestimmte Pilotversuche in die Wege leiten muss, ohne dieses Mittel nicht auskommt.
Jetzt steht im Maßnahmenplan: Von allen sieben Ländern wird akzeptiert, dass die Versenkung im Maßnahmenzeitraum bis 2021 beendet werden soll. Bis dahin muss die Versenkung abgeschlossen sein.
(Zuruf der Abg. Marjana Schott (DIE LINKE))
Das ist genau das, was wir mit dem Unternehmen verabredet haben. Das ist das, wozu wir stehen. Ich glaube, das ist in diesem Fall eine sinnvolle Einigung.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)
Das ersetzt aber – um es deutlich zu sagen – keine wasserrechtliche Genehmigung. Das ist erst einmal eine Einigung über Eckpunkte.
Für eine wasserrechtliche Genehmigung braucht man einen ordentlichen Antrag, gute Genehmigungsunterlagen und eine Überprüfung, die allem standhält – vor allem den Bestimmungen des Wasserrechts.
(Unruhe – Glockenzeichen der Präsidentin)
Der Trink- und Grundwasserschutz ist ein hohes Gut. Die Genehmigung konnte nicht verlängert werden, weil K+S die Genehmigungsunterlagen in dieser Form schuldig geblieben ist.
Das Regierungspräsidium Kassel kann nicht aufgrund unvollständiger Unterlagen ein nicht funktionstüchtiges 3-D-Modell genehmigen. Das ist nicht möglich. Wir hätten das gern anders gehabt – natürlich. Herr Warnecke, wenn der Gutachter erst am 9. November Zugang zu allen Daten bekommt, ist es egal, ob es das Büro ist oder ob es einer ist, der im RP sitzt. Nach dem 6. oder dem 9. November wäre es – egal unter welchen Umständen – nicht möglich gewesen, die Kalibrierungsfähigkeit dieses Modells herzustellen. Das ist der Grund, weshalb eine Genehmigung nicht erteilt werden konnte.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)
Wir, d. h. das Regierungspräsidium, arbeiten jetzt an einer Übergangsregelung. Aber auch hier gilt: Der Schutz von Grund- und Trinkwasser muss gewährleistet sein.
Deswegen finde ich es im Übrigen bemerkenswert, dass die FDP beantragt:
Der Landtag fordert die Landesregierung auf, bis zur Erteilung der Versenkerlaubnis, die Fortführung der Kaliproduktion unverzüglich durch eine Übergangsregelung zu ermöglichen.

Vizepräsidentin Heike Habermann:

Frau Staatsministerin, ich möchte auf die Redezeit der Fraktionen hinweisen.

Priska Hinz:

Noch ganz kurz. – Vom Wasserrecht ist hier überhaupt nicht die Rede. Sie können doch nicht einfach hergehen und eine Genehmigung geben. Das Wasserrecht hat hier Vorrang, und es muss geprüft werden. Erst wenn das geprüft ist, kann auch eine Übergangsgenehmigung gegeben werden.
(Zuruf des Abg. Holger Bellino (CDU))
Der RP ist jetzt so weit, dass das Unternehmen zu dem Genehmigungsbescheid für einen Übergangszeitraum angehört werden kann. Wir gehen davon aus, dass die Genehmigung in Kürze erteilt werden kann, aber in reduzierter Weise und auch vom Zeitraum her beschränkt. Sie enthebt das Unternehmen nicht der Verantwortung, weiter am 3-D-Modell zu arbeiten und dem Behördengutachter dieses Modell so vorzulegen, dass bis zum Jahr 2021 eine Versenkung stattfinden kann. Das ist Auftrag und Aufgabe des Unternehmens. Dafür hat es die Verantwortung.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)
Für das kurzfristige Problem ist die Lösung sozusagen kurz vor der Haustür. Für die langfristige ökologische Verbesserung in Werra und Weser haben wir hart gearbeitet – haben wir eine weitere Etappe gemeistert. Meine Damen und Herren, nur das kann die Arbeitsplätze in Nordosthessen sichern. Ich bin um jede Unterstützung froh, die ich aus dem Hessischen Landtag weiter dafür bekomme. – Herzlichen Dank.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)