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26.06.2014

Priska Hinz: Hessen-Forst muss Willen der Kommunen beachten

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Diese plötzliche Sorge der FDP um die Kommunen, dass deren Planungswille durch den Landesbetrieb Hessen-Forst missachtet werden könnte, wenn die Ziele des Energiegipfels erreicht werden sollen, finde ich schon bemerkenswert, um es freundlich auszudrücken.

(Zuruf von der SPD)

Die FDP ist besonders wendig, stellen wir hier und heute fest.

(Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE) – Zuruf von der SPD)

Von der Partei, die den Weg für die Erreichung des Zweiprozentzieles gebahnt hat über den Wahlkampf, wo Sie zumindest partiell Windkraftgegner wurden bis zum heutigen Tag, wo Sie sich vollends hier als Windkraftgegner gerieren – das war schon ein weiter Weg. Aber dass Sie sich jetzt heute hierhin stellen und sagen, der Schutz des Waldes gehe Ihnen über alles, das ist wirklich so dick aufgetragen, dass es eigentlich keiner mehr glauben kann.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der CDU und bei Abgeordneten der SPD – Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Ich gebe den Abgeordneten recht, die darauf hingewiesen haben, dass die FDP bei dem Thema Bannwaldschutz im Landtag, zum Thema FSC und Flächenstilllegung im Wald etwas völlig anderes dargelegt hat.

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Da war Ihnen der Schutz des Waldes bislang überhaupt nichts wert. Sie sollten einmal versuchen, Ihre Positionen ein bisschen besser übereinzubringen, sonst glaubt Ihnen nämlich kein Mensch das, was Sie da sagen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zurufe von der FDP)

Natürlich ist es so, wenn eine Landesfläche zu 42 Prozent von Wald belegt ist, dass wir, wenn wir Vorrangflächen ausweisen und dort Windkraftanlagen errichten wollen, Wald in Anspruch nehmen müssen. Das ist völlig klar. Das wussten Sie auch, als Sie noch an der Regierung waren. Aber es bedeutet eben auch, dass 98 Prozent der Fläche des Landes nicht in Anspruch genommen werden sollen. Ich glaube, das muss man auch einmal deutlich machen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU und der SPD)

Man muss deutlich machen, dass wir auch eine Schutzfunktion erfüllen wollen, sowohl für die Bürgerinnen und Bürger als auch für den Landschaftsschutz und natürlich auch für den Naturschutz.

Ich kann nur sagen – jetzt auch einmal für Sie von der FDP mit –:

(Zuruf des Abg. René Rock (FDP))

Die Landesregierung ist hier seit 2012 eigentlich auf einem ganz guten Weg, nämlich in einem geordneten Verfahren dem gesetzlichen Auftrag nachzukommen und die gefas- sten Beschlüsse des Energiegipfels gemeinsam mit den Landkreisen, den Städten und Gemeinden umzusetzen. Sie haben da einmal etwas ganz Sinnvolles auf den Weg gebracht. Das müssen Sie jetzt mit sich ausmachen, warum Sie das heute negieren.

Aber ich möchte doch noch einmal einen Blick zurückwer- fen auf die Zeit Ihrer Regierungsbeteiligung. Der Energiegipfel im April 2011 kam überein, die Nutzung der Windkraft im Wald zu intensivieren. Die Landesregierung sollte den Ausbau der Windkraft in Hessen durch die Bereitstellung geeigneter landeseigener Waldgrundstücke vorantreiben. Hierzu wurde entsprechend der Beschlussfassung im ersten Halbjahr 2012 ein Erlass angefertigt. Ausdrücklich hat sich der damalige Landesplanungsminister der FDP zu diesen Ergebnissen des Energiegipfels bekannt. Er war von der FDP, falls es jemand hier im Saal vergessen haben sollte.

(Zurufe der Abg. René Rock und Florian Rentsch (FDP))

Mit der Änderung des Landesentwicklungsplans Hessen 2000 und den Vorgaben zur Nutzung der Windenergie hat das damals von der FDP-geführte Wirtschaftsministerium gemeinsam mit dem damaligen Umweltministerium die Leitplanken gesetzt, nach denen nach wie vor Waldflächen unabhängig von der Besitzart für die Windkraftnutzung erschlossen werden sollen.

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Dieser Erlass wurde gemeinsam erarbeitet. Auch hier gilt, dass es erstaunlich ist, dass die FDP ihre damalige Politik nicht mehr gelten lassen will.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Verlässliche Planungsleitlinie war und ist weiterhin der gemeinsame Erlass des Wirtschafts- und Umweltministeriums vom 17.05.2012. Die politische Verantwortung für das Wirtschaftsministerium hatte damals Wirtschaftsminister Posch.

