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23.09.2015

Priska Hinz, Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Jagdgesetz

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst zwei Vorbemerkungen an die FDP machen, erstens, dass laut nicht immer gleich wahr ist, und zweitens, dass ich es gut finde, Herr Rentsch, dass Sie darauf hingewiesen haben, dass unter Ihrer Mitwirkung in der letzten Wahlperiode ein Jagdgesetz geändert wurde.

Eben weil dieses Jagdgesetz geändert wurde, sind so viele Bereiche in den derzeit fünf Verordnungen, die noch existieren, überhaupt nicht mehr richtig, sodass es notwendig ist, diese Verordnungen zu verändern. Wir führen sie auch noch zu einer Verordnung zusammen, was der Entbürokratisierung dient. Das heißt, Sie haben die Grundlage dafür gelegt, dass die Umweltministerin jetzt eine neue Verordnung schaffen muss. Insofern können Sie sich überhaupt nicht darüber beschweren, dass ich eine vorlege.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dieser Verordnungsentwurf, der jetzt in der Anhörung ist, wird auch mit dem Landesjagdverband seit 2013 beraten. Die Mehrheit dessen, was in der Jagdverordnung steht, hat der damalige Staatssekretär Weinmeister noch mit dem Jagdverband verhandelt und klargestellt. Nachdem eine neue Koalition antrat, haben wir das gemacht, was auch im Koalitionsvertrag steht, nämlich überlegt, wie wir die Frage der Schonzeiten und Jagdzeiten neu regeln können.

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Auch dies hat in einem Arbeitsprozess mit dem Landesjagdverband stattgefunden. Der Landesjagdverband war seit Ende letzten Jahres über die Fassung des Entwurfs der neuen Jagdverordnung vollständig informiert. Von daher ist es falsch, zu sagen, das hätten sie alles kurzfristig bekommen oder es sei nicht bekannt gewesen. Das will ich ausdrücklich zurückweisen.

(Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, weil im Koalitionsvertrag steht, dass das Jagdgesetz so bleibt, wie es ist, ist auch die Vermischung der Diskussion mit dem Hinweis auf andere Länder und darauf, was dort mit der Veränderung von Jagdgesetzen einhergeht, völlig daneben. Das will ich an dieser Stelle sagen. Das hat nichts miteinander zu tun.

Das Jagdgesetz in Hessen gilt, und die Verordnung kann nur das neu regeln, was auf dem Verordnungsweg neu zu regeln ist. Deswegen kann man das Jagdgesetz gar nicht aushebeln, Herr Rentsch.

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Wie Sie sich zu einer solchen Äußerung versteigen können, das finde ich ausdrücklich merkwürdig. Denn wenn Sie sich hier schon als Jurist äußern, dann müssten Sie wissen: Verordnungen können gesetzliche Grundlagen nicht aushebeln.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Wir schauen uns jetzt einmal ganz entspannt an, was Ihre Gemüter so erregt hat. Bestimmte Änderungen zum Thema Jagd- und Schonzeiten, wie beispielsweise die Synchronisation der Rehwildjagdzeiten, sind bereits in vielen anderen Ländern durchgesetzt. Das hat sich nicht nur als nützlich und effektiv erwiesen, sondern räumt der Jägerschaft sogar noch mehr Freiheiten ein. Das mögen Sie von SPD und FDP vielleicht nicht hören wollen, aber es ist so.

Ich habe im Zuge der Diskussion mit dem Landesjagdverband ausdrücklich zugestanden, dass im Vorentwurf, der noch vom alten Ministerium gemacht wurde und in dem stand, dass die Rotwildjagd am 15. Januar endet, diese Frist auf den 31. Januar verschoben wird. Denn dann besteht mehr Zeit, auf diese Tiere Jagd zu machen. Das ist für den Wald besser, jedenfalls bezüglich der Waldschäden. Das dient nicht unbedingt der Waldruhe, was wiederum andere kritisieren.

Aber ich habe ausdrücklich zugestanden: Das ist sinnvoll im Sinne der Jägerschaft. So viel Differenzierung hat im Moment keinen Platz mehr in der aufgeheizten Diskussion. Aber Abgeordnete, die sich reell und seriös mit dem Thema beschäftigen wollen, sollten dies durchaus zur Kenntnis nehmen.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sachlich gerechtfertigt ist die Vereinheitlichung und Verlängerung der Jagdzeit für Rotwild in Feld und Wald, weil seit der Einführung unterschiedlicher Jagdzeiten in Wald- und Feldrevieren in vielen Jahren für viele Rotwildgebiete Bewilligungen zu Jagdzeitverlängerungen ausgesprochen werden mussten. Das hatte einen immensen Verwaltungsaufwand zur Folge, und es hat sich in der jagdlichen Praxis nicht bewährt. Das Tier ist gewechselt vom Waldrand in den Wald und zurück. Auch dies ist ein völlig sachlicher Grund, weswegen wir das entsprechend sinnvoll und nachvollziehbar verändern. Das ist nicht ideologisch, sondern diese Veränderung ist rein sachlich und fachlich bedingt.

