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15.10.2014

Priska Hinz: Dauerhafte und realistische Lösung für Salzabwasserentsorgung unterstützen – Süßwasserqualität und Grundwasserschutz genießen dabei höchste Priorität

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Bei diesem sehr schwierigen Thema kann es nicht so etwas wie einen Befreiungsschlag geben. Da kann es nur darum gehen, ein möglichst realistisches Vorgehen zu planen und zu verabreden. Ich sage Ihnen: Das ist wahrlich kein leichtes Unterfangen, auf der einen Seite größtmöglichen Umweltschutz walten zu lassen, eine schnellstmögliche Beendigung der Versenkung herbeizuführen, eine Reduzierung der Belastung nicht nur der Werra, sondern daraus folgend auch der Weser – und gleichzeitig die Arbeitsplätze hier in Hessen und im Großraum Hessen-Thüringen zu sichern. Das hat der Hessische Landtag viele Jahre lang gemeinsam unterstützt. Daran will ich nochmals erinnern. Das war das gemeinsame Ziel und bleibt es hoffentlich auch weiterhin.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Ich habe jetzt ein Szenario erarbeitet und das auch mit dem Unternehmen verhandelt. Im Übrigen war ich dazu aufgerufen, in mehreren Aktuellen Stunden und Debatten hier: dass ich „ideologiefrei“ – ich glaube, das war sogar einmal eine Überschrift bei einer Aktuellen Stunde – mit der Unternehmensführung verhandeln soll. Zwar musste man mir das nicht unbedingt erst ins Stammbuch schreiben, denn es ist meine Art, so auf Leute zuzugehen. Natürlich habe ich das getan und versucht, beiden Zielen Rechnung zu tragen.

Es ergab sich für mich eine schwierige Ausgangslage. Nicht nur hat im Jahr 2010 der runde Tisch eine Empfehlung formuliert, deren Umsetzungsmöglichkeiten nicht recht geprüft wurden – was geht, und was geht eigentlich nicht –, sondern eine Variante wurde geprüft, die von fast allen hier vier Jahre lang als die beste dargestellt wurde, nämlich die Nordseepipeline. Aber schon im Jahre 2010, also direkt nach der Formulierung dieser Empfehlung, wurde sie von einer übergroßen Mehrheit in dem Land negiert, durch das diese Nordseepipeline laufen müsste.

Dieser politische Beschluss steht nach wie vor. Deshalb ist eine Nordseepipeline auch politisch in sehr weite Ferne gerückt – jenseits der Frage, ob das eigentlich eine effiziente Lösung ist.

Wir haben im Frühjahr eine Ökoeffizienzstudie in Auftrag gegeben, „nicht einfach so“, Frau Hofmeyer, nicht nach dem Motto „Die Hessen schauen jetzt mal, was gut ist“, sondern in Absprache mit dem Weserrat und den Ländern, die im Weserrat vertreten sind. Herr Lenders, es muss ein neuer Bewirtschaftungsplan aufgestellt werden. Das müssen wir nicht bei der Bundesregierung anmelden, sondern der Weserrat arbeitet an diesem neuen Bewirtschaftungsplan. Deswegen musste die Ökoeffizienzstudie auf den Weg gebracht werden, und deswegen müssen wir jetzt mit deren Ergebnissen arbeiten – und zwar am besten gemeinsam, weil die Bundesrepublik diesen Bewirtschaftungsplan bei der EU einreichen muss.

Die Studie hat etwas Ergebnis erbracht, was auch bei mir erst einmal für Staunen und Irritation gesorgt hat, mit dem ich als zuständige Ministerin aber umgehen muss. Es lautet, dass in der Werra kein „guter Zustand“ zu erreichen ist. Die Frage, ob in der Werra Trinkwasserqualität erreicht werden kann, stand nie im Raum. Trinkwasserqualität wäre nie im Leben erreichbar gewesen. Angedacht war, dass man einen „guten Zustand“ hinbekommt, wie von der Wasserrahmenrichtlinie vorgesehen. Wir können in der Werra Süßwasserqualität erreichen, d. h. ein gutes ökologisches Potenzial.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Die Ökoeffizienzstudie hat des Weiteren ergeben, dass es nicht wirtschaftlich ist, eine Pipeline zur Nordsee zu bauen. Aber auch die Pipeline zur Oberweser wird so, wie sie geplant war, in der Ökoeffizienzstudie als unwirtschaftlich dargestellt.