Damals ist in einem Erlass ganz klar festgelegt worden, dass allein das Vorhandensein von Wald grundsätzlich kein Hinderungsgrund ist, Vorrangflächen für die Windenergienutzung auszuweisen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Timon Gremmels (SPD))

Das haben Sie damals gemeinsam mit der CDU festgelegt. Ich weiß gar nicht, warum Sie sich heute hierhin stellen und sagen, es sei alles ganz schrecklich, was da passiert. Sie haben die Grundlage dafür gelegt, und seither wurde an diesem Verfahren kein Jota geändert.

(Widerspruch bei der FDP)

Auch der sogenannte naturschutzfachliche Erlass vom 29. November 2012 kommt zu keiner anderen fachlichen Einschätzung. Auch dieser Erlass gilt fort. Herr Rentsch, damals waren Sie in der Verantwortung. Sie haben diesen Erlass gemeinsam mit der damaligen Umweltministerin Puttrich entwickelt, und er wurde veröffentlicht. Auf dieser Grundlage wird weiterhin geplant und auch entschieden. Ich weiß gar nicht, wie Sie die Wendung, die Sie heute hier vorgetragen haben, inhaltlich begründen wollen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Sie nehmen die Kommunen für die Behauptung in Anspruch, dass alles ganz furchtbar sei, dass die Kommunen keine Windkraftanlagen haben wollen. Dazu kann ich nur sagen: Die Kommunen wollen mehrheitlich den Ausbau der Windkraftnutzung. Zu uns kommen viel mehr Beschwerden darüber, dass Kommunen die Windkraftnutzung derzeit nicht ausbauen können, weil die Pläne noch in der Offenlage sind, weil die Teilregionalpläne noch nicht in Kraft sind, weil bestimmte naturschutzfachliche Überprüfungen nochmals durchgeführt werden müssen, als Beschwerden von Kommunen, die sagen, sie werden von Hessen-Forst gedrängt, weil der Landesbetrieb irgendwelche Flächen in Wäldern für Windkraftanlagen ausweist, die die Kommunen nicht vor der Haustür haben wollen. Sie von der FDP malen hier ein Zerrbild der Wirklichkeit, das man so nicht stehen lassen kann.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Ich darf Ihnen versichern: Wir sind im Dialog mit den Kommunen, um die Interessen der Städte und Gemeinden zu gewährleisten. Natürlich sind die Kommunen auch insofern dabei, dass sie jetzt bei der Erstellung der Teilregionalpläne ihre Stellungnahmen abgeben. Auch diese Stellungnahmen werden gewichtet, auch da sind die Kommunen gefragt. Sie können daher doch nicht so tun, als würden wir über das Interesse der Kommunen hinweggehen und die Regionalplanungsbehörden würden am Schluss entscheiden. Auch in diesen Gremien sitzen Kommunalpolitiker. Es wird nicht über ihre Köpfe hinweg entschieden. Auch das will ich hier noch einmal klar und deutlich sagen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Die Kommunen profitieren ausdrücklich von Windkraftanlagen im offenen Land und im Wald. Wir machen das möglich. Wenn kommunale Stadtwerke und Bürgergenossenschaften beteiligt und landeseigene Flächen zu verpachten sind, können die Kommunen beteiligt werden. Wir werden diese Form der Beteiligung weiterentwickeln, weil wir glauben, dass das eine gute Möglichkeit ist, die Kommunen an der Energiewende noch stärker teilhaben zu lassen. Das ist zwar schon jetzt möglich, aber ich glaube, dass wir das noch besser machen können.

Das hat nichts damit zu tun, dass die Kommunen, wie Sie so schön gesagt haben, „erpresst“ werden sollen. Ich glaube vielmehr, dass es richtig ist, dass die Kommunen z. B. dann, wenn Windräder an den Grenzen zu ihrer Gemarkung errichtet werden, einen Ausgleich bekommen sollten, und dass das akzeptanzfördernd ist. Das ist nichts Schlechtes, sondern es bedeutet, dass wir versuchen, die Bürgerinnen und Bürger bei der Energiewende mitzunehmen.

Das sollte unser aller Interesse sein. Ich hatte bisher den Eindruck, wir alle hier im Hause seien erstens froh, dass Biblis abgeschaltet ist und endlich abgebaut werden kann, und zweitens für die Energiewende. Dann sollten wir aber auch gemeinsam dafür sorgen, dass die Energiewende vorangetrieben wird. Diskussionen, wie sie von der FDP hier angezettelt worden sind, helfen dabei überhaupt nicht. Ich glaube, das stellt Sie ins Abseits. Damit müssen Sie aber selber klarkommen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Vizepräsident Wolfgang Greilich:

Vielen Dank, Frau Ministerin Hinz.