Auch die Verkürzung der Jagdzeit des Fuchses wird im Moment heftig diskutiert. Die Schonzeit für die Aufzucht des Nachwuchses ist sowieso vorhanden. Dann kann man das auch in die Jagdverordnung schreiben. Die Jäger dürfen die Tiere während der Aufzucht sowieso nicht jagen. Was ist, bitte, das Problem, dies in die Jagdverordnung aufzunehmen?

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Dachs hält Winterruhe und kann dann nicht bejagt werden. Auch das kann man in die Jagdverordnung hineinschreiben.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Das ist nicht ideologisch, das ist rein sachlich und fachlich geprägt.

Diejenigen Wildarten, denen durch die neue Jagdverordnung eine ganzjährige Schonzeit eingeräumt werden soll, sind seit Längerem in nur sehr geringer Stückzahl in den hessischen Streckenlisten zu finden. Hierbei verweise ich beispielsweise auf knapp 90 erlegte Möwen, 130 erlegte Blesshühner und knapp 120 erlegte Mauswiesel. Das Thema Rote Liste hat die Abg. Hammann hier bereits aufgeführt.

Interessant ist doch: Wenn suggeriert wird, dass in anderen Ländern, in Ländern, wo die GRÜNEN mitregieren, wo die SPD mitregiert wie z. B. Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Niedersachsen, Schleswig-Holstein, das alles völlig anders sei, dann kann ich nur sagen: Legen Sie die Jagdverordnungen wirklich einmal nebeneinander, nicht nur das, was der Jagdverband jetzt veröffentlicht, sondern alle Teile. Da ist es so, dass der Waschbär, der Marderhund in Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Niedersachsen eine Schonzeit hat. Ich wollte Sie einmal sehen, wenn wir eine Schonzeit für den Waschbären in Hessen einführen. Das machen wir wohlweislich nicht, weil die Situation bei uns eine andere ist.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In Baden-Württemberg gibt es für das Schwarzwild, für die Überläufer und Frischlinge, eine Schonzeit, in Hessen nicht. Ich habe hier ausdrücklich im Rahmen einer mündlichen Frage darauf hingewiesen, dass das hier möglichst alles geschossen werden soll, wenn Sie sich richtig erinnern. Ich habe nichts dagegen, dass geschossen wird: die richtigen Tiere an der richtigen Stelle zu den richtigen Zeiten.

Das können wir aber, bitte schön, mit einer Jagdverordnung regeln, und zwar so, dass es Hessen angepasst ist und dass es den Tieren angepasst ist, für die wir die Aufgabe haben, sie laut roter Liste zu schonen.

In Schleswig-Holstein darf das Rotwild nur kürzer bejagt werden. Die Nilgans hat in Rheinland-Pfalz eine Schonzeit, die sehr viel länger als in Hessen ist. Diese Diskussion wollen wir hier nicht führen. Ich glaube, dass es richtig ist, die Schonzeit in Hessen nicht zu verändern und zu verlängern.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Sie sehen: Das Ganze muss man wirklich sehr sachlich und fachlich differenziert betrachten. Lieber Herr Rentsch, man sollte das nicht laut und polemisch machen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Deshalb richtet sich die Verordnung in keinster Weise gegen die Jägerinnen und Jäger in unserem Bundesland. Stattdessen findet das Engagement der Jäger auch durch die Landesregierung große Anerkennung. Wir wissen, dass auch durch die Jäger viele Hektar Biotopflächen angelegt werden, von denen nicht nur die Wildarten, sondern auch viele Vogelarten und Insekten profitieren.

Ich bin dagegen, dass wir die verschiedenen Naturschutzverbände gegeneinander ausspielen.

(Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Ich finde, dass solche Äußerungen, wie sie jetzt teilweise von Vertreterinnen und Vertretern der Verbände gemacht werden, nicht dazu dienen, die Partnerschaft zu fördern. Vielmehr dienen sie im Moment dazu, die beiden Bereiche auseinanderzudividieren. Ich werde meinen Teil dazu beitragen, dass die Verbände beieinanderbleiben können.

Die Jagdverordnung ist im Moment als guter Kompromiss in der Anhörung. Nach der Anhörung werden wir das alles zur Kenntnis nehmen und alles aufarbeiten. Ich glaube, ich werde dann eine sehr gute Jagdverordnung vorlegen, die für alle Beteiligten tatsächlich den Raum zum Leben und den Raum zum Jagen, aber auch den Raum für Biotope und Naturschutz lässt. – Herzlichen Dank.

(Anhaltender Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Beifall bei der CDU)

Vizepräsident Frank Lortz:

Frau Ministerin Hinz, vielen Dank.