Wir haben die Ergebnisse in den Gremien, die dafür zuständig sind, zur Debatte gestellt und dort publik gemacht. Das war zuerst im Weserrat der Fall. Der Weserrat hat im September als Erster davon erfahren. Danach haben meine Mitarbeiter dem runden Tisch Mitteilung gemacht. Das war unglücklicherweise der Tag, an dem auch Sie beim RP waren. Aber ich fand – das war meine Entscheidung –, dass der runde Tisch, der über viele Jahre an diesem Thema gearbeitet hat, erfahren muss, was diese Ökoeffizienzstudie ergeben hat. Wenn der runde Tisch erst eine Woche oder zwei Wochen später erfährt hätte, was eigentlich Sache ist, während ich weiter mit K+S verhandelt habe, wäre doch irre gewesen. Der runde Tisch hat damals im RP getagt und dort die Informationen bekommen. Anschließend hat das Parlament die Informationen bekommen, und sobald die Verhandlungen mit K+S beendet waren, hat es auch die Öffentlichkeit erfahren. Ich finde, das war ein ganz sauberes Verfahren, und da lasse ich mir überhaupt nichts anderes einreden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Herren, wir wollen in der Werra so schnell wie möglich Süßwasserqualität erreichen, und wir wollen eine dauerhafte Lösung für die Haldenproblematik haben, denn das senkt die Ewigkeitslasten. Ich finde es einigermaßen obskur, dass einer Ministerin vorgeworfen wird, dass sie über lange Zeiträume und nicht nur bis zur Wahl denkt. Normalerweise bekommt man vorgeworfen, dass man nur bis zur Wahl denke. In dem Fall habe ich sogar über den Zeitpunkt hinaus verhandelt, zu dem alle Werke stillgelegt sind, wir aber noch mit den Haldenabwässern umgehen müssen. Ich finde, das war das richtige Vorgehen, weil das ein nachhaltiges Denken und ein nachhaltiges Handeln ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Das Unternehmen muss aufgrund des Verursacherprinzips mindestens 400 Millionen Euro in eine nochmalige Verbesserung der technischen Anlage für die Verminderung der Produktionsabwässer sowie in die befristete Oberweserpipeline investieren, die wir für einen Übergangszeitraum leider brauchen. Das Unternehmen muss außerdem in eine Haldenabdeckung respektive in neue Technologien investieren, die es möglich machen, auch über die nächsten Jahrzehnte hin Neuerungen einzubringen, wenn es technische Neuerungen gibt. Ich finde, das ist ein guter Plan.

Süßwasserqualität werden wir nicht erst im Jahre 2075, in der Nachbetriebsphase, erreichen, sondern die Grenze zur Süßwasserqualität werden wir schon ab 2032 schaffen. Auf jeden Fall wir die Salzbelastung im Jahre 2060 auf 800 mg/l sinken. Ich denke, dass wir die vom runden Tisch vorgenommen Einstufung „Süßwasser“ mit dem, was wir – von jetzt an gesehen – dem Unternehmen an Investitionen aufgeben können, erreichen, während wir gleichzeitig die Arbeitsplätze sichern wollen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Ich weiß, es gibt starke Vorbehalte gegen die Vereinbarung, z. B. gegen die Versenkung. Ich habe auf der Pressekonferenz und auch anderswo schon gesagt: Es fällt einer grünen Umweltministerin verdammt schwer, so zu entscheiden, aber wir haben das Verschlechterungsverbot für Oberflächengewässer gemäß der EU-Wasserrahmenrichtlinie, die wir einhalten wollen. Wenn wir es nicht schaffen, die Grenzwerte anders zu senken, dann müssen wir für einen kurzen Zeitraum die Versenkung leider noch einmal in Kauf nehmen. Ich sage aber ganz eindeutig: Wir werden dem Unternehmen nichts genehmigen, was das Trinkwasser gefährdet. Deswegen muss K + S diesmal Genehmigungsunterlagen einreichen, die genehmigungsfähig sind, die eine 3-D-Berechnung anstellen und den Nachweis erbringen, dass eine Gefährdung des Trinkwassers ausgeschlossen ist. Sonst wird die weitere Versenkung nicht genehmigt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Es gibt Widerstände gegen eine befristete Oberweserpipeline. Auch das weiß ich. Auch hier muss ich noch Überzeugungsarbeit leisten. Ich glaube aber, dass man deutlich machen kann, dass eine Pipeline, die wieder stillgelegt wird, und ein Stapelbecken, das nur noch ein Viertel so groß ist wie in der ursprünglichen Planung, in überschaubarer Zeit zurückgebaut werden können und auch sinnvoller sind, wenn wir so die Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie einhalten können und gleichzeitig die Arbeitsplätze sichern, was diesem Parlament besonders wichtig war. Ich hoffe, dass wir alle wieder dazu kommen, gemeinsam an einem Strang zu ziehen, um diese Ziele zu erreichen.

Vizepräsidentin Ursula Hammann:

Ich muss an die Redezeit erinnern.

Priska Hinz, Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz:

Ein letzter Satz zu den LINKEN, weil ja immer im Raum steht, es gebe alternative Technologien. Der runde Tisch hat nicht nur aus eigener Entscheidung über alternative Technologien beraten und diese geprüft, sondern hat dies im Auftrag des Umweltministeriums im Jahre 2013 noch einmal getan. Er hat bislang alle angedachten alternativen Möglichkeiten verworfen.

Über die Plausibilitätsprüfung durch das UBA ist zumindest im Weserrat berichtet worden. Sie können also davon ausgehen, dass wir das, was im UBA geplant und diskutiert wird, durchaus im Kopf haben.

Die Methode, die Sie als besondere Errungenschaft in Spanien herausstellen – nicht nur hier, sondern auch in Nordhessen –, ist von der EU-Kommission am 10. Juli 2014 zurückgewiesen worden, weil sie mit der EU-Richtlinie nicht kompatibel ist, sondern weiterhin dazu führen wird, dass man mit Tricks versucht, die Bergbaurichtlinie zu umgehen.

Das werden wir nicht tun. Wir wollen die Wasserrahmenrichtlinie einhalten, den Gewässerschutz vorantreiben, und wir wollen die Arbeitsplätze sichern. Ich möchte Sie alle herzlich bitten, mich dabei zu unterstützen, weil wir nur so das Unternehmen dazu bekommen, tatsächlich alles einzuhalten, was es versprochen hat und wozu es sich demnächst hoffentlich auch vertraglich entsprechend verpflichtet.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Vizepräsidentin Ursula Hammann:

Vielen Dank, Frau Staatsministerin Hinz.